Bundesratswahl

Friede, Freude, Strafaufgabe

Clemens Studer

Zum ersten Mal in der Geschichte der Eidgenossenschaft landeten zwei Frauen auf einen Streich in der Landesregierung. Viola Amherd und Karin Keller-Sutter, Bundesrätin Nummer 8 und Bundesrätin Nummer 9.

NEU IM VBS. Die frisch gewählte Bundesrätin Viola Amherd. (Foto: Keystone)

Es waren alle so nett an diesem 5. Dezember. Die Bundesrätinnenwahl ging schnell, schlank und mit viel gegenseitigem ­Rühmen über die Bühne. Viola Amherd (CVP) im ersten Wahlgang zur Nachfolgerin von Doris Leuthard gewählt. Karin Keller-Sutter (FDP) im ersten Wahlgang zur Nachfolgerin von Johann Schneider-Ammann gekürt.

Danach räumte ein überaus ­aufgeräumter Ueli Maurer (SVP) von 209 gültigen Stimmen deren 201 ab und sagte: «Es wäre schön, wenn wir gemeinsam in diesem Jahr etwas Spass und Vergnügen ausstrahlen würden.» Als das letzte Mal ein Bundes­präsident so gut gewählt wurde, nämlich Jean-Pascal Delamuraz, war in Berlin gerade die Mauer gefallen, Russland war noch das Hauptland einer Sowjetunion, und auf Platz 1 der Schweizer Single-Hitparade standen die Sänger-­Darsteller von Milli ­Vanilli mit «Girl I’m gonna miss you».

DIE GROSSE ROCHADE. Doch der neue Frieden im Bundeshaus hielt nicht lange. Nur knapp 48 Stunden. Dann hatte der Bundesrat sich nämlich in alter Zusammensetzung darauf geeinigt, dass er in Sachen EU-Rahmen­abkommen nicht einig sei mit der EU (siehe: «Reset»-Cassis ist ein Bruchpilot). Und der Bundesrat in neuer Zusammensetzung konnte sich nicht darüber einigen, wer welches Departement bekomme. Das holten die vier Männer und drei Frauen am Montag nach. Es kam zur grossen Rochade.

SVP-Armeeminister Guy ­Parmelin wollte einfach weg, ­beziehungsweise seine Partei wollte einfach, dass er weggehe aus dem Militärdepartement. Das VBS hat zwar unter der rechten Mehrheit Geld wie Heu, aber auch Skandale am Laufmeter. Jetzt wird Parmelin Wirtschafts­minister, obwohl er nicht Englisch spricht. Das freut die SVP – und das freut vor allem die Bauern. SP-Frau Simonetta Somma­ruga war 2010 gegen ihren Willen ins EJPD gewählt worden – nach acht Jahren wollte jetzt auch sie ein bisschen Abwechslung – und wird jetzt als Uvek-Vorsteherin Service-public-Ministerin. Ihre Nachfolgerin als Justizdirektorin – und damit auch für die Asylpolitik zuständig – wird Karin Keller-Sutter von der FDP, deren politischer Aufstieg als Asyl-Hardlinerin begann.

PREMIERE. Bei dieser Ausgangslage und den Machtverhält­nissen blieb für CVP-Frau Viola Amherd nur das VBS übrig. Die «Nationalliga B», wie Adolf Ogi einst ­beklagte, als er dorthin straf­versetzt wurde. Amherd geht aber immerhin auch mit dem ­zweiten historischen Moment ­dieser ­Bundesratsersatzwahlen in die ­Geschichtsbücher ein: als erste Schweizer Verteidigungs­ministerin. Und sie hat die Chance, das ­Departement nach 23 Jahren männlicher SVP-­Führung aus der Skandalspirale herauszuführen. Das allerdings wäre dann auch historisch.


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