Der Anruf erfolgte oft gegen zehn Uhr morgens. Nach einem üblichen «Wie geht’s» kam Marie-Josée Kuhn gleich zur Sache. «Ich hätte da eine Idee für einen kleinen Artikel», meinte sie jeweils.
Ich verbinde Marie-Josée Kuhn direkt mit der Zeitung work, deren Gründung ein Meilenstein für die Gewerkschaften, die neu gegründete Unia und ihre Art zu kommunizieren war. Kühn und unerschrocken sind seither ihre Artikel.
Ferro-Erotiker nannten wir all diese Herren, denen nichts so grosse Lust bereitet wie Eisenbahnen. Der NZZ-Bahnjournalist Hans Bosshard war einer von ihnen.
Das sagt uns die eine Büroreinigerin immer, wenn sie fertig ist. Geht zur Türe raus und winkt zurück. Abend für Abend. Und tschüss, uf Widerluege, arrivederci, bye-bye, sage jetzt auch ich. Nach 440 work-Ausgaben und 20 Jahren als Chefredaktorin gehe ich in Pension. In den Unruhestand. Gerührt und etwas geschüttelt nehm ich auch all das Lob und die Komplimente mit auf den weiteren Lebensweg, mit denen mich Vania Alleva, Doris Bianchi, Peter Bichsel, Peter Bodenmann, Maria-Teresa Cordasco, Dore Heim, Natalie Imboden, Hans Ulrich Jost und Jean Ziegler in dieser Ausgabe verabschieden. Sie sind zu gütig! Und so bleibt mir an dieser Stelle denn nur noch zu danken. Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, dass Sie mich so lange begleitet haben. Gerügt und gerühmt, belehrt und beglückt, angestossen und angefeuert. Zum Nachdenken gebracht. Zum Überdenken. Und dann wieder zum Wissen. Wissen, wie weiter.
Wenn die Chefin von Bord geht, wünschen ihr alle nur das Beste. Auch die, die sich über sie geärgert haben, die sie geplagt haben wie ein Kieselstein im Schuh.
Zuerst möchte ich dir sagen, dass ich dich schwer vermissen werde. Du hast mit work über all die Jahre einen unschätzbaren Beitrag der Solidarität geleistet. Dafür möchte ich dir von Herzen danken.
Marie-Josée – ihrem flammenden Talent, ihrer Unbeirrbarkeit, ihrer revolutionären Geduld, ihrem Mut und ihrer Lebensfreude – gehören unsere tiefe Dankbarkeit und Bewunderung.