Mindestlöhne: bewährtes Mittel für Lohngleichheit
Frauenarbeit ist weniger wert – noch immer!

Mindestlöhne sind den Bürgerlichen ein Dorn im Auge, deshalb bekämpfen sie sie, wo sie nur können. Dabei ist sonnenklar: von Mindestlöhnen profitieren alle, insbesondere aber Frauen und Migrantinnen. Das zeigt der neue Frauenlohn-Report der Unia. 

FÜR GERECHTE LÖHNE: Unia-Präsidentin Vania Alleva an der heutigen Medienkonferenz in Bern zum Frauenlohn-Report. (Foto: Keystone)

Als Begründung für die neue Welle von Frauendiskriminierung bis -hass ist immer häufiger zu hören, die Frauen hätten «zu viel verlangt». Wie kreuzfalsch diese Aussage ist, zeigt die Diskriminierung bei den Löhnen. Denn dort ist die Frauen-Forderung weit weg von «zu viel», sondern lediglich das, was in der Schweizer Bundesverfassung seit 1981 steht: Frauen und Männer sollen gleich viel verdienen. Doch die Schweiz verstösst seit fast 45 Jahren gegen ihre eigene Verfassung.   

43 Prozent weniger

Der durchschnittliche Lohnunterschied in der Privatwirtschaft betrug 2012 satte 21,3 Prozent. Heute sind wir noch immer bei 17,5 Prozent. Es geht also nur im Schneckentempo vorwärts. Und: Der Lohnunterschied nimmt im Verlauf des Frauen-Lebens zu. Beim Berufseinstieg ist er gering, erhöht sich danach kontinuierlich. Um die tatsächliche Lohn-Diskriminierung der Frauen besser darstellen zu können, erfasst der Bund seit 2022 den Gender Overall Earnings Gap (GOEG). Dies auch als Folge des grossen Frauenstreiks von 2019. Der GOEG beziffert, wieviel Geld den Frauen über ein gesamtes Erwerbsleben betrachtet fehlt. Aktuell haben Frauen nach dieser Berechnung 43 Prozent weniger Einkommen als Männer. 

Frauen verdienen weniger, weil sie als Frauen diskriminiert werden. Und auch deshalb, weil sie in Teilzeitjobs arbeiten, um den Hauptanteil der unbezahlten Care-Arbeit übernehmen. Frauen verdienen auch deshalb weniger, weil die Löhne in Branchen mit einem hohen Frauenanteil generell tief sind.

UNGERECHT: Viel mehr Frauen haben Jobs mit Löhnen unter 4500 bzw. 5000 Franken. (Grafik: Unia)

Dies zeigt, dass der Arbeit von Frauen weniger Wert beigemessen wird als der Arbeit von Männern. Während bei den Männern jeder Zehnte einen Tieflohn (weniger als 4113 CHF/Monat) verdient, ist es bei den Frauen jede Fünfte. Frauen mit Migrationshintergrund sind besonders stark von Tieflöhnen betroffen. Und sogar eine abgeschlossene Lehre schützt Frauen nicht vor Tieflöhnen.

ZWEIFACHE DISKRIMINIERUNG: Über 28 Prozent der Frauen mit Migrationshintergrund verdienen einen Tieflohn. Das ist fast jede Dritte. (Grafik: Unia)

Gewerkschafts-Erfolg

Eine wirkungsvolle Massnahme gegen die Lohndiskriminierung der Frauen sind Mindestlöhne. Das zeigt der neue Frauenlohnreport der Unia. Unia-Ökonomin Noémie Zurlinden sagt:

Gesetzliche Mindestlöhne sind zentral für die Gleichstellung.

Ende der 1990er Jahre starteten die Gewerkschaften die erste Mindestlohnkampagne. Als Folge sank der Anteil von Frauen mit Tieflöhnen. Ab 2009 begann eine zweite Mindestlohn-Kampagne, die zur Mindestlohn-Initiative 2014 führte. Die Stimmberechtigten haben diese zwar abgelehnt. Sie war aber trotzdem ein Erfolg, denn der Anteil der Frauen im Tieflohnsektor sank wieder, nachdem er zwischen den Kampagnen angestiegen war (siehe Grafik 3). 

ERFOLGREICHE KAMPAGNE: Mit den Mindestlohn-Kampagnen der Gewerkschaften stiegen auch die Löhne. (Grafik: Unia)

Dass Mindestlöhne für Frauen  besonders wichtig sind, zeigt der Kanton Genf. Dort gilt sei dem 1. November 2020 ein Mindestlohn von 23 Franken pro Stunde. Seither ist der Anteil der Frauen mit Tieflöhnen massiv gesunken – der Anteil der Männer übrigens auch (siehe Grafik 4).

MINDESTLOHN IN GENF: Mit der Einführung des kantonalen Mindestlohnes sank der Anteil von Lohnabhängigen mit Löhnen tiefer als 4000 Franken, hauptsächlich bei den Frauen, aber auch bei den Männern. (Grafik: Unia)

Unia-Präsidentin Vania Alleva sagt: «Das Beispiel Genf zeigt, dass Mindestlöhne konkret zu besseren Frauenlöhnen führen. Es braucht aber flächendeckend gute Mindestlöhne – in Gesamtarbeitsverträgen und im Gesetz.» 

Angriff auf Frauenlöhne

Deshalb sind Angriffe auf die gesetzlichen Mindestlöhne auch Angriffe auf die Frauenlöhne. Wie die Motion Ettlin. Sie fordert, dass die Löhne gemäss Gesamtarbeitsvertrag (GAV) Vorrang haben. Das bedeutet, dass in Kantonen wie Genf oder Neuenburg, wo das Stimmvolk Mindestlöhne angenommen hat, diese in einzelnen Branchen mit GAV nicht mehr gelten würden. Die Folge: Die Löhne in den Tieflohnbranchen würden sinken, und damit einmal mehr die Löhne der Frauen und Migrantinnen.

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