Pfister rasiert Ritter
Das sind die vielen Militär-Baustellen des neuen Bundesrats

Das haben sich Markus Ritter und die SVP anders vorgestellt: Neuer Bundesrat der Mitte wird Martin Pfister. Auf ihn wartet das Pleiten-Pech-Pannen-Departement VBS. Immerhin: Um Geld muss Pfister sich keine Sorgen machen.

VEREIDIGT: Martin Pfister ist nun Mitglied der Landesregierung. (Foto: Keystone)

Die Bundesversammlung hat entschieden: Statt eines reaktionären frömmelnden Bauern zieht ein bürgerlicher Historiker neu in den Bundesrat. Markus Ritter hat sich während seines «Wahlkampfs» bereits als Sieger gebärdet. Martin Pfister wurde noch vor 3 Wochen als «Alibi-Kandidat» belächelt.

Markus Ritter ist als Bauern-Lobbyist seit Jahren für die Konsumierenden der teuerste Politiker. Martin Pfister hat seine Lizentiatsarbeit über den Zuger Bundesrat Philipp Etter geschrieben. Bei Bundesrats-Papst Urs Altermatt, der seinen ehemaligen Assistenten jetzt in seinem Kult-Lexikon «Schweizer Bundesräte» nachtragen darf. Wofür er in der Praxis stehen wird, wird sich weisen. Wofür Ritter steht, wusste das Parlament.

Keine Lust auf dritten SVP-Bundesrat

Auf einen dritten faktischen SVP-Bundesrat hatte jetzt offensichtlich auch ein ordentlicher Teil der Bürgerlichen keine Lust. Und so wurde Martin Pfister überraschend deutlich gewählt. Überraschend auch für die meisten Journalistinnen und Journalisten in den Zürcher und Aargauer Medienhäusern:

Zuerst war Ritter «haushoher Favorit», dann «konnte Pfister aufholen», zum Schluss setzte sich das Narrativ vom «Kopf-an-Kopf-Rennen» durch. Aber auch das stimmte nicht. Bereits im ersten Wahlgang distanzierte Pfister Ritter deutlich.

Hätte Pfister sich wie Nationalrat Ritter auch selber wählen können, hätte es bereits im ersten Wahlgang gereicht: Ritter wollten 105 Parlamentarierinnen und Parlamentarier im Bundesrat sehen, Pfister 122. Das absolute Mehr lag bei 123 Stimmen. 18 Stimmen erhielten andere Kandidaten. Diese dürften dem Frust geschuldet gewesen sein, dass mit dem Mitte-Männer-Ticket so oder so in der Regierung wieder ein Geschlechterverhältnis von 5 zu 2 herrscht. Wie in den neunziger und nuller Jahren. Im zweiten Wahlgang wechselten 12 der Murrenden zu Pfister. Definitives Ergebnis: Pfister 134, Ritter 110.

GEQUÄLTES LÄCHELN: Markus Ritter nach seiner Nicht-Wahl in den Bundesrat. (Foto: Keystone)

Am Freitag wird der Bundesrat ganz kollegial entscheiden, dass Pfister das VBS übernimmt. Das Militärdepartement reiht seit Jahrzehnten eine Pleite-Pech-und-Pannen-Serie an die andere. Von Unfähigkeit über Dreistigkeit und Korruption bis Pech ist alles dabei. An der Departementsspitze waren immer Vertreter der SVP bis auf die jetzt zurückgetretene Viola Amherd, die jetzt laut ebendieser SVP an allem schuld sein soll. Auf Martin Pfister wartet eine Riesenbüez.

Geld wie Heu und…

Seit Jahren behaupten bürgerliche Parlamentarierinnen und Parlamentarier und Armeevertreter, die Armee sei von «Links-Grün kaputtgespart» worden. Quasi gegen den Willen der bürgerlichen Mehrheit im Parlament, der rechtsbürgerlichen Mehrheit im Bundesrat und auch gegen den Willen der vier SVP-Bundesräte, die vor der Mitte-Frau Viola Amherd das VBS leiteten. Das Gegenteil ist richtig. Die Militärausgaben steigen seit zwei Jahrzehnten deutlich an. Bei den Pro-Kopf-Ausgaben gehört die Schweiz zu den europäischen Spitzenreiterinnen. Und auch beim fragwürdigen Indikator «Militärausgabe in Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP)» liegt die Schweiz längst über dem ominösen einen Prozent. Grund:

Die Zahlen für die Schweiz rechnen weder die kantonalen und kommunalen Militärausgaben noch die Versicherungs- und Erwerbsersatzleistungen ein. Schon gar nicht enthalten sind die Milliardenausfälle, die der Volkswirtschaft durch Männer entstehen, die auf dem Waffen- statt am Arbeitsplatz sind.

Die Armee mag arm dran sein, aber sicher nicht wegen des Geldes. Damit wird das VBS im Vergleich nachgerade zugeschüttet.

…Pannen am Laufmeter

Die Armee ist arm dran, weil sie mit dem vielen Geld nicht vernünftig umgehen kann. Hier vier von Dutzenden Beispielen, wie bei der Armee die Millionen locker sitzen.

  • Eine Drohne mit Kindermädchen: Die israelischen Aufklärungsdrohnen Hermes-900 sollten bereits 2019 einsatzbereit sein, sind jedoch bis heute am Boden geblieben. Und werden es wohl bis mindestens 2029 noch. Ausser sie werden von Helikoptern begleitet: eine Drohne mit Kindermädchen. Bis jetzt hat das VBS dafür 300 Millionen Franken ausgegeben.
DROHNE MIT HÖHENANGST: Die Hermes-900 hat viel gekostet, ansonsten aber völlig versagt. (Foto: Keystone)
  • Friedhof der IT-Projekte: Das VBS verlochte in den vergangenen Jahren bereits Dutzende von Millionen Franken in IT-Projekte. Zuletzt wurde ein Logistikprojekt abgebrochen, das im Krisenfall dafür eingesetzt worden wäre, Soldaten rechtzeitig zu mobilisieren und genügend Nahrung und Munition im richtigen Moment an den richtigen Ort zu bringen. Jetzt soll ein Nachfolgeprojekt 2027 funktionieren. Die neue Luftraumüberwachung «Sky View» ist unterdessen doppelt so teuer wie ursprünglich behauptet – und funktioniert trotzdem nicht. Jetzt muss das hochbetagte alte System weiterlaufen, das laut einem Armeebericht «nur noch von hochgradigen Spezialisten in sehr alter Technologie gewartet werden kann». Ebenfalls noch weit entfernt von Tauglichkeit ist die neue Digitalisierungsplattform (NDP). Insgesamt laufen beim VBS neun IT-Grossprojekte – so viele wie in keinem anderen Departement – mit einem Gesamtwert von rund 5 Milliarden Franken. Die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) macht sich ernsthafte Sorgen und fordert vom Bundesrat zusätzliche Aufsicht über das VBS.
  • Vergoldete Kleinlastwagen: Die Nachrüstung der 2200 Duro-Kleinlastwagen der Armee ist ein Paradebeispiel für die Geldverschleuderung durch das VBS. Für die Umrüstungen, unter anderem mit umweltfreundlicheren Motoren, wurden 250’000 Franken pro Fahrzeug veranschlagt. Diese Summe überstieg den ursprünglichen Kaufpreis von 140’000 Franken um fast 80 Prozent. Das Parlament bewilligte 2015 die Nachrüstung dennoch im zusätzlichen Rüstungsprogramm. Selbstverständlich lief auch die Vergoldung der Duros für über eine halbe Milliarde Franken nicht wie versprochen. Die Auslieferung erfolgte tröpfchenweise und stark verzögert.
DER FRÜHERE VBS-CHEF UELI MAURER HÜPFT AUS EINEM DURO: Das Armeefahrzeug ist ein Kostenloch ohne Boden. (Foto: Keystone)
  • Korruption und Chaos-Logistik bei der Ruag: Ein ehemaliger Kadermitarbeiter soll über Jahre Panzerersatzteile abgezweigt und weiterverkauft haben. Sein Gewinn: ein zweistelliger Millionenbetrag. Brisant: Eine Whistleblowing-Meldung wurde 2019 ausgerechnet an den Verdächtigen selbst zur Bearbeitung weitergeleitet. Die EFK spricht von «schweren organisatorischen Versäumnissen» und einer «fragwürdigen Kultur». Deutliche Worte fand die EFK auch zu den Materiallagern der Armee an den Ruag-Standorten: Diese würden nach dem «Chaos-Prinzip» betrieben. Unterschieden werde unter anderem nicht zwischen intaktem und defektem Material. Eine Inventur habe nie stattgefunden, und die Ruag verschrotte eigenmächtig Armeematerial.

1 Kommentare

  1. Hugo Ballboss 17. März 2025 um 12:49 Uhr

    „Die Armee ist arm dran, weil sie mit dem vielen Geld nicht vernünftig umgehen kann.. „, was sich am deutlichsten im völlig unverständlichen Kauf der extrem teuren 36 US Bomber F-35 Lighning II zeigt.
    Grounding avant la lettre..

    Bundesrat und Parlament hatten bei der Erneuerung der Luftwaffe praktisch ganz auf die Karte USA gesetzt und 2022 für insgesamt 8 Milliarden 36 moderne Kampfjets des Typs F-35A beschafft, dazu das Patriot-Luftverteidigungssystem.

    Jetzt erst wird darüber diskutiert, dass eine extreme Abhängigkeit (und damit Erpressbarkeit) besteht. Zum einen brauchen sie stabile, leistungsfähige Verbindungen, zum andern Daten und Upgrades – wie bei einem Smartphone. Der F-35 ist mit elektronischen Systemen vollgepackt.
    Während des Fluges läuft die Kommunikation mit den Jets über den verschlüsselten Datenlink 16 der Nato. Daneben ist die Luftwaffe auf Ersatzteile angewiesen.
    Die Schweiz ist komplett abhängig: Ohne die USA kann der F35 nicht verschlüsselt Daten zur Bodenstation schicken. Die Schlüssel für eine abhörsichere Kommunikation erhält die Luftwaffe in regelmässigen Abständen von den USA.

    Nicht nur die Schweiz ist von den USA abhängig. Das Problem betrifft die gesamte Nato und reicht weit über den F-35 hinaus.
    Wenn die US-Regierung den Einsatz amerikanischer Waffen sabotieren möchte, kann sie das tun.
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    Im Krieg gibt es keine Sicherheiten, wechselnde Bündnisse können Lieferketten unterbrechen, gegnerischer Beschuss kann die Führungseinrichtungen zerstören oder die Bewegung der eigenen Truppen einschränken. Doch heute fehlen die nötigen Reserven und Redundanzen für einen Plan B.
    Der Primat der Finanzpolitik hat auch bei der militärischen Planung dazu geführt, dass der Gefechtsgrundsatz der Handlungsfreiheit in den Hintergrund gerückt ist.
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    Kanada überdenkt den Kauf von Kampfflugzeugen des Typs F-35 und sucht nach einer Alternative.
    Der frühere Airbus-Chef Tom Enders plädiert für eine rasche Abkehr von US-Rüstungstechnik Deutschland dürfe nicht länger daran festhalten, F-35 aus US-Produktion zu kaufen.
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    Und erst jetzt fordert die SP Schweiz vom neuen Bundesrat und VBS-Vorsteher Martin Pfister, die F-35-Beschaffung sofort zu stoppen.
    Denn viel klüger wäre eine Umsetzung der ‚Sozialen Verteidigung‘, ein Konzept des gewaltfreien Widerstands gegen militärische Angriffe oder Staatsstreiche, und es in „Modellregionen“ konkret zu entwickeln.. ( Hintergründe zum Konzept finden sich etwa bei friedenskooperative.de )
    und das ‚eingesparte‘ Geld für die Absicherung der AHV zu verwenden, die ja offenbar auch von einem amerikanischen Unternehmen abhängig ist:
    Die globale Verwahrungsstelle der AHV ist seit 2024 nicht mehr die UBS, sondern bei der US amerikanischen State Street Bank International. Die Wirtschaftskommission des Nationalrats wollte das ändern, doch im Plenum scheiterte das Anliegen knapp: «Die Auswirkungen eines allfälligen Einfrierens wurden von Compenswiss für alle Bieter, ob mit Sitz in der Schweiz oder im Ausland, als ähnlich eingeschätzt.»
    Gemäss Compenswiss liegen knapp 30 Prozent der AHV-Vermögen in den USA.
    (Quellen: NZZ, FAZ, Merkur, friedenskooperative)

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