Bildungsreform in der Lehre
FDP inszeniert sich als Retterin der Stifti

Der allgemeinbildende Unterricht (ABU) sollte ab 2026 mit einer schriftlichen Arbeit statt mit einer Prüfung abgeschlossen werden. Doch aus dieser längst fälligen Reform wird nichts. Auch weil sie FDP-Chef Burkhard nicht in den Kram passt.  

DOPPELMORAL: Die FDP wettert gegen Künstliche Intelligenz, nutzt aber selber gerne KI-Bilder. (Foto: KI-generiert von der FDP)

Seit 2019 liegt die längst fällige Revision der Lehrpläne in den Berufsschulen bereit. Doch dann entdeckte FDP-Chef und Rechtsanwalt Thierry Burckhard eher unerwartet die Berufsbildung und entfachte ein Feuer rund um den Lehrabschluss für den allgemeinbildenden Unterricht (ABU). Das Schulfach ABU besuchen Lernende, welche Polymechaniker, Zeichnerin, Detailhändler, Maurer, Zimmerin, Coiffeur, Floristin und viele weitere Berufe werden wollen. Mit der Bildungsreform sollten diese Lehrberufe das Fach ABU statt mit einer Prüfung mit einer schritlichen Arbeit abschliessen.  

Das passte Burkhardt nicht in den Kram. «Die Schweiz braucht mündige, demokratiereife Bürgerinnen und Bürger. […] Allgemeinbildung kann sich doch nicht darauf beschränken, künstliche Intelligenz zu bedienen. Schülerinnen und Schüler müssen bei Prüfungen ihr Wissen unter Beweis stellen. Ihre Hausarbeiten könnten sie dagegen einfach von einer künstlichen Intelligenz schreiben lassen», schreibt Burkhardt auf dem sozialen Netzwerk Linkedin. Totale Doppelmoral: gleichzeitig bedient sich die Kommunikationsabteilung der FDP munter an KI-generierten Fotos.

Verpasste Chance

Der Bundesrat knickte schliesslich ein und kommuniziert: die Abschlussprüfung bleibt. Die vermeintliche Rettungsaktion der FDP ist pure Posse. Nicole Cornu, Zentralsekretärin des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes und zuständig für das Dossier Bildungspolitik und Jugend, sagt:

Die FDP hat erst letztes Jahr das Thema Bildung neu für sich entdeckt. Ihr Papier zum Thema Berufsbildung wurde seit über zehn Jahren nicht aktualisiert. Bei dieser Berufsbildungsreform waren sie kein relevanter Player»

Schriftliche Arbeit statt Abschlussprüfung – damit wären (fast) alle einverstanden gewesen. Doch eine Arbeit alleine reicht jetzt nicht, eine Prüfung ist Pflicht. «Dass jeder Kanton selber entscheiden kann, ob er die ABU Abschlussprüfung mündlich oder schriftlich anbieten will, ist zwar kein Rückschritt, aber eine verpasste Chance bezüglich der nationalen Einheit und der Chancengerechtigkeit», so Cornu. Denn der Lehrplan wurde seit 20 Jahren nicht mehr reformiert. Zu lange, findet Cornu:

In 20 Jahren hat sich enorm viel gewandelt, gerade im Bereich der digitalen Transformation, des Klimawandels und der nachhaltigen Entwicklung. Es ist deshalb wichtig, dass das Allgemeinwissen der Lernenden gestärkt wird und auf dem neusten Stand ist.

ABU ist wichtig

Wie umfassend das Fach ist, zeigt ein Einblick in den Lehrplan für angehende Zeichnerinnen und Zeichner an der Baugewerblichen Berufsschule Zürich. Die Themen: Einstieg ins Berufsleben, Geld und Konsum, Schweizer Politik sowie Arbeit und Zukunft. Genauso wichtig: der Lernbereich Sprache und Kommunikation, Hörverstehen, Präsentationen, Texte schreiben sind Teil des Unterrichts.

Dazu Cornu vom SGB:

Die meisten Personen bleiben nicht ihr Leben lang im gleichen Beruf, den sie ursprünglich einmal erlernt haben. Umso wichtiger ist es, ihnen nicht nur Wissen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft weiterzugeben, sondern ihnen praxisbezogen den Erwerb von Handlungskompetenzen zu ermöglichen wie z.B. kritisches Denken, Kollaboration, Kommunikation und Kreativität.

Umso wichtiger ist es, nicht nur im Unterricht, sondern auch beim Lehrabschluss mit der Zeit zu gehen.  

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