Bürgerliche AHV-Feindinnen und -Feinde mit schweren Trotzanfällen
Beruhigt euch mal, Verlierer!

Das Volk hat überdeutlich Ja gesagt zu einem Ausbau der AHV. Die Finanzindustrie und ihre Politikerinnen und Politiker haben sich vom Ohrfeigen-Sonntag noch immer nicht erholt. Und trötzeln. Warum eigentlich?

LANGE GESICHTER: Die Gegnerinnen und Gegner der 13. AHV-Rente können ihre Niederlage nicht fassen. (Foto: Keystone)

Die Älteren kennen es noch aus den Klamaukfilmen mit Bud Spencer und Terence Hill: Nach einer kräftigen Ohrfeige braucht’s einen Moment, bis man sich wieder orientieren kann. So scheint’s im Moment den bürgerlichen Politikerinnen und Politikern zu gehen, weil die Älteren künftig eine 13. AHV-Rente bekommen. Noch ganz sturm von der Volksohrfeige am 3. März torkeln sie zwischen Rachegelüsten und Verzweiflungstaten.

RACHEPLAN 1

Die Auszahlung der 13. Rente verzögern. Geht gar nicht. Ganz egal, was sie mit ihrer Mehrheit im Parlament anstellen oder nicht: Spätestens 2026 gibt’s den AHV-Dreizehnten. Die Initiative ist so glasklar wie das Volks-Ja dazu.

RACHEPLAN 2

Wenn sich die Gering- und Normalverdienenden eine 13. AHV-Rente holen, sollen sie überproportional dafür büssen. Mit einer saftigen Mehrwertsteuer-Erhöhung, ohne Erhöhung der Lohnprozente. Und die Ja sagenden Rentnerinnen und Rentner wären gleich mit-bestraft. Aber: Hat in einer nötigen Volksabstimmung kaum eine Chance.

RACHEPLAN 3

Zur Finanzierung der 13.  AHV-Rente soll das Rentenalter erhöht werden. Ähm, war da nicht was? Ah ja, doch: Am 3. März wollten davon gerade mal 25,3 Prozent der Stimmenden was wissen – trotz Ja-Parolen von SVP und FDP und Arbeitgeberverbänden.

VERZWEIFLUNGSTAT

Exponentinnen und Exponenten von SVP, FDP, GLP und Mitte reden und schreiben Lohnabzüge zur Finanzierung des AHV-Dreizehnten schlecht. Zur Erinnerung: Wir reden von je 0,4 Prozent. Plötzlich interessiert sie die Kaufkraft der Mehrheit. So zum Beispiel FDP-Präsident Thierry Burkart: «Kommt für uns nicht in Frage!» Oder die Thurgauer Mitte-Ständerätin Brigitte Häberli-Koller: «Höhere Lohnabzüge sind ein direkter Griff ins Portemonnaie des Mittelstandes und führen unmittelbar zu weniger verfügbarem Einkommen.» Das wäre ja alles halb so interessant, wenn das nicht aus dem Mund von Politisierenden käme, die in einem halben Jahr dem Volk eine Revision des bröckelnden Pensionskassensystems andrehen wollen. Dort geht es dann um massiv höhere zusätzliche Lohnabzüge (das Fünffache und mehr!) – und das für tiefere Renten. Wie die Bürgerlichen aus dieser Nummer wieder rauskommen wollen, wissen sie wohl selbst noch nicht.

WEITERE IDEEN

Mitte-Vertreter bringen die Finanztransaktions-steuer wieder aufs Tapet. EVP und Grüne eine Erbschaftssteuer. Und auch die Idee, einen Teil des Volksvermögens der Nationalbank für die Volksversicherung AHV einzusetzen, ist wieder aktuell. Allen Szenarien gemeinsam ist, dass sie umstritten sind und eine mögliche Einführung Zeit brauchen würde oder wird.

LÖSUNG IST PARAT

Da ist also momentan viel Aufregung im politischen System. Dabei ist es ganz einfach: Die AHV ist solide finanziert und schreibt auch in den nächsten Jahren Milliardengewinne. Dabei sind ihre Reserven heute bereits so hoch wie nie zuvor. Mit je 0,4 Prozent zusätzlichen Lohnbeiträgen von Arbeitnehmenden und Arbeitgebern steht die AHV inklusive 13. Rente für Jahre hinaus auf stabilen Beinen. Das ist kein Voodoo-Zauber, sondern die Folge des genialen Umlageverfahrens, auf dem unsere Volksversicherung fusst. Und das Beste an dieser Lösung: Von den zusätzlichen Promille für die AHV wird kaum jemand etwas merken. Die Sozialabgaben werden im Vergleich zu früher nicht steigen. Denn sie sind in letzter Zeit spürbar gesunken. Und sie werden voraussichtlich weiter sinken.

DIE SCHWEIZ KANN SICH DAS LEISTEN

SGB-Chefökonom Daniel Lampart rechnet vor:  Die Prämien der Unfallversicherung gingen zurück, weil es weniger Unfälle gibt. Das dürf-te sich fortsetzen. Die Arbeitslosenbeiträge sinken, weil es weniger Arbeitslose gibt. Das Solidaritätsprozent für die hohen Löhne ist per 2023 weggefallen. In ein paar Jahren dürfte es eine weitere Senkung um rund 0,3 Lohnprozente geben. Denn die Arbeitslosenversicherung macht hohe Überschüsse und hat bald zu viele Reserven. Weil wir weniger Kinder haben, sinken auch die Kosten der Familienzulagen.»

Übrigens: Einer der erfolgreichsten Spencer/Hill-Filme hiess «Vier Fäuste für ein Halleluja». «Vier Promille für einen Dreizehnten» tönt nicht ganz so eingängig. Dafür ist die Lösung einfach und effizient.

Und die Verliererinnen und Verlierer vom 3.  März könnten sich beruhigen. Die Schweiz ist nicht am Boden, ihre Geschichte nicht am Ende. Es gibt künftig einfach ein bisschen mehr Geld für Menschen, die ein Leben lang hart gearbeitet haben. Und das kann sich die reiche Schweiz leicht leisten.

Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider. (Foto: Keystone)

So will der Bundesrat die 13. AHV-Rente finanzieren

Heute Mittwoch ist Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider vor die Medien getreten und hat die Pläne erläutert, wie die Landesregierung die vom Volk beschlossene AHVx13-Initiative umsetzen will.

Vorweg: Die 13. AHV-Rente kommt als echter Dreizehnter daher. Sie soll nicht auf zwölf Monatsrenten aufgeteilt werden, sondern wird einmal im Jahr ausgezahlt – wahrscheinlich jeweils am Ende des Jahres. Und zwar ab 2026.

Was die Finanzierung angeht, schlägt der Bundesrat zwei Varianten vor: Entweder werden die Lohnabzüge um je 0,4 Prozentpunkte erhöht, oder es gibt eine kombinierte Erhöhung der Lohnabzüge um je 0,25 Prozentpunkte und eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0,4 Prozentpunkte. (pam)

1 Kommentare

  1. Louis Stucki 1. April 2024 um 21:14 Uhr

    Ich bin zwar auch der Ansicht, dass die 13. AHV-Rente über Lohnprozente finanziert werden sollte, ich finde es jedoch intolerant, Bürgerliche als schlechte Verlierer zu bezeichnen, nur weil sie andere Finanzierungsmöglichkeiten als die Linken in Betracht ziehen, in einer Demokratie darf schliesslich jede Partei ihre Meinung sagen. Ich bin auch gegen ein höheres Rentenalter, die Forderung danach hat jedoch auch nichts mit Racheplänen zu tun, schliesslich wäre es auch niemandem in den Sinn gekommen, Personen, welche nach der ersten verlorenen Frauenstimmrechtseinführungsabstimmung eine zweite Abstimmung forderten, als schlechte Verlierer zu bezeichnen. Andere Meinungen sollte man akzeptieren, solange diese nicht völlig asozial sind (wobei „asozial“ manchmal auch eine Frage der Definition ist, ob eine Mehrwertsteuererhöhung asozial ist, darüber kann man geteilter Meinung sein, es hängt auch davon ab, wie hoch die Mehrwertsteuererhöhung ausfällt).

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