work-Kommentar
Bio-Nachhilfe für die Bürgerlichen

NICHTS KAPIERT: FDP-­Nationalrat Andri Silberschmidt. (Foto: Keystone)

Das Trauerspiel in der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit vom 23. Mai endete mit einem 15 zu 9. Ein eindeutiger Sieg für den Rückschritt in diesem Land. 15 Volksvertreterinnen und -vertreter im Nationalrat finden es eine gute Idee, den Müttern ihren hart errungenen Mutterschaftsurlaub wieder zu entreissen. Das Ganze unter dem Deck­mäntelchen der Flexibilisierung, bekanntlich einem Synonym für: Die Arbeitgeber können machen, was wie wollen.

Fake und falsch

Noch schlimmer: Die Vorlage läuft unter dem Namen Elternzeit, ein klarer Fall von Fake! Denn mit einer fortschrittlichen Elternzeit hat es rein gar nichts zu tun, wenn Mütter 8 Wochen nach der Geburt wieder arbeiten sollen. Aber genauso preist FDP-­Nationalrat Andri Silberschmidt die Abbau-Vorlage an. Ausgerechnet er, der eben selbst Papi ge­worden ist. Bei ihm klingt das dann so: «Als frischgebackener Vater wird mir immer deutlicher: Es ist Zeit für eine moderne, liberale Familienpolitik.» Und weiter: «Die Eltern brauchen viel mehr Freiheit in der Gestaltung des Urlaubes.» Was für eine verquere Vorstellung von moderner Freiheit. Fortschrittlich wären mindestens je 18 Wochen, für Mütter und für Väter, wie es ein aktueller Vorstoss fordert.

Heilung und Hormone

Und was für eine seltsame Vorstellung von Gleichberechtigung. Vielleicht hat Silberschmidt der Hebamme nicht so genau zugehört. Denn ja, selbstverständlich können Väter auch bei Neugeborenen eine zentrale und wichtige Rolle übernehmen. Aber nein, Vater sein und Mutter sein ist nicht das Gleiche, da gibt es ja bekanntlich den kleinen Unterschied. Und der wirkt sich nach einer Geburt ungefähr so aus: Die Heilung der Geburtswunden dauert mindestens 8 Wochen, mindestens! Bei einem Kaiserschnitt sind es ­12 Wochen. Nach 6 Monaten funktioniert die Bauchmuskulatur wieder, der Beckenboden erst nach 6 bis 9 Monaten. Von hormonellen Umstellungen und möglichen Stillkomplikationen ganz zu schweigen. So viel zur Biologie.

Angriff oder Ausrutscher

Bleibt zu hoffen, dass der Entscheid der Kommission ein Ausrutscher war. Und nicht ein Zeichen dafür, dass das weltweite und in seiner perfiden Vorsätzlichkeit neuartige Phänomen der gezielten Angriffe auf die Rechte der Frauen auch in der Schweiz angekommen ist.

Was läuft am 14. Juni?

Der diesjährige Frauenstreik steht unter dem Motto «Kein Schritt zurück – gemeinsam für Gleichstellung!»

In 25 Städten und Gemeinden sind an diesem Samstag, 14. Juni, Kundgebungen und Demonstrationen für mehr Gleichstellung geplant.

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