Nationalratskommission verschiebt Behandlung des Ständeratskompromisses
AHV-Finanzierung: Rechte schinden Zeit

Als Rache für das Volks-Ja zur 13. AHV-Rente möchten SVP und FDP die AHV am liebsten ausbluten lassen. Das ist ihnen bis jetzt nicht gelungen. Aber auf Zeit spielen können sie.

VOM STIMMVOLK BESCHLOSSEN: Die 13. AHV-Rente. (Foto: Keystone)

Darum geht’s: 

Die vom Volk beschlossene 13. AHV-Rente kostet jährlich zwischen 4 und 5 Milliarden Franken. Diese Ausgaben müssen finanziert werden. Bereits während des Abstimmungskampfes haben die Gewerkschaften deutlich gesagt, dass eine Finanzierung des AHV-Dreizehnten über Lohnprozente die sinnvollste, weil sozialste Form ist. Die SVP/FDP-Mehrheit im Bundesrat hat dagegen eine Finanzierung einzig über die Mehrwertsteuer vorgeschlagen und will gleichzeitig den Bundesbeitrag an die AHV senken. Der Bundesanteil an der AHV-Finanzierung dient unter anderem dazu, AHV-Leistungen zu finanzieren, die nicht über Lohnbeiträge finanziert werden. Das sind zum Beispiel die besonders für Frauen wichtigen Erziehungs- und Betreuungsgutschriften sowie die Hilflosenentschädigung.

Von dieser rachsüchtigen Radikalinski-Politik der von FDP-Finanzministerin Karin Keller-Suter angeführten Bundesratsmehrheit wollte der Ständerat im Juni nichts wissen. Er stimmte einem soliden, kaufkraftschonenden Kompromissmodell zur Finanzierung der 13. AHV-Rente zu und spurte gleichzeitig die Finanzierung einer möglichen Änderungen bei den Ehepaar-Renten vor (work berichtete). Die Ständeratslösung ist eine Mischform aus höheren Lohnbeiträgen und einer schrittweisen Erhöhung der Mehrwertsteuer. Konkret: Ab 2028 sollen die Lohnbeiträge um 0,4 Prozentpunkte steigen. Gleichzeitig werden die ALV-Beiträge um 0,2 Prozentpunkte gesenkt – bleiben netto also +0,2 Punkte. Diese leicht höheren Lohnbeträge werden die Arbeitnehmenden kaum merken. Denn in den vergangenen Jahren sind sie bereits gesunken (zum work-Beitrag).

Das steckt dahinter

Das historische Ja zur 13. AHV-Rente am 3. März 2024 war eine bittere Niederlage für die Arbeitgeberverbände und die bürgerlichen Parteien. Und sie sind schlechte Verliererinnen und Verlieren. Sie wollen sich am Volk mit einer möglichst unsozialen Finanzierung rächen. Oder noch lieber: die AHV Tropfen für Tropfen ausbluten lassen. Um dann doch noch eine Rentenaltererhöhung für Gering- und Normalverdienende durchzustieren. Eine solche hatte das Volk am gleichen Abstimmungstag mit blamablen 25,25 Prozent Ja-Stimmen abgefertigt. Die unsoziale Finanzierung haben FDP/SVP über ihre ungerechtfertigte absolute Mehrheit im Bundesrat ausarbeiten lassen. Jetzt versuchen sie, den Kompromiss-Vorschlag aus dem Ständerat im Nationalrat zu bodigen. Am liebsten möchten sie gar nicht darauf eintreten.

Das ist neu

Die Sozialkommission des Nationalrat ist auf die AHV-Finanzierungsvorlage eingetreten. Knappst möglich sind die SVP und die FDP mit ihrem Nichteintretensantrag gescheitert. Der Zürcher Nationalrat Patrik Hässig von den rechten Grünen der GLP scheint für Eintreten gestimmt zu haben, obwohl er inhaltlich auf der Seite der AHV-Ausbluter steht. Die Detailberatung der Finanzierungsfrage hat die Kommission dagegen in den August verschoben.

Das sagen die Gewerkschaften

Für die Gewerkschaften sind Lohnprozente grundsätzlich die fairste und sozialste Weise der AHV-Finanzierung. Das Kompromiss-Modell des Ständerates für eine solide, kaufkraftschonende Finanzierung der 13. AHV-Rente unterstützen sie.

So geht’s weiter

Nach den parlamentarischen Sommerferien wird sich die Kommission entscheiden, welche Finanzierungsvariante sie dem Rat vorschlagen wird: denn ausgewogenen Kompromiss des Ständerates, die Rache-Vorlage des Bundesrates mit einer FInazierung ausschliesslich über die Mehrwertsteuer und Senkung des Bundesbeitrages oder die rechte Klamauk-Vorlage mit einer Rentenalter-Erhöhung. Danach kommt das Geschäft ins Plenum. Dort werden die rechten Parteien von SVP bis GLP mit ihrer Ausblutungsstrategie und ihrem Rachefeldzug gegen die AHV weiterfahren. Die fortschrittlichen Parteien und die Gewerkschaften werden Gegensteuer geben.

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