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Réceptionistin Natalia Dubova: «Überteuerte Mieten sind ein grosses Problem»

Das Engadin ist Arbeitsort und Wahlheimat von Natalia Dubova (42). Zuerst arbeitete sie an der Bar, dann als Croupier im Casino und jetzt an der Réception des Hotels Sonne in St. Moritz.

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Wie Réceptionistin Natalia Dubova ins Engadin kam. (Foto: Steve Hadorn)

Nicht nur Hotelgäste lieben die Pizzas aus dem Holzofen des Restaurants im Hotel Sonne. Über Mittag kommen auch viele Arbeiterinnen und Arbeiter vorbei. «Hier sind die Portionen etwas grösser und die Preise günstiger als in den meisten anderen Restaurants in St. Moritz», sagt Natalia Dubova. Die Hotel-Réceptionistin hat ihren Arbeitsplatz direkt neben dem Re­staurant. Seit vier Jahren arbeitet die 42jährige Slowakin an der Réception des Dreisterne-Superior-Hauses mit 101 Zimmern.

Das Hotel ist beliebt bei Stammgästen aus ganz Europa. Nahe an der Langlaufloipe und am Hallenbad St. Moritz zieht es auch viele Sportlerinnen und Sportler an. Dubova sagt:

Das Schönste an meinem Beruf sind die Landschaft des Engadins und die Vielfalt meiner Aufgaben.

Denn: «In grösseren Hotels ist jeder für seinen Bereich zuständig, doch hier machen alle alles: Check-in, Check-out, Gruppenangebote, Gästebetreuung, Büroarbeiten.» Hier werde es ihr nie langweilig, besonders wegen des Kontakts mit den Gästen. Wenn sie ihnen den passenden Ausflugstipp geben könne, fühle sie sich voll im Element.

Ihren Arbeitstag beginnt Dubova entweder um 8 Uhr, wenn sie Frühschicht hat, oder um 14 Uhr für die Spätschicht. Diese dauert dann manchmal bis Mitternacht, bis die letzten Restaurantgäste weg sind und die Kellnerinnen und Kellner ihre Kasse geschlossen haben. Dann ist Dubova froh, dass sie nicht noch über verschneite Strassen nach Hause fahren muss, sondern gleich hinter dem Hotel wohnt.

CHECK-IN

Die Vierzimmerwohnung für die Mitarbeitenden des Hotels mietet sie zusammen mit zwei Kolleginnen und zahlt dafür unter 500 Franken pro Monat. Sie sagt:

Ich hatte grosses Glück, denn die Wohnungsknappheit und überteuerte Mieten gehören heute zu den grössten Problemen im Engadin.

Vor dreizehn Jahren, als Dubova aus der Slowakei ins Bündner Hochtal kam, fand sich noch relativ einfach eine bezahlbare Wohnung in Pontresina. Aber heute gebe es fast keine freien Wohnungen mehr, und auch für eine Studio zahle man häufig deutlich mehr als 1500 Franken, wenn man überhaupt noch etwas finde.

Im Team arbeitet Dubova mit drei Kolleginnen und ihrer Chefin, die auch Mitbesitzerin des Hotels ist. Sie führt das Hotel in dritter Generation. Für Dubova war die Anstellung im Hotel Sonne ein Glücksfall. Sie sagt:

Ich konnte hier vieles lernen und habe auch einen Italienischkurs gefunden und besucht. Meine Arbeitgeberin hat diesen Einsatz geschätzt und mir dann den Kurs als Weiterbildung bezahlt.

Mit ihrer Berufserfahrung und zusätzlicher Verantwortung ist auch ihr Lohn in den letzten vier Jahren um etwa einen Viertel gestiegen. Dubova möchte sich auch nochmals weiterbilden: Dank dem L-GAV kann sie als Unia-Mitglied eine vergünstigte Berufsbildung zur Chef de réception machen.

Natalia Dubova ist in der Slowakei aufgewachsen und hat Kultur- und Tourismusmanagement studiert und Deutsch, Spanisch und Englisch gelernt. Nach ihrem Studium arbeitete sie als Reiseleiterin in der Türkei und Griechenland und dann an der Bar auf Kreuzfahrtschiffen auf dem Rhein und auf der Donau. In ihren ersten Jahren im Engadin fand Dubova ab 2012 Jobs an der Bar im Casino in St. Moritz und in einem Hotel in Silvaplana. Zwei Jahre später erhielt sie die Gelegenheit für eine Ausbildung zum Croupier im Casino von Zürich.

Check-out

Die Ausbildung für Roulette und Kartenspiele dauerte drei Monate. Dubova musste in unterschiedlichen Schichten tagsüber ohne Tageslicht und nachts arbeiten. Wegen Schlafproblemen war sie zunehmend erschöpft. Nach einem Jahr musste sie ihren Job im Casino kündigen. Sie kehrte in die Slowakei zurück und arbeitete in verschiedenen Jobs, von der Assistentin bis zur Finanzberaterin. Während der Coronapandemie entdeckte sie das Stellenangebot im Hotel Sonne.

Auch ins Casino St. Moritz ist sie zurückgekehrt. Dieses Mal aber nicht als Arbeiterin, sondern als Gast. Doch es dauerte nicht lange, bis man sie wieder hinausspedierte. Obwohl ihre Arbeitseinsätze schon mehrere Jahre zurücklagen, hat man ihr als ehemalige Mitarbeiterin das Spielen im Casino untersagt. Ihr Spielglück hat sie deshalb zuletzt nur noch am White Turf versucht. Bei dem Pferderennen, das im Februar auf dem St. Moritzer See stattfindet, hat sie zuletzt auf das richtige Pferd gesetzt und mehr als hundert Franken gewonnen.


Natalia DubovaViele Hobbys


Normalerweise hat Dubova am Sonntag und am Montag frei. Dann geht sie ent­weder wandern in den Wäldern rund um St. Moritz oder besucht ihren Freund in Chur. In ihrer Freizeit geht sie auch gerne biken, schwimmen in Bergseen, Eis laufen oder schlitteln. Im Winter wäre die Réceptionistin auch gerne wieder auf den Ski unterwegs. Doch wegen eines Ski­unfalls vor zwei Jah-
ren traute sie sich bisher nicht zurück auf die Piste. Dieses Jahr will sie es wieder versuchen.

Wärme

In den Ferien in der Zwischensaison zieht es Dubova meistens an die Wärme: in die Türkei, nach Nord­afrika oder auf die Kanarischen Inseln. Und zwei Mal pro Jahr besucht sie ihren Bruder und die Eltern in der Slowakei. Inzwischen hat Dubova auch viele Freundinnen und Freunde im Engadin, manche von ihnen kennt sie schon seit vielen Jahren. Dubova sagt: «Meine Muttersprache ist Ungarisch, und ich habe hier auch viele Ungarinnen und Ungarn kennen­gelernt, die in der Engadiner Gastro­nomie oder Hotellerie arbeiten.»

Feierabend

Mit ihren Freundinnen und Freunden geht sie manchmal auch in eine Bar oder ins Stübli, einen Musikclub in St. Moritz. Es gebe jetzt auch einen neuen Club «Billionaire St. Moritz» beim Hotel Kempinski, den sie für die Bühnenshow besuchen möchte. Dubova liebt Theater und besonders Musicals.

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