Putzinstitut wollte nicht, dass work über sein Geschäftsgebaren schreibt
Sauber abgeschmiert

Jahrelange Prozessiererei bis hin zum Bundesgericht: Mit (fast) allen Mitteln versuchten die Chefin und der Chef ­eines Putzinstitutes work zum Schweigen zu bringen. Ohne Erfolg.

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DER ARTIKEL DES ANSTOSSES: So hat work im Dezember 2020 über die Zustände bei der ZZZY GmbH berichtet. Alle Klagen dagegen sind nun abgewiesen. (Foto: work)

Eigentlich ist es ein Dutzend-Fall. Leider. Denn Chefinnen und Chefs, die Arbeitende unsauber behandeln, gibt es immer noch viel zu viele. Viele kommen damit durch. Aber nicht alle. Für manche gibt’s dann Gerichtstermine. Und für einige auch schlechte Presse. Viele zahlen dann knurrend Löhne nach oder Entschädigungen. Und halten sich im besten Fall fortan an Anstand, Arbeitsrecht und GAV. Und dann gibt es noch ein paar, die klagen lieber gegen Journalistinnen und Journalisten. Fürs Klagen statt Klären hat sich auch die Firma ZZZY* GmbH nach einem work-Artikel entschieden. Die ZZZY GmbH ist in der Reinigungsbranche aktiv. Ein hart umkämpftes Geschäft. Vergleichbar hart wie die «Vermittlung von Versicherungsdienstleistungen in der ganzen Schweiz, insbesondere von Krankenkassenversicherungen». Mit diesem Zweck wurde eine ZZY* GmbH vor 15 Jahren im Thurgau gegründet, bevor sie drei Jahre später und einem Buchstaben im Namen reicher in den Kanton Zürich gezügelt wurde. Jetzt als Putzinstitut.

Richterlicher Maulkorb

Im Oktober vor 5 (!) Jahren meldet sich eine Frau bei work, die als Hotelreinigerin bei ZZZY arbeitet. Sie erzählt unter anderem von massivem Zeitdruck und chaotischer Einsatzplanung. work beginnt zu recherchieren. Und stösst auf weitere Unsauberkeiten beim Reinigungsinstitut. Noch im Oktober konfrontiert work die Firma mit den Vorwürfen der Arbeitenden, so wie das zum Handwerk gehört. Und dann geht’s los: Zuerst bombardiert die Firmen-Geschäftsleiterin die damalige work-Chefredaktorin Marie-Josée Kuhn mit Mails in drohendem Ton, aber ohne Antworten. Kuhn schrieb darüber in einem Artikel, den die ZZZY ebenfalls verbieten wollte:

So etwas habe ich in den zwanzig Jahren, seit es work gibt, noch nie erlebt.

Dann meldet sich eine Firmen-Anwältin. Sie verlangt die Namen der work-Informantinnen und droht mit «rechtlichen Schritten». Selbstverständlich hält sich work an den Quellenschutz und lässt die Firma im Artikel zu Wort kommen. Im Dezember 2020 erscheint der Artikel unter der Oberzeile: «Putzfirma ZZZY: Zeitdruck, chaotische Einsatzplanung und unsaubere Lohnabrechnungen. Zwei Reinigerinnen packen aus».

Er hätte nicht publiziert werden dürfen. Denn am Tag des Redaktionsschlusses fand die ZZZY am Handelsgericht Zürich eine Richterin, die gegen die Publikation eine «superprovisorische Verfügung» erliess. Doch diese erreichte die work-Redaktion nicht rechtzeitig. Diese Tatsache musste übrigens von der Staatsanwaltschaft Zürich umfangreich festgestellt werden, weil die ZZZY von ihrem neuen Anwalt eine Strafanzeige einreichen liess. Unterdessen hatte work die beiden Artikel in den PDF-Ausgaben geschwärzt und die digitalen Ausgaben gelöscht.

Lautstark & theatralisch

Doch das reichte der ZZZY und ihrem Anwalt nicht. Es folgte eine juristische Auseinandersetzung, über Jahre. Mit Verhandlungen, an denen sich die ZZZY-Verantwortlichen gerne auch lautstark und theatralisch beteiligten. Mit organisiert vollen Zuschauerrängen. Und mit Lobgesängen sonder Zahl von Mitarbeiterinnen auf ihre Chefin, die sich ähnelten wie ein sprichwörtlicher Zwilling dem anderen. Oder auch mit dem Vorwurf, work hätte sich «von der Konkurrenz schmieren» lassen. Hunderte Seiten Akten kamen zusammen. Und Jahre später ein Urteil: Das Handelsgericht Zürich wies die Klage gegen work vollumfänglich ab. Doch die ZZZY-Vertretenden und ihr Anwalt konnten das – aus welchen Gründen, muss offenbleiben – nicht akzeptieren. Sie zogen weiter vor Bundesgericht. Dieses machte dann im vergangenen Sommer relativ kurzen Prozess und erteilte der ZZZY eine deutliche Abfuhr. Der Entscheid wurde den Parteien vor einigen Wochen dann zugestellt. Die Prozessiererei dürfte die ZZZY mindestens einen Betrag in der Höhe eines GAV-Jahresmindestlohnes für Reinigungskräfte mit EFZ gekostet haben.

work kämpft

Wenn work Fehler macht, korrigieren wir sie. Wenn eine Gegendarstellung eingeht, die den formalen Ansprüchen des Zivilgesetzbuches genügt, publizieren wir diese. Wenn wir mundtot geklagt werden sollen, wehren wir uns. work lässt sich nicht einschüchtern von grossen oder lauten Tieren. Und unsere Quellen schützen wir. Auch vor nassforschen Anwälten, die in Gewerkschaftsmagazinen kolumnieren.

* Name geändert. work könnte nach dem Bundes­gerichtsurteil die entsprechenden Artikel wieder online stellen. Das tun wir nicht, dazu ist die Geschichte leider zu alltäglich und zu lange her. Aber die Schwärzungen in den Archivausgaben haben wir rückgängig gemacht. Hier geht es zur Online-Archivausgabe.

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