Editorial Dicker Bschiss Marie-Josée Kuhn, 18. Mai 2018 — Erst der Kartellskandal im Bündnerland und jetzt die Kiesaffäre im Luzerner Hinterland: die Bauwirtschaft kommt nicht aus den Schlagzeilen. Jahrelang haben Engadiner Baumeister illegale Preisabsprachen getroffen. Bündner Söihäfeli-Söideckeli vom Feinsten. Und jahrelang hat die Baufirma Marti AG einen Bauern als Strohmann bezahlt, damit dieser Einsprachen gegen ein Kiesgrubenwerk einer Konkurrenzfirma einreicht. Es war «missbräuchlich». Dicker Bschiss. Und jetzt noch das: Der Baumeisterverband will die Rente 60 für die Bauarbeiter kippen. Obwohl der Bau boomt. mehr zu «Dicker Bschiss»
Editorial So vergeht die Zeit Marie-Josée Kuhn, 27. April 2018 — Nicaraguas Staatschef Daniel Ortega am Fernsehen. Der ist aber alt geworden, denke ich. Dann bringen sie Kuba. Erstmals seit der Revolution 1959 soll auf der roten Zucker-Insel kein Castro mehr führen, sondern ein Canel, Diaz-Canel. Hoppla, schiesst es mir durch den Kopf: 1959, das ist ja mein Jahrgang. Und nochmals hoppla: Uns gehen definitiv die Revolutionäre aus. Dabei waren sie Fixsterne am linken Firmament. Fidel Castro tot, Nelson Mandela tot, Karl Marx schon länger tot. Am 5. Mai würde der wichtigste Denker der kommunistischen Bewegung 200 Jahre alt. mehr zu «So vergeht die Zeit»
Editorial Vive la France! Oliver Fahrni, 13. April 2018 — Viele Berufsleute in Frankreich chrampfen zu noch mieseren Löhnen als die Bähnler und Bähnlerinnen. Nur: Was ist eigentlich gegen halbwegs akzeptable Arbeitsbedingungen zu sagen? Der wahre Skandal liegt darin, dass Präsident Emmanuel Macron den Reichen und den Konzernen Milliarden schenkt, die Arbeitenden aber drücken will. Volkswirtschaftlich ist das absurd. Sozial sowieso. Ein Streik ist da noch das mindeste. mehr zu «Vive la France!»
Editorial Hexenhammer Marie-Josée Kuhn, 29. März 2018 — «Wir sind die Enkelinnen der Hexen, die ihr nicht verbrennen konntet»: Von den USA bis nach Polen ertönt inzwischen dieser feministische Kampfruf. Auch bei Tamara Funiciello ist er beliebt. Überhaupt empfiehlt sich die Juso-Chefin gerne als Hexenkind, zuletzt nach ihrer Wahl ins Berner Kantonsparlament: «Die Hexen kommen», postete sie fröhlich. Und 499 likten diese Drohung (Stand 27. März). Drohung? Ja, Funiciello will dem Kapitalismus und dem Patriarchat den Garaus machen. Früher, so sagt sie, hätte man sie sicher als Hexe verbrannt. mehr zu «Hexenhammer»
Editorial Der rote Paul geht Marie-Josée Kuhn, 16. März 2018 — «Mittelscheitel, Schnauz, unverändert seit Jahrzehnten»: so beschrieb einst die NZZ den obersten Gewerkschafter der Schweiz. Doch der Konservativismus bei Paul Rechsteiner zeigt sich nur in seinem Äusseren. Im Herzen ist der rote Paul ein Klassenkämpfer. Doch jetzt will er gehen. Beim SGB ist im November Schluss: Es sei Zeit für einen Generationenwechsel, sagt er. Und wer kommt jetzt? mehr zu «Der rote Paul geht»
Editorial 25 Jahre Brunner-Effekt Marie-Josée Kuhn, 2. März 2018 — Geduld bringt den Frauen keine Rosen. Das sagt die Historikerin Fabienne Amlinger. Sie hat den Umgang von FDP, CVP und SP mit ihren Frauenorganisationen ab Einführung des Frauenstimmrechts 1971 bis 1995 erforscht. Und kommt zum Schluss: Nur wenn die Frauen auf den Putz hauen, bewegt sich was. mehr zu «25 Jahre Brunner-Effekt»
Editorial Wille & Wahn Marie-Josée Kuhn, 16. Februar 2018 — Wir haben die AHV und die IV. Wir haben die Proporzwahl bei den Nationalratswahlen. Wir haben die 5-Tage-Woche. Und wir haben das Frauenwahl- und -stimmrecht. All diese Errungenschaften gehören heute fest zur Schweiz, so wie Ricola und Matterhorn. Sie erlebten ihre Geburtsstunde am Generalstreik von 1918. mehr zu «Wille & Wahn»
Editorial Stoff und Zoff Marie-Josée Kuhn, 2. Februar 2018 — Trump ist wieder weg. Und der «Blick» kommt vom tiefen Kniefall («Dear Mr. President: Welcome to Switzerland!») langsam wieder auf die Beine. In den Vorgärten blühen schon die Primeln, derweil sich das Edelweiss in immer höhere Bergwelten zurückzieht. Der Schnee war gestern. Die Klimaerwärmung ist heut’. Heiss, so hören wir, wird’s auch den Feministinnen. Wegen Männern, Liebhabern! Simone de Beauvoir (selig) schwärmte wie ein Teenie. In ihren neu publizierten Briefen säuselt und bäuselt es, wispert’s und knistert’s. Eher knallen tut es hingegen bei Unia-Bauchef Nico Lutz. Gekonnt kontert er den Angriff der SVP. mehr zu «Stoff und Zoff»
Editorial Die Wende Marie-Josée Kuhn, 19. Januar 2018 — Vor drei Jahren war er ein einsamer Rufer in der Wüste des ökonomischen Unverstandes: SGB-Chefökonom Daniel Lampart. Niemand mochte damals so richtig in seine Kritik an der Nationalbank einstimmen. Lampart warnte und warnte und warnte. Bereits einen Monat nach der plötzlichen Aufhebung des Frankenmindestkurses erklärte er im work: «Mit dem Mindestkurs waren die Arbeitnehmenden sicher. Ohne Untergrenze kommen sie unter Druck.» Und so kam es: Ohne Frankenschock hätte die Schweiz heute 100'000 Arbeitsplätze mehr. mehr zu «Die Wende»
Editorial Ist es Sadismus? Marie-Josée Kuhn, 15. Dezember 2017 — Es weihnachtet sehr. Nein, es ist nicht der Duft von Schnee, es sind auch nicht die Augen der Kleinen, die sich am Fenster von Franz Carl Weber festsaugen. Es schneit wieder Entlassungen: das ist es! Da kann Heiligabend nicht mehr fern sein. Ist denn nichts mehr heilig? mehr zu «Ist es Sadismus?»
Editorial Sagen, was ist Marie-Josée Kuhn, 1. Dezember 2017 — Multimillionär Christian Baha (48) aus Wien mit Wohnsitz im steuergünstigen Monaco mag keine negativen Schlagzeilen. Ein Wort zu viel – und schon hat man einen Prozess am Hals. Der Österreicher kann Wahrheit nicht ertragen. mehr zu «Sagen, was ist»
Editorial Der Ribar-Witz Marie-Josée Kuhn, 17. November 2017 — Der Witz geht so: Wird ein Mann vom Wildhüter gestellt und gefragt: «Was haben Sie denn da auf Ihrer Schulter?» Der Mann tut völlig erstaunt, schaut hinunter zur Schulter und ruft entsetzt: «Uii, ein Reh!» Es ist ein richtiger Monika-Ribar-Witz: Auf ihr Angola-Abenteuer bei der Firma des Zuger Finanzjongleurs Jean-Claude Bastos angesprochen, verstand die oberste SBB-Chefin wieder einmal die Aufregung nicht. mehr zu «Der Ribar-Witz»
Editorial Lenin hin, Lenin her Marie-Josée Kuhn, 3. November 2017 — Was würde wohl Napoleon dazu sagen, wenn er noch lebte? Oder Kleopatra? Shakespeare? Rosa Luxemburg? Oder Gott, wenn es ihn denn gibt? So fragen wir Nachgeborene uns manchmal. Ein amüsantes Gedankenspiel, weil es uns zeitreisen lässt. Unterschiedlichste Welten prallen da aufeinander. mehr zu «Lenin hin, Lenin her»
Editorial Geld zurück! Marie-Josée Kuhn, 20. Oktober 2017 — Allein dieses Jahr garnieren Ems-Chefin und Blocher-Tochter Magdalena Martullo und ihre Schwester Miriam Blocher sagenhafte 250 Millionen Franken. Die beiden sind die Mehrheitsaktionärinnen des Bündner Chemiekonzerns. Letztes Jahr strich Martullo über 106 Millionen Franken aus Dividenden ein. Damit es nicht so auffällt, lässt sie sich als CEO einen vergleichsweise bescheidenen Lohn von 1,3 Millionen Franken pro Jahr auszahlen. Und kassiert dafür via Anteile umso kräftiger ab. mehr zu «Geld zurück!»
Editorial Letzte Wahl Oliver Fahrni, 29. September 2017 — In Marseille hoben am Nebentisch ein paar französische Grüne und SP-Politiker ihr Glas auf den Wahlsieg der CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel. «Une grande dame», sagte eine Sozialistin, «sie hat uns mit den Flüchtlingen gezeigt, was uns auch in Frankreich gut angestanden hätte.» mehr zu «Letzte Wahl»
Editorial Freunde der FDP Marie-Josée Kuhn, 15. September 2017 — «Zürcher Banker sind wieder wer!» Das vermeldet der «Blick». Die News hinter dem Juchzer: Der Finanzplatz an der Limmat rangiert wieder in den Top Ten der wichtigsten Finanzplätze. Seinen neuerlichen Aufstieg verdanke der Paradeplatz auch seiner Bedeutung als sicherer Platz. Als sicherer Hafen für allerlei Gelder. Immer noch – und obwohl das Steuerhinterziehungsgeheimnis offiziell längst abgedankt hat. mehr zu «Freunde der FDP»
Editorial S isch all da! Marie-Josée Kuhn, 1. September 2017 — Die UBS will uns länger chrampfen lassen. Bis 67. Uns alle. Das verordnet sie in ihrer Broschüre «Altersvorsorge 2020 – Licht und Schatten ». Vor allem die Schatten der Reform sind es, die den Finanzplatz interessieren. Deshalb lehnt die UBS die Rentenreform ab. Doch: Die UBS-Banker predigen Wasser und saufen Wein. mehr zu «S isch all da!»
Editorial Renten-Päckli Marie-Josée Kuhn, 18. August 2017 — Liebe Catherine, Du hast ja recht! Ihr vom linken Gegenkomitee in der Westschweiz habt ja recht: Dass Alain Bersets Rentenreform uns Frauen neu bis 65 chrampfen lassen will, ist jenseits. Umso mehr, als wir Tonnen Gratisarbeit daheim leisten. Und, wenn wir ausser Haus arbeiten, immer noch rund zwanzig Prozent weniger verdienen als die Männer. Nein, dieses Damenopfer ist nicht zu rechtfertigen. mehr zu «Renten-Päckli»
Editorial Die Welt tanzt Oliver Fahrni, 30. Juni 2017 — Eigentlich möchten wir jetzt gar nicht in die Sommerpause. Viel zu aufregend, was da gerade geschieht: Überall nehmen die Leute ihr Schicksal wieder in die eigenen Hände. Notalls laut. Höchste Zeit, finden sie, das Wort zu ergreifen. mehr zu «Die Welt tanzt»
Editorial Besseres Klima Christina Scheidegger, 16. Juni 2017 — In 100 Jahren ist die Erde tot. Das prognostiziert Stephen Hawking, immerhin einer der bekanntesten Physiker unserer Zeit (ja, das ist der im Rollstuhl). Mit schuld am Massensterben: der Klimawandel, der die Erde unbewohnbar macht. Deshalb müssten wir uns, findet er, schleunigst auf den Weg ins All machen, um fremde Planeten zu kolonialisieren. mehr zu «Besseres Klima»
Editorial Tausendtrillionenhundert Marie-Josée Kuhn, 2. Juni 2017 — Es gibt Zahlen-Menschen, und es gibt Buchstaben-Menschen. Letztere haben eher Mühe, wenn sie viele Nullen auseinanderhalten müssen. Sind das nun 10000 oder 1000000 oder 10000000 Franken? Für Buchstaben-Menschen sind grosse Zahlen also ähnlich unfassbar wie für Kinder: Tausendhunderttrillionenzehn Franken. mehr zu «Tausendtrillionenhundert»
Editorial Knapp vorbeigeschrammt Marie-Josée Kuhn, 12. Mai 2017 — So knapp siegte Emmanuel Macron dann doch nicht: Fast 21 Millionen Französinnen und Franzosen stimmten für den neoliberalen Senkrechtstarter. Viele auch nur deshalb, weil sie die Neofaschistin Marine Le Pen verhindern wollten. Nicht wichtig, denn wir sind noch mal mit dem Macron davongekommen. Knapp vorbeigeschrammt an Le Pens aggressivem Europa-, Fremden-, Frauen- und Homohass. Im Pariser Elysée wird also keine braune Suppe gekocht. Vorerst, zumindest. mehr zu «Knapp vorbeigeschrammt»
Editorial Alles Populismus, oder was? Marie-Josée Kuhn, 28. April 2017 — «Ist dieser Mélenchon in Frankreich nicht ein Linkspopulist?» Derart misstrauisch fragte kürzlich ein Gewerkschafter nach dem französischen Linkspolitiker, der es in den Präsidentschaftswahlen richtig weit gebracht hat. Mit seinem kapitalismuskritischen, sozialen und ökologischen Programm holten er und seine Bewegung in Marseille stolze 41 Prozent der Stimmen. «Linkspopulist» ist das Schimpfwort der Saison. Es meint Linkspopulist = Demagoge = gefährlich. mehr zu «Alles Populismus, oder was?»
Editorial Mélenchon! Oliver Fahrni, 13. April 2017 — «Hier sind wir!» ruft er in die Menge am alten Hafen von Marseille, und aus 70 000 Kehlen steigt ein Freudenschrei. Ein bunter Haufen von Arbeiterinnen, Beamten und Bankern, Musikerinnen, Gewerkschaftern, Verkäuferinnen, Pensionierten, Schülerinnen und Biobauern staunt darüber, dass sie alle hier sind, am Meeting des linken Präsidentschaftskandidaten Jean-Luc Mélenchon. Eigentlich ist diese Gegend Kernland der Neofaschistin Marine Le Pen... mehr zu «Mélenchon!»