Nächste Mindestlohn-Initiative steht

Wallis: 5008 Unterschriften für 22 Franken pro Stunde eingereicht

Clemens Studer

10 Prozent der Lohnabhängigen im Wallis verdienen trotz 100-Prozent-Job weniger als 4000 Franken. Dem wollen Gewerkschaften, Hilfswerke und fortschrittliche Parteien ein Ende machen. Diese Woche haben sie ihre Mindestlohninitiative eingereicht.

GROSSE UNTERSTÜTZUNG: Die Gewerkschaften und ihre Bündnispartner haben im Wallis über 5000 Unterschriften für ihre Mindestlohn-Initiative gesammelt, die sie nun eingereicht haben. (Foto: Unia)

Die Mindestlohnwelle rollt weiter: Am 12. Januar hat ein breites, fortschrittliches Bündnis die Walliser Mindestlohninitiative eingereicht – mit 5008 Unterschriften über einen Viertel mehr, als nötig gewesen wären. Die Initiative fordert einen gesetzlichen Mindeststundenlohn von 22 Franken, was einem Monatslohn von brutto rund 4000 Franken entspricht. Für die Bauern ist eine Ausnahme vorgesehen: im Landwirtschaftssektor soll der Mindestlohn bei 18 Franken liegen.

10 PROZENT HABEN WENIGER

Aktuell verdienen 10 Prozent der Walliser Lohnabhängigen weniger als 4000 Franken im Monat. Laut Unia Wallis soll die Initiative «dazu beitragen, die Würde der Arbeitnehmenden zu gewährleisten. Ihre Umsetzung wäre auch ein wirksames Instrument im Kampf gegen Lohndumping und unseriöse Arbeitgeber in Branchen, in denen es keine Gesamtarbeitsverträge mit verbindlichen Mindestlöhnen gibt.»

ES GEHT WEITER

Die Walliser Initiative steht nicht allein da. Seit 2014 haben die Kantone Neuenburg, Jura, Genf, Tessin und Basel-Stadt Ja zu entsprechenden Volksinitiativen gesagt und Mindestlöhne eingeführt. Aktuell sind ausser im Wallis auch Initiativen in den Kantonen Basel-Landschaft, Waadt, Freiburg und in der Stadt Luzern eingereicht und im politischen Prozess. Im Kanton Solothurn werden Unterschriften gesammelt. Und in den Kantonen Appenzell Ausserrhoden, Schaffhausen, St. Gallen und Thurgau sowie in den Städten Bern und Biel finden Diskussionen statt, welche Wege für die Einführung eines Mindestlohns eingeschlagen werden sollen.

DUMPINGLOHN-KOALITION

Im vergangenen Juni haben die Stimmenden in Zürich und Winterthur mit 69 beziehungsweise 66 Prozent deutlich Ja zu städtischen Mindestlöhnen gesagt. Ihre Einführung verzögert jetzt eine Hungerlohn-Koalition um Mitte-Nationalrätin Nicole Barandun. Nachdem der Bezirksrat ihre Beschwerde abgewiesen hat, ziehen die Gewerbe- und Arbeitgeberverbände das Urteil ans Verwaltungsgericht weiter. Ihr trauriges Vorbild dürften die Neuenburger Arbeitgeber sein, die nach einem Volks-Ja zu kantonalen Mindestlöhnen bis vor Bundesgericht zogen, um die Einführung von Mindestlöhnen so lange wie möglich zu verzögern und die Überausbeutung der Geringverdienenden durch Dumping-Arbeitgeber zu verlängern. Es gelang ihnen während sechs Jahren, bis das höchste Gericht entschied: kantonale Mindestlöhne sind erlaubt.

NATIONALE ANGRIFFE

Arbeitgeber-Ideologen und ihre Politikerinnen und Politiker wollen keine Mindestlöhne. Nicht in Gesamtarbeitsverträgen, nicht in der Bundesverfassung, nicht in Kantonsverfassungen, nicht in Städten. Weil das Volk in immer mehr Kantonen und Städten Mindestlöhne beschliesst, wollen die aufgeschreckten Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber jetzt über ihre rechte Parlamentsmehrheit kantonale und städtische Mindestlöhne von GAV übersteuern lassen. Und pfeifen dabei auf den Föderalismus, den sie so gerne gegen einen nationalen Mindestlohn ins Feld führen. Und auch die Verfassung ist ihnen egal: Denn wird die Motion umgesetzt, werden vom Volk bestätigte kantonale Mindestlohnbestimmungen ungültig. Dabei ist das Recht der Kantone, sozialpolitische Gesetze zu erlassen – und darunter fallen Mindestlöhne –, in der Bundesverfassung festgehalten.


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