Anne-Sophie Zbinden, Chefredaktorin

Anne-Sophie Zbinden, Chefredaktorin

Die aktuelle Welle, welche die Frauenrechte erodieren lässt und viele Frauen an Leib und Leben bedroht, ist neu. Sie hat eine gänzlich neue Dimension: Sie ist ein systematischer und geplanter Angriff auf die Rechte der Frauen und breitet sich via Trumpisten und Faschisten über die ganze Welt aus. Und ist daher viel tiefgreifender als «nur» ein Rückschritt.

Antifeministischer Kitt

Der aktuelle Antifeminismus der Rechten ist ein grosszügiges Sammelbecken für sozial Benachteiligte, Männer, die sich gesellschaftlich abgehängt fühlen, Milliardäre, Konservative, Anhänger von Verschwörungstheorien. Anti­feminismus ist der Kitt, der sie trotz ihren Gegensätzen zusammenhält. Denn die feministische Grundforderung nach Freiheit und Gleichheit für alle ist für sie ein Horror­szenario.

Frauenfeindliches Netz

Auch die Wege, auf denen der aktuelle Antifeminismus verbreitet wird, sind neu: die sozialen Medien, das Internet. Influencer wie der Frauenhasser Andrew Tate (angeklagt wegen Vergewaltigung, Sex mit einer Minderjährigen, Menschenhandel und Geldwäsche) erreichen in Rekordzeit ein Millionenpublikum, und das hinterlässt wüste Spuren. Tate bietet auf seinen Kanälen kostenpflichtige Kurse an, damit Männer zu «Geld, Reichtum, Glück, schnellen Autos und schönen, unterwürfigen Frauen» kommen. Doch es sind nicht nur Männer wie Tate. Frauenhass im Netz ist weit verbreitet: «Lass dir nicht einreden, dass du lieb, soft, schwach und links zu sein hast. Echte Männer sind rechts», sagte AfD-Politiker Maximilian Krah schon vor zwei Jahren auf Tiktok. «Dann klappt’s auch mit der Freundin.» 1,6 Millionen Aufrufe hat dieses Video.

Gefährliche Accounts

Eine Pilotstudie der Freien Universität Berlin hat untersucht, wie tief frauenfeindliche Strukturen im Netz verankert sind im Hinblick auf ihren Einfluss und ihre Vernetzung. Im Internet gibt es verschiedene Strömungen wie beispiels­weise sogenannte Incels (unfreiwillige Alleinstehende), die Frauen und den Feminismus für ihre Einsamkeit verantwortlich machen, «Pick-up-Artists», die erklären, wie sie erfolgreich Frauen daten und manipulieren, oder auch sogenannte «erwachte Männer», die feministische Errungenschaften rückgängig machen wollen. Diese Strömungen sind miteinander vernetzt. Sie alle vereint ein starres Hierarchiedenken, bei dem Frauen das minderwertige Geschlecht sind. Die Studie kommt zum Schluss: Von solchen Accounts und Bewegungen im Internet geht eine grosse Gefahr aus, weil sie ein antifeministisches Weltbild vorantreiben und auch zu Gewalt aufrufen.

Lila Flut

Deshalb braucht es den Frauen­streik mehr denn je. Nein, nicht die feministischen Errungenschaften sind verantwortlich für die neue antifeministische Welle. Die ­Frauen haben nie zu viel gefordert, sondern lediglich Gleichberechtigung: in der Politik, beim Lohn, bei der unbezahlten Care-Arbeit, beim Respekt. Deshalb gehen wir am 14. Juni auf die Strasse und bezwingen die antifeministische Welle mit einer lila Flut.

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