Berufsmeisterschaften: Swiss Skills 2025 in Bern
Grosse Bühne für die frischgebackenen Berufsleute

Der Wettkampf der Besten: Über 1000 Lehrabgängerinnen und -abgänger ringen an den nationalen Berufsmeisterschaften «Swiss Skills» um eine Medaille. Wie gehen die Teilnehmenden mit dem Druck um? Und bekommen sie im Berufsalltag auch so viel Anerkennung für ihre Arbeit? work hat nachgefragt.

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Die Swiss Skills 2025 sind seit Mittwoch im vollen Gange und locken täglich Tausende Schaulustige ins Bernexpo-Areal. Zu bestaunen gibt’s viel: bunte und wild frisierte Bartfrisuren, aufwendig gestaltete Parkettböden, imposante Blumengestecke, Mauern mit eingearbeiteten Sternmustern oder ausgefallene Skulpturen, die man sogar essen kann. Alles erstellt von jungen Menschen, die sich für die Swiss Skills qualifiziert haben. Dementsprechend herrscht auch ein grosser Berufsstolz über ihr Handwerk. Zu Recht! Sie alle gehören zu den besten Lehrabsolventinnen und -absolventen.
 
In 150 Berufen hämmern, schleifen, oder schneiden die Teilnehmenden um die Wette. Das ist eine grosse Herausforderung: die frischgebackenen Berufsleute bekommen Aufgaben, die teilweise den ganzen Tag dauern. Der Unterschied zu einem gewöhnlichen Arbeitstag: Dauernd schaut ihnen ein Expertenteam streng über die Schultern. Die meisten arbeiten normalerweise ohne Zuschauerinnen und Zuschauer. Marco Merino (19), Gipser und Trockenbauer aus Studen BE, sagt zu work:

Auf der Baustelle haben wir ja sonst kein Publikum. Das ist ungewohnt, aber schön und macht viel Freude, wenn mehr Menschen unsere Arbeit sehen können.

Ähnliches erzählt auch Serafin Rüegg (21), Koch aus Biberist SO: «Als Koch hantiere ich ja eher im Hintergrund und das stimmt für mich.» Er ist nicht so scharf auf den Kontakt mit den Gästen, zeigt sich aber gerne mal, wenn er in seinem Betrieb am Schluss noch das Dessert serviert.

Kein Zuckerschlecken: Übergang ins Berufsleben

Für Melina Reusser (19), Restaurantfachfrau aus Thun BE, sind die Swiss Skills ein aufregendes Erlebnis: «Ich freue mich, dass ich hier teilnehmen darf und junge Menschen dazu motivieren kann, diesen schönen Beruf zu wählen.» Ihr ist bewusst, dass ihr Beruf auch Schattenseiten hat. Doch für sie als Nachteule bietet er auch grosse Vorteile:

Ich mag es, abends oder nachts in der Bar zu arbeiten und meiner Kreativität bei den Cocktails freien Lauf zu lassen.

Dabei ist der Kontakt mit den Gästen die Kirsche «on top», denn die meisten bringen ihr Wertschätzung entgegen. Ihr Beruf ist körperlich anstrengend, sie steht den ganzen Tag auf den Beinen. Deshalb begrüsst sie die gewerkschaftliche Forderung von 8 Wochen Ferien für Lernende: «Der Übergang von der Schule ins Berufsleben ist hart. Gerade in Berufen, wo man den ganzen Tag steht. Deshalb finde ich diese Forderung sehr sinnvoll und unterstütze das sehr.»

GROSSANDRANG: Die diesjährigen Swiss Skills in Bern. (Foto: Swiss Skills / Manu Friederich)

Im Sommer lancierte der Schweizerische Gewerkschaftsbund eine Petition an den Bundesrat. Die Forderung: 8 Wochen Ferien für alle Auszubildenden. Die Forderung traf auf enormen Zuspruch und wurde von über 170'000 Menschen unterschrieben. Ende August übergaben eine Gruppe engagierter Jugendlicher diese Unterschriften der Bundeskanzlei (work berichtete). Und die Politik reagierte bereits! Aber leider mit einer SVP-Schnappsidee: Statt den Lernenden mehr Ferien zu gewähren, schlägt SVP-Nationalrätin Sandra Sollberger vor, den Mittelschülern die Ferien zu kürzen. 
 
Celine Bättig (24), Coiffeuse aus Langenthal BE, findet mehr Ferien für Lernende keine schlechte Idee. Aber:  Ihren Beruf könnte man mit kleineren Änderungen schon wesentlich attraktiver für Lernende machen. Sie sagt:

Ich hätte mir damals in der Lehre gewünscht, dass man bei der Schichtplanung die Lernenden mehr einbezieht und man sich so mal ein Wochenende mehr freischaufeln kann. Das hätte mir schon einiges mehr an Erholung gebracht.

Gerade als Jugendliche ist Freizeit sehr wichtig. Weiter erzählt Coiffeuse Bättig von ihrer Kundschaft: Da gibt es jene, die ihrem Handwerk vertrauen, sie «machen lassen» und ihr viel Anerkennung entgegenbringen. Aber nicht alle: «Es gibt natürlich auch einige Kunden, die immer etwas zu meckern haben oder die Arbeit nicht schätzen. Trotzdem kommen sie seit zehn Jahren zu uns in den Salon», meint sie neckisch. So sei es halt, wenn man mit Menschen arbeitet: Man weiss nie, was einen erwartet.

ARBEITEN VOR PUBLIKUM: Berufsleute präsentieren ihr Handwerk. (Foto: Swiss Skills / Stefan Wermuth)

«Mein Job ist wichtig – und verdient mehr Wertschätzung»

Wertschätzung ist Beatriz Martins Goncalves (18), Fachfrau Gesundheit aus Dübendorf ZH, wichtig. Die Teilnahme hier an den Swiss Skills ist für sie eine ganz neue Erfahrung, denn im Alltag schauen ihr nicht so viele Menschen begeistert bei der Arbeit zu: «Ich finde, wir verdienen noch viel mehr Anerkennung für unsere harte Arbeit. Ich liebe diesen Beruf sehr, aber leider sehen viele nicht, wie wichtig unser Job ist.» Nach ihrem Lehrabschluss diesen Sommer hatte sie keine Schwierigkeiten, eine freie Stelle zu finden. Im Gegenteil: «Das Jobangebot in der Langzeitpflege war riesig! Ausgewählt habe ich nach den Kriterien: Wie funktioniert das Team, und wie ist der Umgang mit den Patientinnen und Patienten. Natürlich war auch der Lohn ausschlaggebend.» Sie verdient als ausgelernte Fachfrau Gesundheit 4000 Franken bei einem Pensum von 80 Prozent.
 
Um die Berufslehre attraktiver zu machen, braucht es mehr Berufsstolz, mehr Ferien in der Lehre und ganz klar auch mehr Lohn. Eine Berufslehre ist kein Garant mehr für einen Lohn, der zum Leben reicht. Im Schnitt verdient jede dritte Person in der Schweiz mit einem Berufsabschluss weniger als 5000 Franken. Das muss sich dringend ändern. Deshalb fordert die Gewerkschaft Unia: Für Arbeitnehmende mit Berufslehre (EFZ) braucht es Löhne von mindestens 5000 Franken (zum work-Beitrag).

Was bringen die Swiss Skills? Und wer steckt dahinter?

Die Swiss Skills haben nebst einer eigenen Stiftung auch Partner an der Seite wie das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation, den Schweizerischen Arbeitgeberverband und den Gewerbeverband. Auch aus der Privatwirtschaft wird bei den Swiss Skills mitgemischt, die grössten Partner sind die Grossbank UBS und das Medienunternehmen Ringier. Auch die Arbeitnehmer sind vertreten, beispielsweise sitzt im Stiftungsrat Nicole Cornu, zuständige für die Bildung beim Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB). Die Swiss Skills finden alle zwei Jahre statt und ermöglichen den Teilnehmenden mit den besten Leistungen die Teilnahmen an europäischen Meisterschaften (Euro Skills) oder sogar weltweiten Meisterschaften (World Skills).

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