Editorial Völker, hört die Signale! Marie-Josée Kuhn, 23. April 2021 — Joe Biden schläft nicht. Kaum im Oval Office, will er auch schon die Steuern erhöhen. Das wäre dann das erste Mal seit den 1980er Jahren, dass ein US-Präsident sich das traut. Und das Beste daran: Biden will nicht die Kleinen schröpfen, sondern die Konzerne zur Kasse bitten. Er möchte die Gewinnsteuer von 21 auf 28 Prozent erhöhen. Am Schluss darf’s dann wohl ein bisschen weniger sein. Und doch wär’s ziemlich kitzlig. Verglichen mit den Steuersätzen in den Schweizer Steuerparadiesen Zug oder Nidwalden nämlich glatt eine Verdoppelung. mehr zu «Völker, hört die Signale!»
Editorial Die Elefanten Marie-Josée Kuhn, 1. April 2021 — Eigentlich sind sie überhaupt nicht für diese Jobs gemacht. Jedenfalls nicht als Reittiere. Ihr Rücken hält’s auf die Dauer nicht aus. Und sie sind Wildtiere. Stattdessen werden sie gewaltsam gezähmt: die dressierten Elefanten. Zwischen 3000 bis 4000 leben und arbeiten allein in Thailand. Und was sie alles schon mussten: Kriegselefanten sein im Dienste des Königs. Holzarbeiter-Elefanten sein und mithelfen, just jenen Dschungel abzuholzen, der einst ihre Heimat war. Und heute müssen sie Lastesel spielen für die Touristinnen und Touristen. Diese ergötzen: Fussball spielen, «Männchen machen», Wasser spritzen oder zeichnen. Mit ihrem Rüssel. Mit diesem rund 60'000 Muskeln starken Allzweckorgan. Umgerechnet bis zu 900 Franken im Monat spielen die Dickhäuter ihren Halterinnen und Haltern so ein. Besser gesagt: sie spielten. Denn seit Corona sind die Strände von Pattaya & Co. leer. Und die Elefanten arbeitslos. mehr zu «Die Elefanten»
Editorial Alles ist möglich Marie-Josée Kuhn, 19. März 2021 — In diesen Zeiten ist alles möglich: plötzlich exponentielles Wachstum der Ansteckungen, plötzlich Mutantenviren, plötzlich 2000 Tote an einem einzigen Tag. So geschehen in Brasilien. Dessen neofaschistischer Präsident Jair Bolsonaro ist ein Corona-Leugner und zieht jetzt auch noch gegen die Corona-Impfung in den Krieg. Bereits drei Gesundheitsminister hat er erledigt, der vierte folgt sogleich. Plötzlich ist alles möglich, denn die Pandemie hat unser ganzes Leben verändert. Wir gehen uns aus dem Weg, wir tragen Masken, das Feierabendbier war gestern, die Ferien sind am Nimmerleinstag, wenn überhaupt. Ist Kurzarbeit, ist Homeoffice, sind Schnelltests, Spucktests, sind plötzlich ganz viele neue Wörter da – und weder Parties noch Grossdemos. Wegen Corona streiken die Metaller in Deutschland mit den Schuhen. Dort, wo Siemens Stellen abbauen möchte, stellen sie sie vors Werkstor: Tausende Turn-, Arbeitsschuhe und rosa Gummistiefel. mehr zu «Alles ist möglich»
Unia-Geschäftsleitungsmitglied Nico Lutz: «Wir leben nicht wirklich gefährlich» Marie-Josée Kuhn, 5. März 2021 — Bevor er zur Gewerkschaft kam, habe er, etwa an Demos, wesentlich mehr Tränengas und Verhaftungen erlebt als in den fünfundzwanzig Jahren seither. Das sagt Unia-Bauchef Nico Lutz (50). Angriffe gegen Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter seien zum Glück die Ausnahme. Doch wenn sie vorkämen, müsse man scharf reagieren. mehr zu ««Wir leben nicht wirklich gefährlich»»
Editorial Wille und Wahn Marie-Josée Kuhn, 5. März 2021 — Seit Monaten müssen sie mit einem Fünftel Lohn weniger auskommen: die Kurzarbeiterinnen und Kurzarbeiter. Für die Coronakrise können sie nichts, aber die Kurzarbeitsentschädigung der Arbeitslosenversicherung übernimmt in der Regel nur 80 Prozent des Lohnausfalls. Für Serviererin Laura García Soler heisst das minus 600 Franken im Monat. Seit Dezember lebt sie von 2800 Franken. Netto! Sogar fürs Benzin reicht’s jetzt nicht mehr. Weil sie noch ihre Eltern in Spanien unterstützt. Und weil Soler auch kein Trinkgeld mehr macht. Bis zu 1000 Franken im Monat zusätzlich können das sein. mehr zu «Wille und Wahn»
Editorial Der Mensch ist, was er isst Marie-Josée Kuhn, 19. Februar 2021 — Was essen die Bauarbeiter eigentlich zum Zmittag? Diese Frage poppte plötzlich an unserer Redaktionssitzung auf. Es folgten vier weitere Fragen: Kochen ihnen die Frauen heutzutage noch vor? Holen sie sich was beim Takeaway? Oder gehen sie in die Beiz? Und wenn sie das vor dem Lockdown taten, was machen sie jetzt? work-Autor Johannes Supe schaute ihnen in die Teller und schrieb dann den grossen Bau-Zmittag-Report. Da ist zum Beispiel Stipa K. (59), der auf der Baustelle am Thuner Bahnhof baut. Heute isst er Penne al ragù. Im Tupperware. Vorgekocht von seiner Frau. Dabei war der Maurer selber mal Militärkoch. Musste 1000 Männermäuler stopfen. Oder Polier Fritz I. (58): Heute isst er Bohnen, Wienerli und Spiralen. Er hat selber vorgekocht. mehr zu «Der Mensch ist, was er isst»
50 Jahre Frauenstimmrecht: Von Rosa Bloch bis Christiane Brunner Die Pionierinnen Marie-Josée Kuhn, 5. Februar 2021 — Sie kämpften für die politische Gleichstellung der Frauen in der Schweiz. Auch nach der Einführung des Frauenstimmrechts 1971. mehr zu «Die Pionierinnen»
50 Jahre Frauenstimmrecht: Historikerin Caroline Arni räumt auf mit der Schönfärberei «Es war der reine Unwille der Männer» Marie-Josée Kuhn, 5. Februar 2021 — Es hätte gar keine Volksabstimmung gebraucht, um das Frauenstimm- und -wahlrecht in der Schweiz einzuführen. Das Bundesgericht hätte es auf die Verfassung gestützt tun können. Oder das Parlament. Doch das wollten die Schweizer Männer nicht, sagt Historikerin Arni. mehr zu ««Es war der reine Unwille der Männer»»
Editorial Der Teppichklopfer Marie-Josée Kuhn, 5. Februar 2021 — Ein Teppichklopfer. Ein Teppichklopfer auf schwarzem Grund. Ein Teppichklopfer auf schwarzem Grund auf einem Abstimmungsplakat mit der Parole «Frauenstimmrecht Nein!». Das genügte vollends. Um den Schweizerinnen und Schweizern 1946 die männliche Postordnung durchzugeben: Politik ist Männersache, Frauen bleibt bei eurer Hausarbeit! mehr zu «Der Teppichklopfer»