Abstimmung vom 3. März: Der AHV-Dreizehnte ist dringend nötig

Ein paar Fakten gegen die rechte Panikmache

Clemens Studer

Der Kaufkraftverlust der Rentnerinnen und Rentner ist enorm. Eine 13. AHV- Rente könnte ihn ein wenig ausgleichen. Jetzt verkaufen Gegnerinnen und Gegner alte falsche Behauptungen als neue Erkenntnisse. Ein paar Fakten und ein paar Richtigstellungen.

LEERES PORTEMONNAIE: Viele Rentnerinnen und Rentner haben Mühe, über die Runden zu kommen. Der AHV geht es finanziell gut genug, um diesen Menschen zu helfen. (Foto: Shutterstock)

Ist die AHV bald bankrott?

Im Gegenteil! Auch wenn die Finanzindustrie, Arbeitgeberverbände und die Bundesverwaltung die AHV seit Jahrzehnten krank bis tot rechnen: Sie ist kerngesund. Die Realität hat die Horrorprognosen immer widerlegt. Denn diese hatten stets politische Schlagseite: Mit der Dauerbehauptung der Krise in der AHV wollte man sie kleinhalten. Zwischendurch gab das Bundesamt für Sozialversicherung auch mal einen «Rechnungsfehler» zu (2009), um dann aber weiterhin zuverlässig Untergangsprognosen zu verkünden. Keines der prophezeiten Milliardenlöcher hat sich je aufgetan. Mit diesen falschen Prognosen wird seit über 20 Jahren falsche Politik für die Mehrheit in diesem Land gemacht und werden angeblich dringend nötige Sparmassnahmen aufgegleist. Aktuell will FDP-Bundesrätin Karin Keller-Sutter (die 259 Milliarden für die CS-Rettung aus dem Hut zauberte) die Witwenrenten faktisch abschaffen. Tatsache ist: Die AHV ist solide finanziert und schreibt auch in den nächsten Jahren Milliardengewinne. Dabei sind ihre Reserven heute bereits so hoch wie nie zuvor.

Wieso sollen auch Milliardäre eine 13. AHV-Rente bekommen?

Nur denen, die es nötig haben, soll mehr AHV ausbezahlt werden. Das tönt auf den ersten Blick vernünftig. Ist aber eine rechte Falle. Denn die grosse Stärke der AHV ist, dass der UBS-Boss mehr einbezahlt als die Verkäuferin, seine Rente aber trotzdem gedeckelt ist. Schon AHV- Vater Hans-Peter Tschudi sagte: «Der Reiche braucht die AHV nicht, aber die AHV den Reichen.» Würden jetzt nicht alle eine 13.Rente erhalten, würden die Superverdiener bald verlangen, dass sie nicht mehr auf den ganzen Lohn AHV-Beiträge abliefern müssten. Das wäre das Ende der solidarischen Finanzierung, die unsere AHV so sicher und solide macht. Auf den Punkt: Wer jetzt gegen das «Giesskannenprinzip» polemisiert, will in Wahrheit den Gartenschlauch von den höchsten Einkommen zur AHV abklemmen.

Waren die rechten Parteien schon immer so geizig?

So richtig begeistert waren die Sponsoren der bürgerlichen Parteien von der solidarisch finan- zierten AHV nie. Es gab aber tatsächlich auch schon mal andere Zeiten, als auch die bürgerlichen Parteien Verantwortung für eine soziale Altersvorsorge übernahmen. Zum Beispiel in den 1970er Jahren, als das Parlament die AHV- Renten verdoppelte (!). Bald danach setzte die marktradikale ideologische Wende ein. Seither wollen FDP und SVP die Sozialwerke nicht nur nicht mehr stärken, sondern schwächen sie, wann immer sie können. In den letzten Jahren tatkräftig unterstützt von der GLP.

Kassieren «die Ausländer» ab?

Das alte üble Motto von den Rechten: Wenn nichts mehr geht, geht ein bisschen Auslän- derhass immer. Offen oder verklausuliert. Tatsache ist: Menschen ohne Schweizer Pass be- zahlen mehr in die AHV ein, als sie beziehen. Sie leisten 32 Prozent der Beiträge und erhalten 18 Prozent der Renten. Und wer die Schweiz verlässt, hat keinen Anspruch auf Ergänzungsleistungen (gilt auch für Schweizerinnen und Schweizer).

Warum sinken die Renten-Einkommen so massiv?

Die AHV-Renten sind stabil. Dagegen sinken die Pensionskassen-Renten seit Jahren, obwohl immer höhere Lohnbeiträge an Banken und Versicherungen fliessen. Die Ursachen: Mit dem Altersguthaben der Versicherten wird im internationalen Finanzcasino spekuliert. Das ist gut für Banken und Versicherungen, ihre Abzocker- Manager und ihr Aktionariat. Nicht gut aber ist das für die Versicherten, an deren Altersvorsorge sich auch noch sogenannte Makler schamlos bedienen. Gleichzeitig sind Teuerung, Mieten und die Krankenkassenprämien massiv gestiegen. Der Kauf kraftverlust ist unterdessen bis weit in die Mittelschicht dramatisch.

Wir werden immer älter. Das ist doch ein Problem!

Nein, das ist in erster Linie eine gute Nachricht. Die Zunahme der Lebenserwartung ist ein Spiegel des wirtschaftlichen, sozialen und medizinischen Fortschritts. Wenn die Wirtschaft wächst, die Produktivität steigt und die Löhne damit Schritt halten, steigen auch die Einnahmen der AHV aus den Lohnprozenten. Das ermöglicht es, die Alterung der Bevölkerung zu einem grossen Teil aufzufangen. Ausserdem ist der Anteil der Einwohnerinnen und Einwohner zwischen 15 und 64 Jahren, die Erwerbsarbeit leisten, in der Schweiz im internationalen Vergleich sehr hoch. Auch weil immer mehr Frauen berufstätig sind. Der nackte Vergleich der Anzahl Berufstätigen zu Rentnerinnen und Rentnern ist also eher nichtssagend. Ein Beispiel: Um eine AHV- Höchstrente zu finanzieren, brauchte es 1950 die Beiträge aus der Lohnsumme von 7,3 Beschäftigten. Heute bräuchte es für diese Rente zu heutigen Preisen nur noch die Lohnsumme von etwas über 1,5 Beschäftigten. Kurz: Weil die Produktivität steigt, steigen die Löhne und damit die Einnahmen der AHV. Darum braucht es zur Finanzierung einer Rente immer weniger Beschäftigte.

Ist die Abstimmung schon gewonnen?

Nein! Nein! Und nochmals nein! Die Umfragen sehen zwar momentan gut aus. Doch es kommt bis zum 3.März auf jede Stimme an. Die AHV- Gegnerinnen und -Gegner werden noch alles in den Abstimmungskampf werfen, was sie können. Was ihnen an Argumenten fehlt, werden sie mit Geld wettzumachen versuchen. Banken und Versicherungen pumpen mindestens 3 500 000 Franken in ihre Nein-Kampagne. Das ist drei Mal mehr, als die Gewerkschaften für den Abstimmungskampf zur Verfügung haben. Umso wichtiger ist das persönliche Engagement aller, denen es wichtig ist, dass alle in diesem Land auch im Alter in Würde leben können. Dann ist es möglich, am 3.März Geschichte zu schreiben.

 


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