Anne-Sophie Zbinden

Editorial

Anne-Sophie Zbinden ist die Chefredaktorin von work.

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Immer wieder sonntags

Wegen eines Scoville-Tests fiel einst ein Sonntag aus. Je höher der Scoville-Wert, desto schärfer der Chili. Ganz scharf attackieren die Bürgerlichen den Sonntag und den Gesundheitsschutz. Doch der Reihe nach.

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13 mal Grandios

Ja, sie können es, die linken und fortschrittlichen Kräfte in diesem Land: Ja zu einer 13. AHV-Rente, Ja zu einer sozialeren Schweiz!

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Totgesagte leben länger

Sie sind in den Weiten des Internets zurzeit fast nicht zu übersehen, diese schwarzweissen Bilder mit dem Pöstler, der die AHV überreicht, daneben die zufriedenen Gesichter der Rentnerinnen und Rentner.

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Lang lebe die Umverteilungsmaschinerie

Terroristen, Extremisten, Kriminelle. Das sind noch die anständigeren Bezeichnungen für Leute, die in den vergangenen Monaten Autobahnen blockierten: mit ihren blossen Händen, für das Überleben der Menschheit, für mehr Klimaschutz.

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Der Soundtrack unserer Gesellschaft

«Es lebe hoch, es lebe hoch, der Zimmermannsgeselle». Dieses Lied war Ende des 18. Jahrhunderts ein Hit. Lehrer Joachim August Zarnack (1777–1827) schrieb es um zu einem Liebeskummerlied: «O Mägdelein, o Mägdelein, wie falsch ist dein Gemüte». Er stellt die untreue Geliebte in Kontrast zum Tannenbaum, der mit seinen immergrünen Nadeln als Symbol der Treue gilt.

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Mehr Meer ist nicht immer mehr

Knietief steht er im Wasser, in Anzug und Krawatte, und spricht zur 26. Weltklimakonferenz: Die Rede aus dem Pazifik von Simon Kofe, Aussenminister des Südseestaates Tuvalu, ging 2021 um die Welt. Seine Botschaft: Wir gehen unter, aber alle anderen auch.

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Wie wild wiederholen

«Und im übrigen bin ich der Meinung, Karthago müsse zerstört werden.» Dieser berühmte Satz wird Cato dem Älteren zugeschrieben, einem erzkonservativen Politiker im alten Rom.

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Noblesse oblige

Schweizer Reichenclans sind der Adel in ­unserem an Prinzessinnen und Prinzen sonst so armen Land. Mehr als ein Drittel der 300 reichsten Schweizerinnen und Schweizer sind Familien, schreibt das Wirtschafts­magazin «Bilanz». Sie besitzen zusammen 346 Milliarden Franken. Sie engagieren sich, meist diskret im Hintergrund, für junge Musiktalente, für sportliche Nachwuchshoffnungen oder gar für die hungerleidende Bevölkerung Afrikas – Noblesse oblige. TÜRME. So bescheiden sich viele dieser Familien gerne geben, so einflussreich sind sie. Manchmal dort, wo wir es am wenigsten erwarten. Zum Beispiel der Aponte-Clan. Über sein ­Privatleben ist wenig bekannt, geraunt wird über seine drei identischen Ferienhäuser im Luxus-Skiresort ­Megève. Die Familie besitzt die Reederei MSC, ist Weltspitze im Frachttransport (gerne auch mit Schrottkähnen) und auf Platz drei bei den Kreuzfahrtschiffen. Und hat kürzlich zusammen mit einem anderen schrecklich Reichen (Johann Rupert, Richemont) für 4,2 Milliarden Franken Mediclinic International gekauft, die Eigentümerin der Hirslanden-Gruppe. Unser Beinbruch, ihr Profit.

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Was einmal gepostet …

Es sind verstörende Bilder, die uns fast in Echtzeit nach dem grausamen Angriff der Hamas aus Israel und dem Gazastreifen erreichen. Sie zeugen von herzzerreissendem Leid. Gleichzeitig sind wilde Diskussionen dar­über entbrannt, welche Bilder echt sind, welche fake und ob künstliche Intelligenz (KI) sich selbst als solche entlarven kann. Ob echt oder nicht: die Macht der Bilder ist enorm. Bilder berühren unsere Netzhaut, gelangen ins Gehirn, gehen in seinen Windungen eigene Wege und wirken so mehr oder weniger bewusst auf unsere Sicht der Welt ein. Um Bilder jenseits des emotionalen Anklangs zu verstehen, braucht es viel mehr als 1000 Worte. Wer publiziert welche Bilder zu welchem Zweck an welchem Ort? Die über 180jährige Geschichte der Fotografie hat immer wieder gezeigt, dass sich Menschen dieser Macht bedienen und Bilder auch mal zu ihren Zwecken zurechtbiegen, nicht erst im KI-Zeitalter.

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Jetzt wird’s zu bunt!

Wie die Bäume ihr verdorrtes Laub, verlieren die Versicherten langsam, aber sicher die Nerven. Denn sie geht wieder los, diese ohnmächtige Suche nach dem «besseren» Angebot, im Namen eines verordneten Glaubens an die «Marktkräfte». Dabei müssen die 49 Krankenversicherer im Obligatorium per Gesetz alle dasselbe anbieten. Zugegeben, die schiere Menge an Anbietern war auch schon mal schlimmer: 1903 waren es über 2000, 2014 immerhin noch 60. Doch die Bemühungen um eine Einheitskrankenkasse sind schon zweimal an der Krankenkassenlobby mit ihren Werbemillionen gescheitert. Deshalb ist und bleibt es nervenaufreibend. Und treibt die Kosten zusätzlich in die Höhe: Nach der letztjährigen Ankündigung der steigenden Prämien sind die Werbekosten der Kran­kenkassen von ungefähr 62 Millionen auf 100 Millionen gestiegen. Obendrauf kommt der Schock über die Prämienerhöhung von durchschnittlich 8,7 Prozent. NONSENS. Offiziell begründet der Krankenkassenverband Curafutura diesen massiven Anstieg damit, dass die Prämien die Kosten nicht mehr decken würden. Die Zahlen zeigen aber: 2022 flossen durchschnittlich 3760 Prämienfranken pro Kopf an die Kassen. Für die Leistungen gaben sie jedoch nur 3707 Franken pro Kopf aus. Anders ausgedrückt: Die Bevölkerung bezahlte mehr, als ihre medizinische Versorgung tatsächlich kostete. Ähnlich 2021: Die Kassen bezahlten Kosten von 3627 Franken pro Kopf, nahmen aber mit den Prämien 3788 Franken ein. Und ab mindestens 2011 zeichnen die Zahlen vom Bundesamt für Statistik dasselbe Bild.

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Die Schweiz, das Schaf

Mit viel Pathos und hoffentlich etwas weniger Weisswein feierte das Parlament am 12. September den 175. Geburtstag der Schweiz (auch wenn manche diesen lieber einem Mythos, einem deutschen Dichter und einem anderen Datum zuschreiben würden). Prost! «Das Theater ist klein, aber das Spektakel hat Grösse», berichtete der Franzose Alexis de Tocqueville. Nicht im Jahr 2023, sondern 1848. Weit weniger diplomatisch beschrieb der junge Friedrich Engels die Ereig­nisse vor der Staatengründung: Die «brutalen und bigotten Berg­stämme» würden sich «störrisch gegen die Zivilisation und den Fortschritt stemmen». Was andere Zeitzeugen wie Louis Napoléon, Karl Marx oder Michail Bakunin über die Gründung des schweizerischen Bundesstaates dachten, hat Jonas Komposch auf hier zusammengetragen. ABSURD. Seither hat die Verfassung zwei grosse Revisionen und Hunderte Teilrevisionen erfahren, und mit der Einführung des Frauenstimmrechts 1971 wurden endlich auch die Frauen Teil des Bundesstaates. Im Laufe der Zeit haben das Proporzsystem, der Gleichstellungsartikel oder der Beitritt zur Uno Einzug in die Verfassung gehalten. Aber auch einige absurde und völkerrechtlich umstrittene Vorlagen wie etwa Kleidungsvorschriften (Burka-Verbot) oder Turmbaubestimmungen (Anti-Minarett-Initiative).

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Neue Staffel, Episode 1

Eine der ersten Ärzte-Serien flimmerte vor bald 70 Jahren über die Bildschirme. Sie hiess «Medic» und zeigte blutig echt den halbgöttischen Kampf von Dr. Styner um Leben und Tod. Heute bekannter ist «Emergency Room». 15 Jahre lang liess sie ihre Ärztinnen und Ärzte hochpulsig in einer Not­aufnahme nähen, transplantieren und in Lichtgeschwindigkeit Computertomographien interpretieren. Schon fast unsterblich scheint «Grey’s Anatomy». Ging es in den ersten Folgen (2005) noch hauptsächlich um die Liebeleien der Ärzteschaft, so wurde die Serie spätestens ab der 16. Staffel ein «politischer Kommentar». ­Themen wie Abtreibungsverbot, häusliche Gewalt oder Armut wurden Teil des Spitalalltags, schreibt die Historikerin Nadia Pettannice in ihrer brillanten Serien-Analyse auf geschichtedergegenwart.ch. KOMPLIKATIONEN. Chronisch sind jedoch bei diesen Serien die Auslassungen: Serienfiguren ohne Medizinstudium? Null. Schmerzhafte Heilungsprozesse? Keine. Endlose Stunden bei der Physio? Nie.