Rechte Politiker gnadenlos
Schwangere auf das Sozialamt

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Pro Jahr werden 500 schwangere Frauen ausgesteuert. Das hat für die Betroffenen und ihre Familien existentielle Folgen: Sozialamt statt Mutterschaftsurlaub.

ABFUHR AN SCHWANGERE: Bürgerliche Familienpolitik in Reinform. (Foto: Keystone)

Stellenlose Schwangere, die krank werden, verlieren nach 30 Tagen den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung. Selbst wenn sie während Jahren ALV-Beiträge eingezahlt haben. Schlimmer noch: sie können auch ausgesteuert werden und verlieren dann gleich auch noch den Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung. Das betrifft jährlich rund 500 Frauen. Für viele bedeutet das: Ab aufs Sozialamt. Dieses Ärgernis könnte mit minimen Anpassungen am ALV-Gesetz zu Kosten im tiefen Promillebereich beseitigt werden.

Abfuhr an Himmelfahrt

Kein vernünftiger Mensch kann da dagegen sein. Die bürgerliche Mehrheit der ständerätlichen Sozialkommission schon. Sie sagte mit 7 zu 5 Stimmen bei 1 Enthaltung Nein zu einer entsprechenden Motion der Berner SP-Ständerätin Flavia ­Wasserfallen. Geht man – wenig mutig – davon aus, dass die Kommissionsmitglieder aus fortschrittlichen Parteien geschlossen für die Schwangeren gestimmt haben, hat sich immerhin eine Person von den bürgerlichen und rechten Parteien für kranke arbeitslose werdende Mütter eingesetzt, und eine weitere mochte sich nicht entscheiden.

Nicht so Fun Fact: Hätten sich die Vertreterinnen und Vertreter der selbsternannten Familienpartei Mitte geschlossen hinter den Vorstoss gestellt, wäre das Resultat ein anderes gewesen. Doch offensichtlich geht bei der Mehrheit der Mitte-Delegation im Ständerat selbst an einem Marien-Feiertag unterdessen Marktradikalität vor Solidarität: Abfuhr für werdende Mütter an Mariä Himmelfahrt.

Zynische Begründung

Die Begründung der Kommissionsmehrheit im Wortlaut: «Die Kommission ist der Auffassung, dass das geltende Recht schwangerschaftsbedingte Arbeitsunterbrüche bereits ausreichend abdeckt und dass zudem die Möglichkeit besteht, branchen- oder unternehmensspezifische Lösungen zur Förderung der beruflichen Integration von Schwangeren umzusetzen.» Zusammengefasst: ein Problem gibt’s nicht. Und wenn doch, lösen das die Arbeitgeber schon.

Machen sie natürlich nicht. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) sagt zum Entscheid der Kommission: «Besonders zynisch dabei: die Politik verlangt von Frauen regelmässig eine höhere Geburtenrate und mehr Erwerbstätigkeit. Aber ein minimaler Schutz wird ihnen verweigert.»

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