Abstimmung vom 18. Juni: Ein Nein ist das bessere Ja

OECD-Steuer: So nicht!

Clemens Studer

Perfekt ist die OECD-Mindeststeuer nicht. Aber ein Schritt in die richtige Richtung. Ihre geplante Schweizer Um­setzung hingegen ist schlecht und ein Schritt in die falsche Richtung.

UMWEGE GEPLANT: Die Schweiz ist ein Steuerdumper-Paradies (im Bild Zug) für internationale Konzerne. Das soll sich mit der OECD-Mindest­steuer eigentlich zumindest ein bisschen ändern. Doch die geplante Umsetzung will das Gegenteil: Die offiziell mehr eingenommenen Steuern sollen an die Konzerne und ihre Besitzer über Umwege zurückfliessen. (Foto: Getty / Quelle: EFT)

Am 18. Juni können all jene, die dürfen, über die Einführung der OECD-Mindeststeuer abstimmen. Beziehungsweise darüber, wie diese in der Schweiz umgesetzt werden soll. Zweifellos: Eine weltweite Mindeststeuer für Konzerne ist grundsätzlich eine gute Sache und schafft zumindest ein bisschen weltweite Steuergerechtigkeit, auch wenn sie die Anliegen der Länder des globalen Südens (zu) wenig berücksichtigt. Aber, und ebenso zweifellos: Die zur Abstimmung ­stehende Umsetzung der OECD-Vorgaben in der Schweiz ist eine schlechte Sache für die Mehrheit der Bevölkerung, denn das bürgerliche Parlament hat eine Vorlage beschlossen, die einzig den reichen Kantonen und den internationalen Konzernen dient.

Die aktuelle Vorlage nützt einmal mehr nur den Reichen.

DER DURCHBRUCH

Nach jahrzehntelangem Igno­rieren haben die OECD-Staaten ­verstanden, dass der radikale internationale Steuerdumping-Wettbewerb ein Irrweg ist. So wie es fortschrittliche Parteien und die Gewerkschaften immer gesagt haben. Darum haben sie sich zu einer Reform des internatio­nalen Steuerregimes durchgerungen. Diese besteht aus zwei Säulen.

Die erste soll – vereinfacht erklärt – Steuereinnahmen umverteilen. Und zwar von jenen Ländern, in denen die Konzerne offiziell ihren Sitz haben, zu jenen Ländern, in denen die Gewinne real erzielt werden. Davon wären in der Schweiz höchstens eine Handvoll Schweizer Konzerne betroffen, etwa Nestlé, ­Novartis und Roche. Unter anderem, weil die Finanzindustrie ausgenommen ist. Zusätzlich würde die Reform allenfalls einige Dutzend Schweizer Ableger von ausländischen Grosskonzernen betreffen.

Die zweite Säule des Reformpakets besteht aus einer weltweiten Mindeststeuer. Diese soll – vereinfacht erklärt – so funktionieren: Konzerne mit ­einem Jahresumsatz ab 750 Mil­lionen Euro sollen auf ihren Gewinnen nicht weniger als 15 Prozent Steuern bezahlen. Zahlt die Tochter eines Konzerns im Ausland aber weniger als 15 Prozent Gewinnsteuer, muss der Multi die so gesparten Steuern im Heimatland bezahlen. Davon wären ein paar Hundert Schweizer Konzerne betroffen und einige Tausend Ableger von ausländischen Multis. Um diese geht es in der Abstimmung vom 18. Juni.

Kantone setzten das Geld nicht zugunsten der Mehrheit ein.

SCHWEIZER BREMSER

Die offizielle Schweiz hat im Rahmen der OECD-Verhandlungen intensiv daran mitgewirkt, dass die Mindeststeuer nur bei 15 Prozent liegt. Ursprünglich hatten etwa die USA 21 Prozent vorgeschlagen. Ganz verhindern konnten die Steuerdumper-Länder – zu denen die Schweiz gehört – die Reform allerdings nicht. Aber sie möglichst im Interesse der betroffenen Multis umsetzen schon. Und das hat die bürgerliche Parlamentsmehrheit dann auch gemacht. Die Mehreinnahmen aus der Mindeststeuer sollen nämlich zu 75 Prozent an die Kantone und zu 25 Prozent an den Bund gehen. Das begünstigt die Tiefsteuerkantone wie Zug und Basel (Pharma-Multis) massiv. Gewerkschaften und fortschrittliche Parteien haben sich deshalb für eine 50-50-Aufteilung eingesetzt. Diese wäre bei einem Nein am 18. Juni rasch umzusetzen.

FÜR KONZERNE STATT VOLK

Denn schon jetzt ist klar, was die ärgsten Steuerdumper-Kantone planen: die Mehreinnahmen gleich wieder den Konzernen und den Grossverdienenden zukommen zu lassen. Und auch jene Kantone – die beträchtliche Mehrheit – die nicht im ganz grossen Stil von Mehreinnahmen profitieren würden, wollen diese nicht im Sinne der Bevölkerungsmehrheit ausgeben. Statt zum Beispiel die Prämienverbilligungen zu erhöhen, in bezahlbaren Wohnraum zu investieren oder Kitas bezahlbar zu machen, planen sie «Standortmarketing-Massnahmen». Das heisst aus dem bürgerlichen Propaganda-Sprech in Klartext übersetzt: Steuersenkungen und weitere Goodies für Firmen und Superreiche.

KANTONE MACHEN UNSINN

Die Erfahrungen zeigen: den Kantonen geht es finanziell gut. Sie rechnen sich bei den Budgets grundsätzlich arm, um Anliegen der Bevölkerung als «zu teuer» und «nicht finanzierbar» abzutun. Und schliessen ihre Rechnungen regelmässig mit Milliardengewinnen ab, die sie dann bunkern oder für Steuersenkungen bei den oberen Zehntausend verwenden. Und im nächsten Jahr spielen sie das gleiche Spiel und knausern bei den Gering- und Normalverdienenden.

Bei einem Nein am 18. Juni kann schnell eine bessere Lösung umgesetzt werden (siehe unten). Kurz: Ein Nein ist das bessere Ja! Denn wenn die Steuerdumper-Kantone weniger Geld aus der OECD-Mindeststeuer erhalten, können sie damit auch weniger antisozialen Unsinn anstellen.


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