Grossbritannien: Die grosse Illusion
Kommt der Brexit schlimm oder schlimmer? Wir wissen es noch nicht genau. Aber eine grosse Illusion ist er so oder so.
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Kommt der Brexit schlimm oder schlimmer? Wir wissen es noch nicht genau. Aber eine grosse Illusion ist er so oder so.
Ein Heer von Lobbyisten ist um das EU-Hauptquartier in Brüssel aufgestellt. Es sind sage und schreibe 30'000! Der EU-Staatsapparat umfasst mit allem Drum und Dran 60'000 Köpfe.
Eine halbe Million Menschen streikten am 13. November in Italien. Frauen und Männer der «Multiservizi», die in Reinigungs- und Hausdiensten tätig sind, in Spitälern, Verwaltungen, Bildungs- und Kulturstätten. Die meisten sind im Stundenlohn angestellt und verdienen gerade mal 7 Euro.
Fast zehn Prozent der Arbeitenden in der Europäischen Union leben in Armut: «Das müssen wir ändern!» Nicht ein Gewerkschafter sagt das, sondern der EU-Minister für Arbeit und Soziales Nicolas Schmit.
Es ist ein ewiger Skandal: Die Lohngleichheit kommt nur im Schneckentempo vor- an. Wenn es so weitergeht, braucht es mindestens 80 Jahre, bis wir sie in der Schweiz erreichen.
Italien bringt seine Beobachter immer wieder an den Rand der Verzweiflung. Denn politisch macht das Bel Paese eine schlechte Falle.
Immer wahnwitzigere Behauptungen setzt die SVP in die Welt, um für ihre Kündigungsinitiative Stimmen zu sammeln. So auch beim Thema «Schweiz und Europäische Union». Da behauptet die Blocher-Partei: Die EU verliere für die Schweiz immer mehr an Bedeutung, viel wichtiger würden Amerika und China.
In der Stadt Leicester arbeiten in der Bekleidungsindustrie 10000 Arbeiterinnen und Arbeiter zu sklavenähnlichen Bedingungen, ähnlich wie in der deutschen Fleischindustrie. Sie haben mehrheitlich keine Arbeitsverträge, verdienen weniger als die Hälfte des gesetzlichen Mindestlohnes, viele haben keine Aufenthaltsbewilligung. Die Behörden wissen das seit längerem, aber Kontrollen gibt es nur wenige, und die Bussen sind lächerlich tief. Trotz Coronakrise produzierten die Fabriken von Leicester weiter, wie wenn nichts wäre. Keine Abstandsregeln, keine Masken. Wer sich angesteckt hatte, musste weiterarbeiten.
Im April beschloss die EU ein erstes Hilfsprogramm zur Stützung der Wirtschaft und der Arbeitsplätze in der Coronakrise: gewaltige 500 Milliarden Euro. Im Juli nun legte die EU-Spitze nach und beschloss einen «Wiederaufbaufonds» zur Ankurbelung der Wirtschaft. Es ist das grösste in Europa je beschlossene Finanzpaket.
Der Skandal in deutschen Fleischfabriken ist ungeheuerlich. Es kommen Zustände ans Tageslicht, welche die Gewerkschaften seit Jahren vergebens anprangern. Da geht es nicht um einzelne Verfehlungen, sondern um ein ausgefeiltes Geschäftsmodell der Brutalo-Ausbeutung.
Hier die blonden Nordländerinnen und Nordländer, sie schuften wie verrückt. Dort die faulen im Süden beim Dolcefarniente. So rassistisch zeichnet die holländische Zeitschrift «Elsevier Weekblat» derzeit das Problem von Europa und fordert: «Keine Sondersteuern für Südeuropa!» Wiederholt sich die Geschichte?
Als der Grenz-Gitterzaun endlich fiel, meinten einige in Kreuzlingen: «Es erinnert mich an den Fall der Berliner Mauer.» Während zweier Monate hatte der Zaun die eng verbundenen Städte Konstanz und Kreuzlingen entzweigeschnitten.