Das offene Ohr

RS: Wieso erhalte ich nicht 80 Prozent meines Lohnes?

David Aeby von der Unia-Rechtsabteilung beantwortet Fragen aus der Arbeitswelt.

Ich arbeite in einem Büro als kaufmännischer Angestellter und verdiene ­monatlich 5000 Franken. Nun musste ich in die Rekrutenschule einrücken und sah auf meiner Lohnabrechnung, dass ich in dieser Zeit nur 2500 Franken verdiene. Dabei hat mir ein Kollege gesagt, man bekomme während des Militärs von seinem Arbeitgeber 80 Prozent des Lohnes. Müsste ich nicht 4000 Franken bekommen?

STRAMM UND KLAMM: Während der RS gibt es nur 62 Franken pro Tag. (Foto: Keystone)

David Aeby: Nein. Die Ausgleichskasse zahlt zwar grundsätzlich dem Arbeitgeber für seine Angestellten 80 Prozent des Lohnes für militärbedingte Abwesen­heiten. Dies gilt aber nur für die Wieder­holungskurse (WK), «normale» Zivil­diensteinsätze und Zivilschutzeinsätze. Die Rekrutenschule (RS) sowie der ­«lange» Zivildiensteinsatz sind davon ausgenommen. Für diese Zeit zahlt die Ausgleichskasse lediglich 62 Franken Erwerbsersatz pro Tag. Dies ergibt monatlich 1860 Franken. Dieser Betrag ist ­immer gleich hoch, egal wie gut verdienend der jeweilige Rekrut ist. Wenn er arbeitslos ist oder Student, erhält er dieses Geld direkt von der Ausgleichskasse ausbezahlt. Sonst, wie in Ihrem Fall, über den Arbeitgeber. Viele Arbeitgeber zahlen ihren Angestellten während der RS freiwillig etwas mehr als diese 1860 Franken. So sehen einige Gesamtarbeitsverträge eine Lohnzahlung von 50 Prozent während der RS vor. Ihre Firma handhabt das offensichtlich auch so.

6 Kommentare

  1. Paul Hollenstein

    Eine erstaunliche, weil falsche Beratung zum Nachteile der Arbeitnehmer (!) durch die Gewerkschaftszeitung.
    Richtig ist, dass während der „beschränkten Zeit“ gemäss Art. 324a Abs. 2 OR auch während der Rekrutenschule ein Anspruch auf 80% des Lohnes besteht (Art. 324b Abs. 1 OR). Dass dies nur für die Wieder­holungskurse (WK), «normale» Zivil­diensteinsätze und Zivilschutzeinsätze gelte, wie im Artikel behauptet wird, ist falsch. Art. 324b Abs. 1 OR trifft keine derartige Differenzierung.

  2. Leider ist es nun ja so, dass der „Spass“ von RS und WK trotz Entschädigung dem Arbeitgeber ein grosses Problem nicht abnimmt: Einen Haufen unerledigter Arbeit. Ich würde mir wünschen, dass die Wirtschafts- und Industrieverbände die Politik (und damit die Armee) mehr in die Pflicht nehmen. Die Kosten-Nutzenrechnung der Armee muss sauber durchgeführt werden.

    • Christof Merkli

      Die Armee ist während Friedenszeiten eine Belastung. Während Katastrophen oder Kriegshandlungen ist sie der letzte Schutz und die ideale Unterstützung für die Gesellschaft. Der ideologische Pazifismus meint, ohne Armee auskommen zu können. Die Geschichte der Menschheit zeigt, dass eine funktionierende Milizarmee den Frieden am besten sichert. Ausser man möchte ernsthaft Teil der Kommunistischen Internationalen werden. Kein geistig gesunder Mensch würde die linke Planwirtschaft einer sozialen Marktwirtschaft vorziehen. Militärdienst ist deshalb keine Behinderung, sondern eine notwendige Basis und Unterstützung einer freien Wirtschaft. Eine Kosten-Nutzenrechnung ist deshalb immer erst möglich, nachdem ein Konflikt ausgebrochen und durch militärische Mittel beendet werden konnte. Vorher ist es lediglich eine Kostenrechnung, die von Armeegegnern gerne als Argument gegen eine schlagkräftige Armee missbraucht wird.

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