Laura Gonzalez Martinez ist Verkäuferin in Zürich und Gewerkschafterin.

Letztens hat mir eine mir flüchtig bekannte Person über Social Media ihre private Nummer gesendet. Mit der Aufforderung, ich solle doch ein sexy Foto von mir schicken. Ich habe dieser Person tatsächlich ein Foto geschickt. Aber nicht von mir. Sondern eins von der schweizerischen Kriminalprävention über Sexting. Sexting bezeichnet den Austausch von persönlichen Fotos oder Videos mit sexuellem oder intimem Inhalt über elektronische Medien. Diese Praxis verbreitet sich immer mehr und kann schwerwiegende Folgen haben. Zum Beispiel, wenn das Bildmaterial an Dritte weitergegeben wird. Die Folgen können verheerend sein, das ist Stoff für Erpressung.

Angst

Auch ist mir der Workshop der Unia über sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz sofort in den Sinn gekommen. Unerwünschte Texte und Bilder von Mitarbeitenden sind keine Seltenheit. Ich habe in den letzten Jahren, vermehrt Geschichten von Frauen gehört, die sexistische Nachrichten von Arbeitskollegen und Vorgesetzten erhalten haben. Ich habe die Frauen verunsichert, verletzt und blockiert erlebt. Ich mag mich auch nicht daran erinnern, dass eine Frau das gemeldet hätte. Aus Scham, nehme ich an. Und aus Angst, den Job zu verlieren. Zu häufig wird die Glaubwürdigkeit der Opfer in Frage gestellt: Irgendwas wird sie schon gemacht haben. Der Impuls, den Täter zu schützen statt den Opfern zu glauben und sie zu unterstützen, ist immer noch sehr stark in unserem Denken verankert. Das müssen wir ändern!

Scham

Am feministischen Streiktag stehen wir wieder gemeinsam auf der Strasse, Tausende Menschen schreien für Gleichberechtigung und Sichtbarkeit. Tausende Menschen kämpfen gegen das patriarchale System. Denn ­dieses System schadet uns: zu Hause und am Arbeitsplatz. Umso wichtiger ist es, dass wir solche Angebote, wie zum Beispiel diesen Workshop der Unia, nutzen und sehen, dass wir nicht allein sind. Damit wir unsere Rechte kennen und dafür gemeinsam einstehen. Bei den Vorbereitungen zum Streik war der Satz des mehrfachen Vergewaltigungsopfers Gisèle Pelicot sehr präsent: Die Scham muss die Seite wechseln. Und das wird sie.

Zum guete Schluss: Ich glaube, meine Reaktion war ganz ok. Diese Person hatte ein Foto und ich meine Ruhe.

Illu: Laura Gonzalez Martinez

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