Das offene Ohr
IV-Rente reicht nicht zum Leben: Wann kann ich Hilfe beantragen?

Marina Wyss von der Unia-Rechtsabteilung beantwortet Fragen aus der Arbeitswelt.

Aufgrund einer gesundheitlichen Einschränkung konnte ich keinen Erwerb mehr erzielen und wurde mir eine halbe Invalidenrente zugesprochen. Diese reicht aber nicht zum Leben. Bei der ­Arbeitslosenversicherung bin ich ausgesteuert. Kann ich Ergänzungsleistungen beantragen?

ZUSÄTZLICHE HILFE: Wer nur eine halbe IV-Rente bezieht, hat eventuell Anspruch auf Ergänzungsleistungen. (Foto: Keystone)

Marina Wyss: Ja, als Bezügerin einer IV-Rente können Sie sich grundsätzlich bei der Ausgleichskasse anmelden, um Ihren Anspruch auf Ergänzungsleistungen prüfen zu lassen. Allerdings gibt es eine Vermögensgrenze. Alleinstehende dürfen nicht mehr als 100 000 Franken und Ehepaare nicht mehr als 200 000 Franken besitzen. Für die Prüfung, ob das Ver­mögen die zulässige Schwelle übersteigt, werden selbstbewohnte Liegenschaften nicht berücksichtigt. Achtung: Wenn Sie eine ­Liegenschaft verkauft haben, prüft die Ausgleichskasse, ob dies zum Marktwert erfolgte. Voraussetzung ist ausserdem, dass Sie Ihren Wohnsitz in der Schweiz haben und Bürgerin der Schweiz oder eines EU-/Efta-Mitgliedstaates sind oder als Ausländerin seit mindestens zehn Jahren ununterbrochen in der Schweiz ­leben. Für Flüchtlinge oder Staatenlose beträgt diese Frist fünf Jahre. ­Ergänzungsleistungen dürfen nicht ins Ausland «exportiert» werden. Pro Kalenderjahr darf ein Auslandaufenthalt nicht mehr als 90 Tage dauern (egal, ob der Auslandaufenthalt ununterbrochen oder unterbrochen stattfindet). Falls Sie Nachkommen haben, müssen diese nach ­Ihrem Tod die von Ihnen bezogenen EL zurückerstatten, falls der Nachlass höher ist als 40 000 Franken. Dies betrifft aber nur EL, die nach dem 1. Januar 2021 ausgezahlt wurden.

Ergänzungs­leistung: Erhalten alle gleich viel Geld?

Ist die Höhe der Ergänzungsleistungen für alle Anspruchsberechtigen gleich hoch?

Marina Wyss: Nein, diese werden ­anhand des Gesetzes berechnet. Es gibt zwei Kategorien von Ergänzungsleistungen: erstens die jährlichen Ergänzungsleistungen (diese werden allerdings ­monatlich ausgezahlt). Zweitens werden gewisse Krankheits- und Behinderungskosten übernommen, wenn sie nicht ­bereits durch eine Versicherung (Krankenkasse, Unfall, Haftpflicht oder IV usw.) gedeckt sind. Die jährlichen Ergänzungsleistungen richten sich nach dem Bedarf. Die «anerkannten» Ausgaben werden den «anrechenbaren» Einnahmen gegenübergestellt. Es ist im Gesetz geregelt, ­welche Einnahmen angerechnet werden und welche Ausgaben anerkannt sind. Dabei bewirkt es zum Beispiel einen ­Unterschied, ob eine Person zu Hause lebt oder ob sie in einem Heim oder im Spital wohnt.

Mehr Infos finden Sie hier. Zudem bietet die Ausgleichskasse Erklärvideos zum Thema an.

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