Arbeitgeberverbände verzögern mit Rekursen Mindestlöhne in Zürich und Winterthur

Gewerbler pfeifen auf den Volkswillen

Clemens Studer

Mit massiven Mehrheiten hat sich das Volk in Zürich (69 Prozent) und Winter­thur (66 Prozent) für städtische Mindestlöhne ausgesprochen. Das passt den Gewerbeverbänden gar nicht.

HUNGERLOHN-TRIO: Mitte-Politikerin Nicole Barandun-Gross, Gewerbe­verband Stadt Zürich; Mitte-Politiker Thomas Anwander, Handelskammer und Arbeitgebervereinigung Winterthur; Reinigungsunter­nehmerin Désirée Schiess, KMU-Verband Winterthur (v. l.). (Fotos: PD)

Arbeitgeber-Ideologen und ihre Politikerinnen und Politiker wollen keine Mindestlöhne. Nicht in Gesamtarbeitsverträgen, nicht in der Bundesverfassung, nicht in Kantonsverfassungen, nicht in Städten. Geht es um nationale Mindestlöhne, sehen sie den Föderalismus verletzt. Geht’s um kantonale Mindestlöhne, sehen sie die Kantone gegenüber Nachbarkantonen benachteiligt. Und geht es um städtische Mindestlöhne, sehen sie die Städte gegenüber den Agglomerationsgemeinden benachteiligt.

Das ist zwar alles durchsichtig. Aber die Verbände haben Geld – und darum greifen sie bei einem Volks-Ja zu Mindestlöhnen die Entscheide ­juristisch an. Damit haben sie zwar nie Erfolg, können aber die Abschaffung von Hungerlöhnen verzögern.

Diesen Plan verfolgen jetzt auch der Gewerbeverband der Stadt Zürich, die Handelskammer und Arbeitgebervereinigung Winterthur und der KMU-Verband Winterthur. Sie haben gegen die klaren Volksentscheide für Mindestlöhne in Winterthur und Zürich Rekurse eingereicht. Diese dürften zwar chancenlos sein. Schliesslich hat das Bundesgericht sich ­bereits für kantonale Mindestlöhne ausgesprochen, nachdem die Neuenburger Arbeitgeber in einer Kaskade von ­Beschwerden bis vors höchste Gericht gezogen waren. Und damit die Neuenburger Mindestlöhne um sechs Jahre verzögert und die Überausbeutung der Geringverdienenden durch Dumping-Arbeitgeber verlängert hatten.

GUTACHTEN SIND KLAR

Dabei liegen Gutachten von renommierten Juristen vor. Eines hatten die Mindestlohn-Initiativkomitees in Auftrag gegeben, das andere die Städte nach Einreichung der Initiativen. Ergebnisse: Städtische Mindestlöhne sind rechtens und zulässig.

Für Serge Gnos, Co-Leiter Unia Zürich-Schaffhausen, ist klar: «Mit seiner Weigerung, das klare Votum der Stimm­bevölkerung anzuerkennen, macht es der Gewerbeverband möglich, dass in Zürich und Winterthur auf Jahre hin weiter Dumpinglöhne im Verkauf, im Service und in der Reinigung gezahlt werden. Es langt! Über 20 000 Menschen in Zürich und Winterthur verdienen endlich Löhne, von denen sie leben können.»

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