Neuer GAV für die Uhrenindustrie und Mikrotechnik

Neuer Vertrag bricht mit Lohn-Tabu

Iwan Schauwecker

Die Schweizer ­Uhrenbranche boomt. Mit dem neuen GAV ­profitieren jetzt die Uhren­arbeiterinnen und -arbeiter, welche die sagenhaften Umsätze und Gewinne erwirtschaften. Und der GAV löst den Lohn-Maulkorb.

UNTERZEICHNET: Unia-Präsidentin Vania Alleva präsentierte in Neuenburg gemeinsam mit Yves Defferrard (l.), Industrie-Chef der Unia und Arbeitgebervertreter Philippe Bauer (r.) den neuen GAV für die Uhrenindustrie. (Foto: Keystone)

Uhrenarbeiter Roger Bünter ist zufrieden mit dem frisch verhandelten Gesamtarbeitsvertrag. Er arbeitet für ETA. Im Werk 5 in Bettlach SO verarbeitet er Kunststoffgranulat zu den Komponenten für die Swatch-Uhren, vom Bändeli bis zu den Zeigern der Chronometer. ETA ist der wichtigste Zulieferbetrieb der Swatch-Gruppe und zu hundert Prozent ihre Tochter. Bünter freut sich über die Erhöhung der Mindestlöhne im GAV und den Artikel für mehr Lohntransparenz: «Ich habe ­einen Kollegen, der hat seit 26 Jahren keine Reallohnerhöhung erhalten», sagt er. Für diesen Kollegen schaffe die Erhöhung des Mindestlohns um 2,2 Prozent eine etwas entspanntere finanzielle Situation. Der Lohn war bisher ein absolutes Tabu­thema in der Branche. Doch damit ist jetzt Schluss! Ein neuer Artikel im GAV weist explizit darauf hin, dass über den Lohn gesprochen werden darf. Dieser soll insbesondere die weiterhin bestehende Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern beseitigen.

Doch für Uhrenarbeiterin Bedriye Jaeggi ist klar, jetzt fängt die eigentliche Arbeit erst an: «Bei uns im Betrieb mit 4000 Angestellten wissen viele nicht, was ein GAV überhaupt ist», sagt sie. Jaeggi arbeitet in der ETA-Fabrik in Grenchen SO als Qualitätsprüferin. Sie ist eine von 67 Delegierten, die sich Anfang März zur Unia-Branchenkonferenz in Neuenburg trafen und dort den neuen GAV der Uhren­industrie einstimmig guthiessen. Als Mitglied der Personalkommission und der Unia wolle sie dafür sorgen, dass ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den GAV besser kennen: «Es liegt an uns, die Leute über diesen neuen GAV zu informieren, denn die Geschäftsleitung wird das nicht machen.»

SIND ZUFRIEDEN: Uhrenarbeiter Roger Bünter und Uhrenarbeiterin Bedriye Jaeggi. (Foto: ISC)

TIEFSTLÖHNE IM TESSIN

Auch Silvia Locatelli, Regionalsekretärin der Unia Neuenburg, freut sich über den Vertragsabschluss. Sie sagt aber: «Viele Uhrenfirmen produzieren Luxusprodukte, aber die Löhne und Arbeitszeiten stehen in krassem Widerspruch dazu.» Besonders kritisch sieht sie den Einsatz der temporären Arbeiterinnen und Arbeiter: «Diese Temporären sind für die Firmen unsichtbar.» Im neuen GAV gibt es eine Klausel, die vorschreibt, dass temporär Beschäftigte nach spätestens zwei Jahren fest ­angestellt werden müssen. Die Uhrenkonzerne können sich das leisten: Die Swatch-Gruppe machte 890 Millionen Franken Reingewinn, 8 Prozent mehr als im Vorjahr, und auch bei Rolex rollt das Geschäft auch ohne Rubel (siehe Artikel unten).

Schäbig bleiben die Löhne im Tessin. Dort gilt für nichtgelerntes Personal ein Mindestlohn von 3200 Franken, und Gelernte erhalten nur 3759 Franken brutto pro Monat. Raphaël Thié­mard ist bei der Unia verantwortlich für die Uhrenbranche. Er sagt: «Im Tessin wird nicht korrekt bezahlt, die Löhne sind weiterhin schockierend tief.» Die Delegierten in Neuenburg forderten mit einer Resolution das Ende der Tessiner Tieftstlöhne.

Thiémard hat auch erfreuliche Neuig­keiten: Im letzten Jahr konnten über 1000 Neumitglieder gewonnen werden, und die Gesamtzahl der Unia-Mitglieder in der Uhrenindustrie und der Mikrotechnik erhöhte sich auf über 11 000.

Uhren-GAV: Das sind die wichtigsten Neuerungen

Etwa 55 000 Personen aus über 500 Unternehmen sind vom Uhren-GAV geschützt. Der neue ­Vertrag für Uhrenindustrie und Mikrotechnik tritt am 1. Juli in Kraft und gilt bis 2028. Die wichtigsten Fortschritte: Drei ­Wochen Vaterschaftsurlaub und 19 Wochen ­Mutterschaftsurlaub. Bei den Krankenkassenbeiträgen zahlen die Arbeit­geber neu monatlich 195 Franken, 20 Franken mehr als bisher. Die Mindestlöhne werden schweizweit zwischen 1,6 Prozent und 3,56 Prozent erhöht.

KEIN GEHÖR. Die Uhrenarbeiterinnen und ­-arbeiter und die Unia forderten in den Verhandlungen die Reduktion der Wochenarbeitszeit auf 36 Stunden pro Woche, Lohngleichheit und die Ausweitung des Geltungsbereichs des GAV auf temporäre Arbeiterinnen und ­Arbeiter. Davon wollten die Arbeitgeber­verbände allerdings nichts wissen.


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1 Kommentar

  1. Zarije Bajrami

    Line Koleg /koleginnen
    Tema mindesten Lohn ist ject nicht tabu.Wir müsen noh mer arbeiten als Nia mit Glid und Unia Geverschaft!
    Das kling von Presidendit bis lezte mitglid. jezt ist zeit für aufstehen kein diskriminim :Lohnglleizeitig!
    Kein diskriminim Man und Frau im gllei berush!
    Reigung Branzhe lönneherhohen
    GAV-ist jezt auch unsere zeite für situatin im Hand haben nicht eskalist.
    Tesina mit 3700.lohn promonat ist noch nicht rekts arbeitenrinen/er gekümert!
    Zeit für schllafen gut,ohne stresse für wenig lohn.
    Danke😂alle brauchen Lachen nicht nur Ceff.

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