Immer länger lädelen? Da machen die Verkäuferinnen nicht mit

«Hände weg von unserem arbeitsfreien Sonntag!»

work

Turbo-Lädelerinnen und -lädeler wollen dem freien Sonntag an den Kragen. Mit freundlicher Unterstützung von Wirtschaftsminister Guy Parmelin (SVP). Doch den Preis der Sonntagsverkäufe bezahlen die Verkäuferinnen, und der ist alles andere als ein Schnäppchen.

Coop-Verkäuferin Consuelo Gertschen (57) «Am Sonntag besuche ich meine kranke Mutter»

Foto: Michael Schoch

Ich bin zweifache Grossmutter und gelernte Papeteristin. Seit vielen Jahren arbeite ich als Coop-Verkäuferin im Supermarkt Winkelried in Luzern. Als die Kinder klein waren, musste ich als Kioskverkäuferin am Sonntagmorgen um halb acht den Rollladen hochfahren. Als alleinerziehende Mutter war die Kinderbetreuung an diesem Tag natürlich immer eine Herausforderung. Meine Eltern haben zum Glück ganz in der Nähe gewohnt und dann am Sonntagmorgen zu den Kindern geschaut.

KEINE ENERGIE. Jetzt sind die Kinder erwachsen, aber der Sonntag ist jetzt der Tag, an dem ich meine an Alzheimer erkrankte Mutter im Heim besuchen gehen kann. Im Verkauf haben wir den Samstag nicht frei, und jetzt wollen sie uns auch noch den Sonntag aufdrücken. Das geht gar nicht! Die Arbeitstage sind im Verkauf sehr lang, von morgens um sieben bis abends um sieben. Es bleibt am Abend weder Zeit noch Energie für ein Hobby oder einen Verein. Der Sonntag ist da der Moment zum ­‹dureschnuufe› oder eben auch für das ­Sozialleben, das mit den langen Arbeitstagen unter der Woche kaum möglich ist. Daher: Hände weg vom arbeitsfreien Sonntag!»


Jumbo-Kassierin Kerstin Maurhofer (53) «Sonntagsverkauf ist für d Füchs»

Foto: Florian Aicher

Ich arbeite als Kassierin in einer 70-Prozent-Stelle im Jumbo in Winterthur. Meine Kinder sind vor kurzem von zu Hause ausgezogen. Als sie noch klein waren, habe ich als Verkäuferin beim Volg in einem Tankstellenshop die Sonntagsschicht übernommen. Zuerst dachte ich, es wäre cool, weil in dieser Zeit mein Mann für die Kinder zu Hause war. Doch ich habe trotz Sonntagszulage einen hohen Preis bezahlt. Man verpasst viel vom Sozialleben. Wenn du um 14 Uhr mit der Frühschicht fertig bist, bist du auf der ‹Schnurre›.

KEIN ERFOLG. Auch im Mediamarkt musste ich als Verkäuferin vor Weihnachten beim Sonntagsverkauf mitmachen. Das war für d Füchs. Die Leute kamen vor allem zum Schauen, aber verkauft haben wir am Sonntag nur sehr wenig. Für mich braucht es keinen Sonntagverkauf. Die Leute werden einfach bequemer, aber sie überlegen nicht, dass mit dem Sonntagsverkauf auch viel mehr Leute arbeiten müssen.»


Coop-Verkäuferin Regina Karich (51) «Die Personalkosten sind oft höher als der Gewinn»

Foto: ZVG

Ich feiere keine Weihnachten, und mir macht es daher persönlich nichts aus, auch mal an einem Sonntag vor Weihnachten im Laden zu stehen. Seit 22 Jahren arbeite ich in Muri im Kanton Aargau im Verkauf und habe dort schon manchen Sonntagsverkauf mitgemacht. Auch dieses Jahr werde ich zwei Sonntagsschichten übernehmen, um damit meine Kolleginnen mit kleineren Kindern zu entlasten. Grundsätzlich finde ich die Sonntagsverkäufe aber völlig übertrieben. Wir haben alle einen Kühlschrank zu Hause, da können wir doch problemlos auch mal drei Tage ohne Shopping überleben.

KEIN VERSTÄNDNIS. Manchmal kommen die Leute im Laden zu mir und haben Mitleid, wenn ich an einem Sonntag arbeiten muss. Dann frage ich zurück: ‹Warum kommt ihr am Sonntag überhaupt hier in den Laden, wenn es euch leidtut?› In einem grossen Shoppingcenter wie dem Tivoli in Spreitenbach müssen in den 150 Shops und Restaurants für den Sonntagsverkauf Hunderte von Menschen arbeiten. Absurderweise sind die Personalkosten für kleinere Läden beim Sonntagsverkauf oft höher als der Gewinn, der an einem solchen Tag gemacht wird.»

 

 


Weitere Artikel zum Thema:

1 Kommentar

  1. Franziska Hulliger

    Sonntagsarbeit ist für die Füchse. Wo bleibt denn da noch das Familienleben. Während der Mann und die Kinder zusammen den Sonntag geniessen muss die Frau arbeiten. Wer fehlt ist die Mutter, weil sie ja Arbeiten muss. Sonntagsarbeit sollte man grundsätzlich verbieten. Ich staune immer wieder das Eltern dann mit den Kindern shoppen gehen. Wissen diese Eltern sonst nicht was sie mit ihren Kindern machen sollen? Ohne Rücksicht auf Verlust und ohne Nachzudenken das die Verkäuferinnen/Verkäufer auch gerne bei ihrer Familie währen benutzen sie den Sonntag als Zeitvertreib. Dabei gäbe es so viele Dinge die man in und mit der Familie machen könnte. Der Fantasie sind da keine Grenzen gesetzt. Lädele an einem Sonntag gehört nicht in den Zeitvertreib nur weil einem Langweilig ist.

Schreibe einen Kommentar

Bitte fülle alle mit * gekennzeichneten Felder aus.