DER KRIEG MUSS ENDEN: Der Schweizerische Gewerkschaftsbund setzt sich dafür ein, dass die Menschen
in der Ukraine wieder in vollständiger Souveränität leben können. (Foto: Keystone)
RESOLUTION
Der russische Aggressionskrieg gegen die Ukraine geht unaufhaltsam und mit extremer Brutalität weiter, auch nach mehr als 2 Jahren. Das Leid für die Menschen und für die Gesellschaft ist unermesslich. Lebenswichtige Infrastrukturen, ganze Städte und Dörfer, Fabriken, Lagerhallen, Einkaufszentren, Spitäler werden von der russischen Armee dem Erdboden gleichgemacht. Die Menschen in den von der russischen Armee eroberten Gebieten werden oft gefoltert und massakriert oder in Konzentrationslager zur «Filtration» gesteckt, und Tausende von Kindern werden nach Russland entführt und russifiziert.
Der SGB setzt sich für einen gerechten Frieden für die Ukraine ein, für die vollständige Souveränität der Ukraine in ihren völkerrechtlich anerkannten Grenzen von 2013 und die Anerkennung der ukrainischen Selbstbestimmung, Demokratie und ihren Weg nach Europa.
Die Kosten für den Wiederaufbau der Infrastrukturen liegen schon heute um die 500 Mrd. Euro. Mit der Fortsetzung des Krieges werden sie bald auf 750 Mrd. steigen. Das menschliche Leid im Herzen Europas kann derweil nicht in Geldsummen bewertet werden und ist unermesslich.
Der Internationale Gewerkschaftsbund (IGB), der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) und der Paneuropäische Gewerkschaftsrat (PERC) fordern die Mitgliedergewerkschaften auf, weiterhin und sogar verstärkt volle Solidarität für die Ukraine und die ukrainischen Gewerkschaften und Arbeitnehmer zu zeigen: mit Resolutionen, Spenden und gewerkschaftlichen und politischen Aktivitäten. Der SGB kommt dieser Aufforderung nach.
Die internationale Solidarität aller Länder sowie von allen sozialen und politischen Kräften, die für Menschenrechte, Selbstbestimmung der Völker, Demokratie und einen gerechten Frieden einstehen, ist umso wichtiger, als in den letzten Wochen und Monaten die russische Armee immer mehr ukrainische Gebiete und Zivilisten angreift. Das gilt auch für uns Gewerkschaften und für die Schweiz.
Im Hinblick auf die Geldgeberkonferenz zum Wiederaufbau der Ukraine 2024 im Juni in Berlin und die Bürgenstock-Friedenskonferenz im Juni in der Schweiz fordern die SGB-Delegierten im Einklang mit IGB, EGB und PERC den Bundesrat auf, sich dafür einzusetzen, dass
- an der Geldgeberkonferenz 2024 in Berlin die soziale Dimension beim Wiederaufbau der Infrastrukturen explizit berücksichtigt wird: Die Leitlinien der «Decent Work»-Agenda der ILO, der «soziale Dialog» und die ILO-Arbeitsklauseln in den Verträgen müssen von den Geldgebern gegenüber den ukrainischen Behörden und den multinationalen Unternehmen als Richtschnur für einen nachhaltigen Wiederaufbau eingefordert werden. Ohne diese ILO-Mindeststandards droht die völlige Verwilderung des Arbeitsmarktes, wie frühere Erfahrungen in ähnlichen Prozessen zeigten.
- an der Friedenskonferenz 2024 auf dem Bürgenstock die sogenannten Lugano-Prinzipien (Guiding principles for Ucraine’s recovery process» von 2022) weiterentwickelt bzw. ergänzt werden. Es braucht eine explizite Berücksichtigung der sozialen Dimension, im Sinne der Förderung der Sozialpartnerschaft (sozialer Dialog) und ihrer Institutionen und der ILO-Grundnormen.
Mit Blick auf den Schweizer Beitrag zur zivilen Hilfe für die Ukraine sind die SGB-Delegierten der festen Überzeugung, dass die Schweiz endlich grosszügig sein soll. Diesbezüglich fordern wir Bundesrat und Parlament auf,
- die angekündigten 5 Mrd. Fr. zugunsten der Ukraine so schnell wie möglich freizugeben; sie dürfen aber auf keinen Fall zulasten der ordentlichen Entwicklungshilfe, z. B. in der südlichen Hemisphäre, gehen. Es braucht eine separate Finanzierung, am besten mit einer separaten Gesetzgebung, wie damals für die Schweizer Hilfe zur Transformation der mittel- und osteuropäischen Länder.
- in der Ukraine-Strategie der Schweiz den Stellenwert der sozialen, tripartiten und sozialpartnerschaftlichen Dimension hervorzuheben. Ein Teil der Schweizer Mittel soll zur Stärkung des «sozialen Dialogs» bzw. des Tripartismus mit den Gewerkschaften, der Berufs- und Weiterbildung, des Gesundheitsschutzes und der Arbeitssicherheit (u. a. Umgang mit Asbest) usw. eingesetzt werden.
Im Einklang mit den ukrainischen Gewerkschaften und der internationalen Gewerkschaftsbewegung sowie der ILO fordern wir die ukrainischen Behörden eindringlich auf, eine Reform des «Code of Labour» zu verabschieden, die die ILO-Grundnormen und die EU-Sozialstandards respektiert und den Gewerkschaften eine starke Stellung gibt. Ohne diese kann der Wiederaufbau keine erfolgreiche Zukunft haben.
Weiter setzen sich der SGB und seine Verbände sowie zugewandte Organisationen wie Solifonds und Solidar wie bisher ein für konkrete Hilfe und Projekte mit und in Absprache mit den ukrainischen Gewerkschaften.