Nach dem Affront gegen die Smoodeurs und gegen die Unia:

Genfer protestieren gegen den Smood-GAV

Marie-Josée Kuhn

Die Kritik am Lieferdienst Smood und am Hinterrücksvertrag mit ­Syndicom bricht nicht ab.

«SMOOD KASSIERT, DIE MIGROS PROFITIERT»: Aktion der Smood-Fahrerinnen und -Fahrer in Genf. (Foto: Laurent Guiraud / Tribune de Genève)

Am 9. Juni protestierten erneut aufgebrachte Fahrerinnen und Fahrer des Lieferdienstes Smood unter dem Motto: «Smood kassiert, die Migros profitiert.» Diesmal versammelten sie sich vor einer Genfer Migros-Filia­le. Der Ort war gezielt gewählt, denn die Migros Genf ist Aktionärin und Kundin von Smood. Support bei ihrer Aktion erhielten die Smoodeurs vom Genfer Unterstützungskomitee, das bereits auch ihren Streik begleitet hatte.

Zur Erinnerung: Während fünf Wochen streikten im letzten Winter Smood-Fahrerinnen und Fahrer in elf Städten gegen ihre Arbeitsbedingungen. Und die Gewerkschaft Unia unterstützte sie. Es war der grösste Arbeitskampf, den die Schweiz seit längerer Zeit gesehen hatte. Die Smoodeurs verlangten bessere Löhne, faire Spesen, Schluss mit Gratisarbeit usw. Am Ende des Streiks schaltete sich dann die Schlichtungsbehörde des Kantons Genf in den Arbeitskonflikt ein und empfahl Smood, zentrale Forderungen der Fahrerinnen und Fahrer umzusetzen. Doch es passierte nichts. Das Unternehmen liess sich nicht bewegen. Deshalb reichten mehrere Smoodeurs Klage gegen Smood ein.

Der Syndicom-Smood-GAV ist «ein Papiertiger».

VERTRAUENSBRUCH

Doch dann kam der 19. Mai. Plötzlich verkündeten Smood und die Minderheitsgewerkschaft Syndicom, sie hätten zusammen einen Gesamtarbeitsvertrag abgeschlossen. Ein massiver Affront sowohl für die Smoodeurs als auch für die Mehrheitsgewerkschaft Unia, der 160 Fahrende das Mandat zum Verhandeln gegeben hatten. Denn Smood und Syndicom hatten ohne das Wissen der Fahrerinnen und Fahrer und der Unia verhandelt. Und zwar schon während des Streiks. Stimmen in der Unia verurteilten diesen Hinterrücksvertrag deshalb scharf – als «Vertrauensbruch». Ähnlich heftig reagierte auch der Genfer Gewerkschaftsbund in einer Resolution an SGB-Chef Pierre-Yves Maillard. Und verlangte dringend mehr intergewerkschaftliche und loyale Zusammenarbeit.

Für die protestierenden Smoodeurs vor der Genfer Migros-Filiale ist dieser Syndicom-Smood-GAV ebenfalls nicht akzeptabel, sie nennen ihn «einen Papiertiger und der Migros unwürdig». Denn er ist nicht einmal gut. In wichtigen Streitpunkten fällt er sogar hinter das zurück, was die Schlichtungsbehörde des Kantons Genf empfiehlt. Zum Beispiel beim Lohn. Das zeigt der Vergleich, den work zusammengestellt hat (rebrand.ly/hinterruecks-vertrag).

UNDEMOKRATISCH

Heftige Kritik gab’s an der Genfer Protestaktion auch an der Art und Weise, wie Smood seine Mitarbeitenden über den Vertrag hat abstimmen lassen: «Die Konsultation dauerte nur zwei Tage, und Smood legte den Mitarbeitenden weder den ganzen Vertragstext vor, wie das sonst üblich ist, noch garantierte das Unternehmen ihnen Anonymität.» Kein Wunder bei einem solchen undemokratischen Verfahren, dass die Mehrheit der Mitarbeitenden zustimmte. Pikant: Im GAV-Text steht sogar, dass eine Ablehnung des GAV zu einer Kündigung führen könne. Das ist abschreckend. Für die Protestierenden vor der Migros les Augustins war deshalb klar: «Smood verhöhnt das Arbeitsrecht.» Und die Minderheitsgewerkschaft Syndicom lässt das einfach zu.


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