Doch keine Gewerkschaft bei Onlinemulti Amazon in Bessemer (USA):

Amazons Angstmacherei hat gewirkt

Ralph Hug

Erstmals versuchte eine US-Gewerkschaft, bei Amazon Fuss zu fassen. Leider noch ohne Erfolg.

ARBEITERINNEN GEGEN AMAZON: Die Mehrheit der Amazon-Mitarbeitenden in Bessemer, Alabama, sind afroamerikanische Frauen. Und diese wollen gesehen und angehört werden – und einen menschenwürdigen Job. (Foto: democracynow.org)

Es war ein Votum der Angst. 738 Angestellte sagten Ja, doch 1798 sagten Nein. Damit ist der Versuch der Handelsgewerkschaft RWDSU gescheitert, erstmals beim weltgrössten Onlinehändler Amazon Fuss zu fassen. Konzernchef Jeff Bezos, der reichste Mann der Welt, geht als Sieger vom Platz. Zumindest für den Moment. Die halbe Welt hatte auf Bessemer (Alabama) geblickt, wo Amazon ein grosses Verteilzentrum unterhält. Dort entwürdigt der Milliardenkonzern die meist afroamerikanischen Mitarbeitenden zu reinen Robotern. Zehn-Stunden-Schichten und ausgeklügelte Überwachungsmethoden sind normal. Wer Pinkelpause macht, muss Nachteile befürchten.

Mit üblen Tricks und Lügen hatte Amazon versucht, die Mitarbeitenden einzuschüchtern. So erhielten sie wochenlang Mails mit anti­gewerkschaftlichen Inhalten oder mussten zu Meetings antraben, wo Manager die Gewerkschaften als beitragshungrige Apparate bezeichneten (work berichtete).

DEBATTE

Die Niederlage in Bessemer hat weit über die USA hinaus Debatten über die richtige Strategie in Fragen der gewerkschaftlichen Organisierung ausgelöst. Erfahrene Kritikerinnen wie Jane McAlevey werfen der RWDSU Fehler vor. Sie habe von oben herab statt von unten gemeinsam mit den Betroffenen gehandelt. Angesichts der ­Totalüberwachung sei es verfehlt ­gewesen, die Leute nur vor dem ­Betrieb anzusprechen. Vielmehr hätte man sie zu Hause aufsuchen müssen, so McAlevey. Auch kritisiert sie falsche Botschaften. Statt «Die Gewerkschaft ist an deiner Seite» hätte es heissen müssen: «Wenn ihr zusammensteht, könnt ihr gewinnen».

Wer nun aber meint, die US-Arbeiterbewegung sei tot, wird gerade in Alabama eines Besseren belehrt. Seit Anfang April streiken tausend Kohlearbeiter für bessere Löhne und mehr Gesundheitsschutz.

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