Damit’s die Schweiz am 14. Juni so richtig durchschüttelt

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Respekt, mehr Lohn, mehr Zeit: Dafür braucht’s den Frauenstreik. Viele Frauen sind schon heute aktiv. Sie vernetzen sich, organisieren Vorab-Aktionen und planen ihren starken Auftritt am 14. Juni. Was möchten Sie selber für den Frauenstreik tun?

FRAU STREIKT: Für mehr Respekt, mehr Zeit und mehr Lohn. (Foto: Unia)

Die Lunte zum Feuerwerk am 14. Juni brennt. Dies seit Januar 2018, als der Frauenkongress des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds den Frauenstreik beschloss. Immer mehr Organisationen wollen mitwirken – und nicht etwa nur feministische Zirkel, gewerkschaftliche und sozialdemokratische Organisationen, sondern auch Kreise, die gemeinhin dem bürgerlichen Lager zugeordnet werden: etwa Schweizer Bäuerinnen oder Katholikinnen, die ein Zeichen für die Rechte der Frau setzen wollen. Wie werden auch Sie Teil der Bewegung, und was können und wollen Sie persönlich für den Frauenstreik unternehmen, damit er unserer Gesellschaft tüchtig einheizt? Da gibt’s viele Möglichkeiten!

Darum Frauenstreik!

Worum es am 14. Juni geht, sagt die Kampagnenseite der Unia: www.frau-streikt.ch/de/warum. Und die gemeinsamen Forderungen der Gewerkschaften finden Sie hier: www.14juni.ch/argumente.

MITWIRKEN IN EINEM KOMITEE

Lokale und kantonale Frauengruppen planen und organisieren Ak­tionen vor Ort. Jede Verstärkung ist willkommen. Komitees haben sich in diesen Gebieten gebildet (Stand April): Aargau, Appenzell, Baselland, Basel-Stadt, Bern, Freiburg, Genf, Graubünden, Jura, Luzern, Neuenburg, St. Gallen, Schaffhausen, Schwyz, Solothurn, Tessin, Uri, Waadt, Wallis, Zug, Zürich sowie Liechtenstein. Die Gruppen treffen sich regelmässig und stellen schon im Vorfeld des Frauen­streiks Events auf die Beine: ­Referate und Diskussionsveranstaltungen, Streikkalender, Aktionen auf der Strasse. Informationen dazu gibt’s auf der Website www.frauenstreik2019.ch im Kapitel «Kollektive», die meisten Gruppen sind auch auf Facebook und anderen Social-Media-Kanälen aktiv, wo sie auch ihre Agenden publizieren.

STREIKGRUPPE GRÜNDEN

Möchten Sie in Ihrer Firma, in Ihrem Verein oder in Ihrem Quartier dafür sorgen, dass der 14. Juni nicht unbemerkt vorübergeht? Und niemand in Ihrem Umfeld ergreift die Initiative? Tun Sie es doch! Wie Sie dabei vor­gehen, haben Siméon Seiler und Elisabeth Kuhn in ihrer Schritt-für-Schritt-Anleitung «*Streik 2019 – vom Anliegen zur Aktion» beschrieben. Auf der Website www.frauenstreik2019.ch steht die Broschüre im Kapitel «Streikanleitung» zum Download bereit.

IHRE STIMME FÜR DEN STREIK

Was ist Ihre persönliche Motivation zum Frauenstreik? Warum ist jetzt höchste Zeit dafür? Teilen Sie es mit: Auf der Unia-Website www.frau-streikt.ch können Sie Ihr Statement samt Foto hochladen. Geben Sie dem Frauenstreik eine weitere Stimme – Ihre Stimme!

BEKENNEN SIE FARBE

Der Frauenstreik 2019 hat eine Farbe – Violett –, ein Signet – die Faust mit lackiertem Daumen – und zwei weitere Symbolbilder: eine Frau mit erhobener Faust und drei starke Frauen. Im Shop auf www.14juni.ch (zu finden unter «Material») können Sie T-Shirts oder Turnbeutel mit diesen Sujets sowie die offi­zielle Streikfahne bestellen. Auch eine Möglichkeit: Sie kleiden sich ganz in der Streikfarbe Violett. Dazu können Sie auch vorhandene Kleidungsstücke selber umfärben. Falls Sie das noch nie gemacht haben, hier eine kleine Videoanleitung: rebrand.ly/faerben.

SETZEN SIE THEMEN

Der Frauenstreik ist eine tolle Gelegenheit, Frauenthemen auf die Agenda zu setzen – als Gesprächsthema in der Arbeitspause, am ­Familientisch, im Freundeskreis. Sprechen Sie über die anhaltende Lohnungleichheit. Sprechen Sie über Ihre Situation im typischen Frauenberuf und die tieferen Frauenlöhne in den Berufen, in denen mehrheitlich Frauen arbeiten (Verkauf, Pflege, Kitas, Uhrenindus­trie, Primarschule, Sozialberufe etwa). Sprechen Sie darüber, dass die Frauen viel Gratisarbeit machen und es jeden Tag eine Herausforderung ist, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. Sprechen Sie über den ungenügenden Schutz vor sexistischen Übergriffen. Sensibilisieren Sie Ihre Gesprächspartner, schärfen Sie ihr Bewusstsein, gewinnen Sie Mitstreiterinnen und Mitstreiter für die Anliegen der Frauen! Harte Zahlen und Fakten dafür stellt die Frauenstreikgruppe des Bundesamts für Statistik laufend ins Netz. Sie finden sie hier: rebrand.ly/frauenstatistik.

KREATIV AKTIV WERDEN

Frauen haben Ideen – welche haben Sie? Jolanda Zurbruegg vom Berner Sirup-Shop www.urspruenglech.ch hat zum Beispiel einen speziellen Frauenstreik-Sirup kreiert als Zaubertrank für den 14. Juni. Und die Berner Unia-Gewerkschafterin Stefanie von Cranach schlägt vor, den Frauenstreik im Betrieb mit Post-its, Plakaten oder einer Wandzeitung präsent zu machen. Oder warum nicht am 14. Juni die Kolleginnen und Kollegen in der Firma zu einer Mittags-Streiksuppe einladen?

DABEI SEIN AM 14. JUNI

Kaum schlägt’s zwölf, haut Frau drauf: Landesweit beginnt um 00.01 Uhr das grosse Topfdeckelschlagen. Damit der Morgestraich nach Frauenart auch ordentlich Lärm macht, schauen Sie in der Agenda Ihres Komitees nach, wo sich die Musikantinnenschar Ihrer Region zum Concerto versammelt.

Wie, wo und wie lange den Tag hindurch die Arbeit bestreikt wird, ist von Betrieb zu Betrieb verschieden (siehe auch Beitrag zur Rechtslage unten). Zwei Termine sind schweizweit fix: Um 11 Uhr eine Arbeitsunterbrechung, um sich im Quartier oder am Arbeitsplatz zu treffen, und um 15.24 Uhr Niederlegung der Arbeit mit anschliessender Versammlung im Quartier, um gemeinsam zur Demo zu gehen. Warum 15.24 Uhr? Nimmt man die Männerlöhne zum Massstab, arbeiten die Frauen bei Vollzeit ab diesem Zeitpunkt faktisch gratis. Am 14. Juni nicht!

Auch Männersache: Zeigen Sie Solidarität

«Ich solidarisiere mich mit dem Frauenstreik, weil Frauen Anspruch auf die halbe Bäckerei haben – und nicht nur auf ein kleines Stück vom Kuchen!» Das schreibt zum Beispiel Fabian Molina in seinem Statement auf www.frau-streikt.ch. Und ­Andreas Mösli an gleicher Stelle: «Ich solidarisiere mich mit dem Frauenstreik, weil die Frauen und ihre Leistungen für die Gesellschaft ­immer noch nicht richtig gewürdigt und entlöhnt werden.» Beide nutzen damit eine der Möglichkeiten, als Mann zum Frauenstreik und seinen ­Anliegen zu stehen.

TALENT UND ZEIT. Darüber hin­aus lässt sich im Gespräch mit Frauen, die sich aktiv für den Frauenstreik einsetzen, rasch herausfinden, wo Ihre ideelle und praktische Unterstützung gefragt ist und wo Männer anpacken können – am Arbeitsplatz, zu Hause oder im öffentlichen Raum. Nutzen Sie Ihre Talente und Ihre Zeit, um den Frauen den ­Rücken freizuhalten!


Streik ist ein Verfassungsrecht Es ist Zeit, Stärke zu zeigen – mit der Unia im Rücken

Es gibt viele gute Gründe für den Frauen­streik. Gibt es auch ein Recht darauf, die Arbeit niederzulegen? Das ist die Rechtslage.

GLEICHER LOHN: Schon vielfach eingefordert, ist die Lohngleichheit noch längst nicht Realität. Grund genug zu streiken. (Foto: Yoshiko Kusano)

Der Frauenstreik vom 14. Juni 1991 mobilisierte Hunderttausende Frauen – sie marschierten an den Demos mit, legten für eine lange Pause, für Stunden oder gar den ganzen Tag die Arbeit nieder.

Die Wucht des Protests hatte konkrete Folgen: Das Gleichstellungsgesetz von 1995 und der Mutterschaftsurlaub (2004) zum Beispiel wären ohne die damals bewiesene Frauenpower und die kollektive Kraft der Netzwerke, die sich rund um den Frauenstreik gebildet hatten, in dieser Form und in dieser Frist kaum realisiert ­worden.

Im Vorfeld des Streiks von 1991 hatten die Firmen und Arbeitgeberorganisationen zwar grobes Geschütz aufgefahren, drohten mit Sanktionen bis hin zu Entlassungen für alle, die streiken würden. Viele Frauen liessen sich nicht einschüchtern – und erlebten, wie die Wirtschaft aufgrund der schieren Grösse der Bewegung und unter dem Druck der öffentlichen Meinung auf Sanktionen verzichtete oder sie zurücknahm. Die Lehre daraus: je ­grösser der Streik, desto kleiner die Risiken für die Teilnehmerinnen.

STREIKRECHT. Warum besteht ein Recht auf Frauenstreik? Erstens ist das Streikrecht seit 1999 in der Bundesverfassung verankert (Artikel 28, Absatz 3). Und auch die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) garantiert das Streikrecht.

Beim Frauenstreik handelt es sich um ­einen Streik sui generis (der ­eigenen Art). Die Akteurinnen stellen Forderungen auf, die sowohl die Erwerbsarbeit als auch häusliche und unbezahlte Arbeit betreffen. Der Streik- und Aktionstag richtet sich an Gesellschaft, Politik, Behörden und natürlich auch an die Firmen. Zweitens ist der Streik mehr als gut begründet: Zwar hat die Schweiz seit 1996 ein Gleichstellungsgesetz, das die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt verankert. Trotzdem halten sich Ungleichbehandlungen im Erwerbsleben hartnäckig, und griffige politische Massnahmen werden nicht umgesetzt – obschon die Frauen nichts unversucht liessen. Zur Beseitigung der offensichtlichen Diskriminierung in der Arbeitswelt und der Gesellschaft ist der Frauen­streik deshalb ein legitimes ­Mittel.

Der SGB-Kongress und die zuständigen obersten Gremien der Gewerkschaften haben den Frauenstreik auf den 14. Juni 2019 beschlossen. Die Forderungen an die Politik, die Arbeitgeber und an die Gesellschaft für den Frauenstreik sind ausformuliert (siehe «Darum Frauenstreik!» oben).

FRAGEN LOHNT SICH. Trotz dem grundsätzlichen Recht auf den Frauenstreik kann es möglich sein, dass Ihre Chefs Ihnen mit Sanktionen drohen. Wenn Sie am Arbeitsplatz Aktionen planen oder streiken wollen, setzen Sie sich mit Ihrer Gewerkschaft in Verbindung. Dort ­werden Sie kompetente Rechtsberatung und Unterstützung erhalten. Vor dem Frauenstreik, beim Frauenstreik und – wenn nötig – danach.

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