Das offene Ohr
Wer zahlt? Wegen gestrichenen Fluges zu spät zur Arbeit

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Rahel Beyeler von der Unia-Rechtsabteilung beantwortet Fragen aus der Arbeitswelt.

Ich bin in die Ferien gereist, und mein Rückflug wurde wegen eines tropischen Zyklons abgesagt. Alle meine Versuche, einen schnellen Ersatzflug zu bekommen, schlugen fehl. So kam es, dass ich erst zwei Tage später als geplant heimfliegen konnte. Ich habe meine Chefin sofort informiert, kam aber dennoch ­einen ganzen Tag zu spät zur Arbeit. Meine Chefin war verärgert, und ich ­befürchtete, dass sie mir auf der Stelle kündigen würde. Zum Glück besann sie sich anders und teilte mir mit, dass ich für diesen Tag sicher keinen Lohn er­halten werde. Darf sie das?

GESTRANDET: Auch wenn Sie nichts dafürkönnen, die Zeit am Flughafen geht auf Ihre Ferien. (Foto: Adobe Stock)

Rahel Beyeler: Ja, Ihre Arbeitgeberin liegt in einem solchen Fall im Recht. Ihre Verspätung erfolgte zwar wegen eines ­Naturereignisses und damit aus einem von Ihnen nicht verschuldeten Grund. Dennoch fällt das Ereignis in Ihre persönliche Risikosphäre. Sie müssen daher die Folgen tragen, wenn Sie wegen einer ausfallenden Flugverbindung nicht rechtzeitig aus den Ferien zurückkehren und die Arbeit verspätet aufnehmen. Zwar liegt ein objektiver Grund für Ihre Verhinderung vor – eine Kündigung wegen der Verspätung wäre damit nicht rechtens. Für den ausgefallenen Arbeitstag haben Sie jedoch keinen Lohn zugute beziehungsweise müssen Sie sich dafür einen Ferientag anrechnen lassen. Anders wäre die Situa­tion, wenn der zusammengebrochene Flugverkehr einen Rohstoff- oder Ersatzteilmangel auslöst und die Arbeitgeberin deshalb die Produktion drosseln oder stilllegen muss. Wenn in so einem Fall die Arbeit ausgeht, fällt das Natur­ereignis in die Risikosphäre der Arbeit­geberin. Sie darf Ihnen ­keinen Lohnabzug machen, wenn Sie nicht wie geplant ­arbeiten können. ­Allenfalls können Sie aufgrund der Treuepflicht angehalten werden, die Stunden nachzuarbeiten oder Überstunden zu ­leisten, sobald die Produktion wieder auf Hochtouren läuft. Wir müssen also genau hinsehen: Je nach den Umständen kann ein und dasselbe Ereignis entweder Annahmeverzug bei der Arbeitgeberin aus­lösen, wobei Lohn ohne Arbeit geschuldet bleibt, oder aber nach dem Prinzip «ohne Arbeit keinen Lohn» zum Erlöschen des Lohnanspruchs der Arbeitnehmerin führen.

EU-Bürger: Können meine Eltern zu mir in die Schweiz ziehen?

Vor vier Jahren bin ich aus Polen in die Schweiz gezogen, weil ich hier Arbeit gefunden habe. Seither verfüge ich über eine EU/Efta-Aufenthaltsbewilligung. Meine Eltern möchten gerne für immer zu mir in die Schweiz ziehen. Lässt sich dies einrichten?

Rahel Beyeler: Ja, das ist grundsätzlich möglich. Das Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der EU sieht vor, dass EU/Efta-Staatsangehörige, die – wie Sie – in der Schweiz ein Aufenthaltsrecht erworben haben, ihre Familienmitglieder nachziehen können. Darunter fallen auch die eigenen Eltern, Gross­eltern und Schwiegereltern, unabhängig von ihrer Nationalität. Vorausgesetzt wird, dass Sie Ihren Verwandten ­Unterhalt ­gewähren und über eine angemessen grosse Wohnung verfügen.

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