Delegierte des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB) künden Referendum an
Rote Karte für Angriffe auf Arbeitnehmenden-Rechte

Die bürgerliche Mehrheit im Parlament startet Angriff um Angriff auf die Rechte und die Gesundheit der Arbeitnehmenden. Wird die Vorlage zur Revision des Arbeitsgesetzes nicht massiv verbessert, ergreifen die Gewerkschaften das Referendum.

AUF SEINEM MIST GEWACHSEN: Die Revision des Arbeitsgesetzes geht auf einen Vorstoss von Ex-FDP-Präsident Thierry Burkart zurück. (Foto: Keystone)

Die Arbeitgeberverbände drängen seit Jahren auf längere Arbeitstage, mehr Sonntagsarbeit, mehr Verfügbarkeit der Lohnabhängigen. Und die marktradikalen Ideologen haben die bürgerlichen und rechten Parteien im Parlament im Sack. Die konkreten Beschlüsse der Parlamentsmehrheit gehen weit über «punktuelle Anpassungen» hinaus – sie greifen den Kern des Gesundheitsschutzes frontal an: den arbeitsfreien Sonntag und die verlässlichen Ruhezeiten.

Schon heute prekär

Die Delegierten des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB) haben deshalb eine klare Ansage gemacht. Einstimmig. Ohne Zögern. Denn bereits heute wird das Arbeitsgesetz nicht durchgesetzt. Die Realität der Arbeitnehmenden sind kurzfristige Dienstplanänderungen. Abendarbeit bis in die Nacht hinein. Wochenend-Erreichbarkeit, die längst zur stillen Norm geworden ist. Die Folgen sind messbar: steigende psychische Belastungen, mehr Rücken- und Schlafprobleme, höhere Krankheitsabsenzen in praktisch allen Branchen. Besonders betroffen: erwerbstätige Eltern, die ihren Alltag kaum mehr planbar gestalten können.

Doch das reicht den Rechten im Parlament noch nicht. Sie wollen nicht einen anderen Arbeitnehmendenschutz, sie wollen keinen mehr. Im Detailhandel sollen die Kantone künftig bis zu zwölf Sonntagsverkäufe erlauben statt wie bisher vier. Noch gravierender ist die vom Nationalrat beschlossene Revision von Arbeitsgesetz und Obligationenrecht: bewilligungsfreie Sonntagsarbeit in Büros und fast allen Branchen, Arbeitstage von bis zu 17 Stunden. Alles unter dem Vorwand der «Modernisierung». Über 1,5 Millionen Beschäftigte wären betroffen. Ein Drittel der gesamten Erwerbsbevölkerung.

Bundesrat spielt mit

Die nicht gerechtfertigte rechtsbürgerliche absolute Mehrheit im Bundesrat spielt diese Gefahren herunter. Statt den Schutz der Arbeitnehmenden zu verteidigen, plappert er die Argumente der Arbeitgeber nach. Das kennen wir aus früheren Debatten: Sobald es um Ruhezeiten geht, wird von «Selbstverantwortung» gesprochen. Sobald es um Sonntagsarbeit geht, von «Kundenbedürfnissen». Doch wer einmal erlebt hat, wie sich die Grenzen verschieben, weiss: Was heute als Ausnahme verkauft wird, ist morgen die Regel.

Klare Ansage

Die Delegierten des SGB setzen dem nun klare rote Linien entgegen. Keine Ausweitung der Sonntagsarbeit. Keine Verkürzung oder Verwässerung der Ruhezeiten. Keine Verlängerung der täglichen Arbeitszeit. Und klare Regeln, die verhindern, dass Beschäftigte zu Arbeit ausserhalb der geltenden Zeiten gedrängt werden: sei es im Büro, im Verkauf, in der Industrie oder im Homeoffice.

Kommt das Geschäft im Parlament so durch wie im Nationalrat, wird der SGB das Referendum ergreifen. Denn wer den arbeitsfreien Sonntag preisgibt, öffnet Tür und Tor für eine Arbeitswelt, in der Arbeitnehmendenrechte und Gesundheitsschutz zum optionalen Gnadenakt der Arbeitgeber werden.

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