Bundesrat Parmelin an der Unia-Industrietagung
«Die Lösung ist nicht perfekt, aber besser als der Status quo»

Wirtschaftsminister Guy Parmelin (SVP) besucht die Industrie-Konferenz der Unia. Das grosse Tagungsthema: der desolate Kündigungsschutz von Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern. 

HAUPTREDNER: SVP-Bundesrat Guy Parmelin. (Foto: Manu Friederich)

Der grosse Saal am Unia-Hauptsitz in Bern ist rappelvoll: 280 Peko-Leute aus der MEM-, Uhren-, Chemie- und Lebensmittelindustrie sind angereist. Bundesrat Guy Parmelin ist Hauptredner der Industrietagung zum Thema Mitsprache und Kündigungsschutz. Er sagt:

Als Arbeitsminister schätze ich den Austausch mit den Gewerkschaften, wir sehen sie als Partner.

RAPPELVOLL: Die Industrietagung der Unia stiess auf grosses Interesse. (Foto: Manu Friederich)

Traurige Sozialpartnerschaft

Leider blieb diese Partnerschaft in den letzten zwanzig Jahren, seit der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) bei der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) eine Beschwerde einreichte, ohne greifbare Resultate (mehr Infos in diesem Beitrag).

Obwohl sich der Bundesrat seit mehr als zehn Jahren für ein Gesetz zum Schutz der Peko- und Gewerkschaftsmitglieder vor Kündigungen einsetzt, haben die Arbeitgeber und die Parlamentsmehrheit eine sozialpartnerschaftliche Lösung mehrmals verhindert. Das führt dazu, dass Personalvertretungen in gewissen Fällen weiterhin einen sehr hohen Preis für ihr Engagement zahlen. 

Mechatronik-Mann den Tränen nahe

So auch Jean-Marc Boisson (61), der als Mechatroniktechniker in der Peko von Lem, einem Westschweizer Hersteller von Elektrokomponenten, war. Nachdem Boisson sich Anfang dieses Jahres gegen die Verlagerung von 80 Stellen von Genf nach Südostasien eingesetzt hatte, war er nach der Konsultationsphase selber an der Reihe. Boisson ist den Tränen nahe und sagt:

Sie haben mich und weitere Peko-Mitglieder entlassen und damit internationales Recht gebrochen.

Das Unia-Mitglied appelliert an Parmelin und sagt: «Die Angriffe auf Peko-Leute sind eine Realität, keine Fiktion, tun Sie etwas!»

Parlament verhinderte Kompromisse

Der verbesserte Kündigungsschutz ist jetzt immerhin Teil des Massnahmenpakets zu den Bilateralen III. Parmelin sagt: «Das Parlament hat schon mehrere gute Kompromisse verhindert. Die Lösung, die wir jetzt haben, ist nicht perfekt, aber besser als der Status quo.» Ein anderes Peko-Mitglied, Stéphane Delaney von der Walliser Aluminiumfabrik Constellium, sagt:

Bei einer missbräuchlichen Kündigung erhalten wir dann bis zu zehn Monatslöhne als Entschädigung, aber das Grundproblem des mangelnden Schutzes bleibt bestehen.

Auch SGB-Präsident Pierre-Yves Maillard sieht das Glas eher halbvoll:

Parmelin ist der erste Bundesrat, der die ILO-Richtlinie als Problem wahrnimmt, seinen Vorgängern war es egal. Der Vorschlag ist das absolute Minimum, aber er ist besser als das, was wir jetzt haben.

VERHALTEN OPTIMISTISCH: Auch SGB-Präsident Pierre-Yves Maillard sieht im Vorschlag einen Fortschritt. (Foto: Manu Friederich)

Und Unia-Präsidentin Vania Alleva sagt:

Es braucht jetzt konkrete Massnahmen, damit Arbeitnehmende in den Unternehmen endlich besser vor Entlassungen geschützt sind. Fortschritte sind beim innenpolitischen Paket zu den Abkommen mit der EU möglich, das nun von allen beteiligten Parteien ohne inhaltliche Zugeständnisse verteidigt werden muss.

FÜR KEINE WEITEREN ZUGESTÄNDNISSE BEREIT: Unia-Präsidentin Vania Alleva. (Foto: Manu Friederich)

Nach 45 Minuten im Saal rauscht Parmelin wieder ab. Für ein gemeinsames Mittagessen mit den Industrie-Büezerinnen und -Büezern hat er keine Zeit. 

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