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Anne-Sophie Zbinden, Chefredaktorin

Wie die Heiligen Drei Könige zum Jesuskind reisten sechs scheinheilige Wirtschafts­herrscher ins Land der längst nicht mehr so grenzenlosen Möglichkeiten, um ihrem Heilsbringer zu huldigen. Im unerschütter­lichen Glauben an den Kapitalismus.

Gold

Im Gepäck hatten sie weder Weihrauch noch Myrrhe. Dafür Gold: ein Kilogramm in Form eines Barrens. Und eine goldene Rolex-Tischuhr. Diese Geschenke übergaben die sechs Wirtschaftsherrscher aus der Schweiz US-Präsident Donald Trump, um einen besseren Zolldeal zu erwirken. Einer von ihnen war Alfred Gantner. Er ist Gründer der Investmentfirma Partners Group und Multimilliardär. Und gehört damit zu der extrem kleinen Minderheit, der es in der Schweiz extrem gut geht (mehr zu dieser Minderheit).

GABEN

Über die Gaben sagt Gantner in einem Interview mit den TX-Medien: ­«Unsere Geschenke waren rein symbolischer Natur.» Wie bitte? Rein symbolischer Natur? Die goldene Uhr, eine sogenannte Desk Clock, ist im normalen Verkauf nicht erhältlich. Sie kostet geschätzt 40 000 Franken. Ein Kilogramm Gold wird zurzeit zu rund 109 000 Franken gehandelt. Macht also knapp 150 000 Franken. Ist das eine kleine, nette, symbolische ­Geste? Für die meisten hierzulande sind kleine, symbolische Gesten ein Gratis-Kafi, oder sie laden mal auf ein Bier ein…

Gift

Was die Trump-Huldigung wirklich bringt, ist noch unklar. Der neue Deal ist noch nicht öffentlich. Aber der Pharma­riese Novartis zeigt, in welche Richtung es gehen könnte: CEO Vasant Narasimhan war zwar keiner der sechs Könige, aber er tut alles, damit Novartis seine hochpreisigen Medikamente weiterhin zollfrei in die USA liefern darf. Seine Strategie ist so klar wir brutal: Er killt Jobs in der Schweiz und verspricht gleichzeitig Investitionen von 23 Milliarden Dollar für den Aufbau eines neuen Produktionszentrums im Trump-Land.

Geld

150 000 Franken mögen für Multimilliardäre reine Symbolik sein. Doch ganz bestimmt nicht für Ex-Magenbrot-­Verkäuferin Erma Braho. Der Chef hatte ihren Lohn unterschlagen, insgesamt 20 000 Franken. Oder für Stefan Vovchanski: Sein Chef nutzte den Schreiner aus und bezahlte ihm nicht den Lohn, der ihm zustand. 11 000 Franken fehlten ihm im Portemonnaie. In der Gantnerschen Gold-Symbolik sind das nur kleine Klümpchen. Für die beiden aber ein ganzer Berg von Geld. Ein Stein fiel ihnen vom Herzen, als sie die Beträge dank der Unia endlich auf ihren Konten hatten. Das ist die wahre Bescherung (zum Beitrag).

Wir wünschen Ihnen frohe Festtage und einen guten Start ins Jahr 2026. Die nächste gedruckte Ausgabe der work-Zeitung erscheint am 22. Januar. Bis dahin finden Sie uns auf ­workzeitung.ch, oder auf Social Media.

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