Konzernverantwortungsbündnis will Bundesrätin Keller-Sutter Beine machen

Turbo-Petition: 100'000 Unterschriften in 100 Tagen!

Clemens Studer

Im Abstimmungskampf um die Konzernverantwortungsinitiative versprach Bundesrätin Karin Keller-Sutter, sich für «international abgestimmte Regeln» einzusetzen. Jetzt ist höchste Zeit, sie daran zu erinnern. Denn die EU macht vorwärts.

DIENERIN DER KONZERNE: FDP-Bundesrätin Keller-Sutter hat die Konzernverantwortungsinitiative eisern bekämpft. Zur Freude der Wirtschaftslobby. (FOTO: KOVI)

Deutschland &Co. kennen jetzt strengere Regeln als die Schweiz.

Vor zwei Jahren hat das Schweizer Volk der Konzernverantwortungs­initiative (Kovi) zugestimmt: genau 38 449 mehr als die Hälfte der Stimmenden sagten Ja. Aber die Mehrheit der Kantone sagte Nein. Weil es für die Annahme einer Initiative auch das sogenannte Ständemehr braucht, ist statt der Initiative seit Anfang 2022 der zahnlose Gegenvorschlag in Kraft (work berichtete: rebrand.ly/kovi-resultat).

QUELLE: KOVI

DER ANGEBLICHE «ALLEINGANG»

Das Ständemehr wurde in der ersten Bundesverfassung von 1848 festgeschrieben. Bereits damals diente es dem Schutz der reaktionären Kantone vor den fortschrittlichen. Diese Funktion hat es bis heute behalten. Und wegen des unterschiedlichen Bevölkerungswachstums in den Kantonen hat sich die Bevorzugung von Wählenden aus konservativen Kantonen sogar noch verstärkt. Heute braucht es bereits die Stimmen von 40 Zürcherinnen und Zürchern, um einen Appenzeller Innerrhödler «auszugleichen». Die Konzernlobby und ihre Bundes­rätin Karin Keller-Sutter hatten die Kovi hauptsächlich mit dem Argument bekämpft, einen vermeintlichen «Schweizer Alleingang» zu verhindern und sich für «international abgestimmte Regeln» einzusetzen. Das stimmte schon damals nicht – und heute erst recht nicht mehr.

Deutlich griffigere Regeln als in der Schweiz gelten heute bereits in Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Norwegen und Grossbritannien. Und jetzt, im letzten Fe­bruar, legte die EU ein Gesetz vor, das weiter geht als die Kovi vor zwei Jahren (siehe Tabelle oben).

Doch die Konzernlobby spielt weiter auf Zeit. Das wollen sich die Initiantinnen und Initianten nicht länger gefallen lassen. Sie haben deshalb eine ambitionierte Petition lanciert. Innert 100 Tagen sollen 100 000 Unterschriften zusammenkommen und Bundesrätin Keller-Sutter an ihre Versprechen im Abstimmungskampf erinnern. Die Schweiz darf nicht noch länger das einzige Schlupfloch für dubiose Konzerne in Europa bleiben.

JETZT UNTERSCHREIBEN!

Die Petition können Menschen jeden Alters mit und ohne Schweizer Pass auf www.konzernverantwortung.ch unterschreiben.

Der langjährige Tessiner FDP-Ständerat Dick Marty sagt zur Strategie der Konzerne: «Die Konzernlobby weiss aber auch, dass die Schweiz früher oder später – wie beim Bankgeheimnis oder der Steuerpolitik – international unter Druck kommen wird, um auch etwas zu unternehmen.» Für diesen Moment, so Marty weiter, lege «Economiesuisse mit neuen Unwahrheiten bereits heute den Grundstein dafür, um dann, wenn es nicht mehr anders geht, einfach den Alibi-Gegenvorschlag minimal anzupassen und das als ‹EU-kompatible Regelung› zu verkaufen – obwohl sich in Wahrheit nichts ändert».

STARKES ZEICHEN SETZEN

Diese Strategie will das breite Bündnis um die Konzernverantwortungs­initiative mit seiner Petition durchkreuzen. Die 100 000 Unterschriften innert 100 Tagen sollen ein starkes Zeichen an Bundesrat und Parlament senden. Ein Zeichen dafür, dass jetzt ein Gesetzgebungsprozess startet, bei dem ein griffiges Gesetz herausschaut und keine Alibiübung. Hinter dem Bündnis stehen Menschenrechts- und Umweltorganisationen, Hilfswerke und die Gewerkschaften.

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