Unia-Gewerkschafter und Berufsweltmeister:

Yunus holt Gold!

Darija Knežević

Automatiker Yunus Ruff (23) hat an den Berufsweltmeisterschaften die Gold­medaille gewonnen. work verrät er, wie aus einem Mathemuffel ein Mathebüffler wurde.

JUNG UND ENGAGIERT: Unia-Mitglied Ruff findet, was die Schweizer Gewerkschaften für die Arbeitenden erreicht haben, sollte unbedingt in den Geschichtsbüchern stehen. (Foto: Nicolas Zonvi)

In einer hauptsächlich von Seniorinnen und Senioren besuchten Confiserie fällt Yunus Ruff (23) sofort auf. Seine rote Jacke mit der dicken Aufschrift «Swiss Skills» und die hervorblitzende Medaillenschatulle aus seinem Rucksack verraten: Hier sitzt ein Weltmeister. Auf dem Tisch eine warme Schoggi und sein Laptop. «Ich lerne für meine ersten Semesterprüfungen», verrät Yunus. Denn der junge Mann packt bereits die nächste Herausforderung an: ein Studium als Wirtschaftsingenieur.

Dabei hat der Automatiker erst gerade einen grossen Erfolg gefeiert: Er räumte gemeinsam mit seinem Teamkollegen Silvan Wiedmer eine Goldmedaille nach der anderen ab. Alles begann mit den Schweizer Berufsmeisterschaften «Swiss Skills» direkt nach dem Lehrabschluss im Jahr 2020. Ruff sagt: «Mein Betrieb hat mir vorgeschlagen beim Wettkampf mitzumachen. Ich zögerte anfangs. Doch dann hat mich mein Kampfgeist gepackt.» Als dann noch sein guter Freund Silvan Wiedmer dazustiess, war das Sieger-Duo geboren.

«In Indien arbeiten viel mehr Frauen auf meinem Beruf als bei uns.»

STUTTGART STATT SCHANGHAI

«Dass ich Automatiker geworden bin, war ein richtiger Glücksfall!» sagt Ruff. Sein Traumberuf als Teenie war Informatiker, doch trotz vielen Bewerbungen erhielt er keine Zusage. Der Grund: Seine Noten im Mathematik waren zu schwach. Um sich nochmals Gedanken zu seiner Berufswahl zu machen, absolvierte er deshalb das 10. Schuljahr. Ruff: «Das war die beste Entscheidung! In dieser Zeit habe ich meine Berufung gefunden.» Er fand grosse Begeisterung daran, als Automatiker täglich an Maschinen und anderen Apparaten zu tüfteln. Die vierjährige Berufslehre mit Berufsmatur absolvierte Ruff bei der Mechatronik-Schule Winterthur (MSW). Und auch das Fach Mathematik plagte ihn nicht mehr: «Ich habe einen Motivationsschub bekommen, weil mir meine Lehre so gefallen hat. Wenn man etwas wirklich gern macht, fällt auch das lästige Mathebüffeln nicht mehr schwer.»

Direkt nach dem Lehrabschluss trat Ruff an den «Swiss Skills» in der Disziplin «Indus­trie 4.0» an und gewann das Ticket für die Europameisterschaften in Graz, wo er den ersten Platz errang. Ruff freute sich auf die anschliessenden Weltmeisterschaften in Asien. Diese sollten nämlich in Schanghai stattfinden. Doch daraus wurde pandemiebedingt leider nichts. Stattdessen fanden die Meisterschaften in Stuttgart statt. «Ich war schon sehr enttäuscht. Mein grosser Traum war es immer schon, Asien zu bereisen», sagt Ruff. Doch die Enttäuschung legte sich schnell wieder: Das Power-Duo Ruff und Wiedmer räumte auch in Stuttgart Gold ab.

Für Ruff ist klar: Aus diesem Wettkampf nimmt er nicht nur eine Goldmedaille mit nach Hause, sondern auch wertvolle Erfahrungen. Ruff: «Ich habe Berufsleute aus der ganzen Welt kennengelernt – zum Beispiel eine junge Automatikerin aus Indien. Dort arbeiten sehr viele Frauen in diesem Beruf, anders als hier in der Schweiz.»

FÜR MEHR LOHNTRANSPARENZ

Aktuell arbeitet Ruff bei einer Firma, die Elektroautobatterien wiederverwertet, und ist für eine der Recy­cling-Maschinen zuständig. Aber nicht nur das: Heute ist Yunus Ruff Weltmeister, Automatiker, Student – und ­Gewerkschafter. Zuerst habe er seinen ersten Arbeitsvertrag unterschrieben, anschliessend ist er direkt Gewerkschaftsmitglied geworden. «Es ist die Aufgabe unserer Generation, für mehr Gerechtigkeit am Arbeitsplatz zu sorgen», sagt Ruff. Bei seiner Arbeit als Automa­tiker hat er bisher nur gute Erfahrungen ­gemacht, er wünscht sich aber mehr Mitspracherecht und Lohntransparenz. Ruff ist auch der Überzeugung: «Was die Schweizer Gewerkschaften für Arbeiterinnen und Arbeiter erreicht haben, sollte unbedingt im Geschichtsunterricht Platz finden.»

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