Zeit für Widerstand
Es war ein «Blick»-Artikel, wohl eher ein Werbespot über eine Beauty-Klinik für Männer. Sie scheint zu laufen wie geschmiert (Haartransplantationen, Botox, das ganze Programm).

Der britische Arzt und Forscher David Nutt vertritt den Standpunkt, dass Alkohol gefährlicher sei als illegal erklärte Drogen wie Cannabis, LSD oder Ecstasy. Für ihn sind alkoholfreie Biere und Weine aber keine Alternative, weil sie nicht berauschend sind. Seine von ihm entwickelte Alternative: der Alkoholersatz Sentia.
Die Geschichte des Kapitalismus lehrt uns: Multis vergiften die Welt und uns Menschen. Sie führen uns Konsumentinnen und Konsumenten mit Lügen-Expertisen immer wieder auf falsche Fährten. Zwei Beispiele:
Jetzt versuchen die Multis Zigaretten zu entwickeln, die weit weniger schädlich sein sollen. Führend sind Forschungslabors in der Schweiz. Für den Volksmund gilt: Denen, die einmal lügen, glauben wir nicht mehr, auch wenn sie die Wahrheit sprechen.
In der Schweiz wird pro Kopf der Bevölkerung weniger Alkohol getrunken als auch schon. Der Konsum von Wein geht trotz steigender Bevölkerungszahl zurück. Zudem wird immer mehr ausländischer Alkohol getrunken und weniger Schweizer Wein.
Zeitweise kostete an guten Lagen ein Quadratmeter Rebland hundert und mehr Franken. Inzwischen nur mehr fünfzehn Franken. Viele Bäuerinnenfamilien überlegen sich deshalb, auszusteigen und ihre Reben aufzugeben. Auch weil die Traubenpreise pro Kilo sinken.
Der britische Psychopharmakologe David Nutt (73) vertritt den Standpunkt, dass Alkohol gefährlicher sei als illegal erklärte Drogen wie Cannabis, LSD und Ecstasy. Er ist ein weltweit anerkannter Experte für die Wirkung von Alkohol im Gehirn, das Thema beschäftigt ihn seit fast einem halben Jahrhundert. Er forscht als Psychiater und Neuropsychopharmakologe am Londoner Imperial College. Nutt war einst Drogenberater der Regierung von Tony Blair. Doch der feuerte ihn, als er seine Meinung öffentlich vertrat.
Nutt entwickelte dann einen neuen Treibstoff für uns etwas genusssüchtige Menschen. Denn für ihn sind alkoholfreie Biere und Weine keine Alternativen. Weil sie uns leider, im Gegensatz zum Alkohol, nicht gesprächiger, lockerer und kontaktfreudiger machen.
Der Ansatz von Nutt funktioniert so: Die Weinkellereien produzieren neu Wein ohne Alkohol. Das können die besseren unter ihnen schon heute. Die Aromen des Terroirs bleiben erhalten. In diesen alkoholfreien Wein kommt dann der Alkoholersatz Sentia, den Nutt entwickelt hat. Sentia enthält pflanzliche Inhaltsstoffe wie Ginseng, Zitronenmelisse sowie Extrakte aus Quitten- und Traubensaft.
Vorteil 1: Dank Sentia tauchen wir in die gleiche Gefühlswelt ein wie bei einem leichten Rausch. So um die 0,6 Promille.
Vorteil 2: Wer zu viel mit Sentia verdünnten Wein runterkippt, wird nicht betrunkener, sondern der leichte Rausch dauert nur länger. Pegeltrinken 2.0!
Vorteil 3: Die Apparate der Polizei zeigen beim Blasen keine Werte an. Will heissen: freie Fahrt für Sentia-Konsumierende.
In Deutschland kostet eine Flasche Sentia 40 Euro. Offenbar mischt sich der Nutt-Stoff am besten mit Tonic, Cola oder Ginger.
Jetzt will Nutt als nächstes einen synthetischen Alkoholersatz namens Alcarelle herstellen – und zwar in grossen Mengen. Diesen will er containerweise an die grossen Bier- und Weinproduzentinnen und -produzenten verkaufen. Aber um den ganz grossen Durchbruch zu schaffen, würden ihm um die 10 Millionen Franken fehlen, vermeldet das deutsche Magazin «Der Spiegel».
Ist Nutt ein Phantast? Oder liegt er richtig für eine Schweiz mit mehr Genuss und weniger Schäden? Wir wissen es nicht. Aber auch hier gilt: Probieren geht über Studieren.
Unser oberster Hersteller von Drogen, der Weinbauer und Bundesrat Guy Parmelin, müsste eigentlich in Nutt und seine Ideen investieren. Statt in die Werbung für leider schädliche Schweizer Weine.