Post, GE & Co.:

Schweizer Kundinnen sollen handeln

Daniel Behruzi

ZEIT VERTREIBEN: Im Trucker-Streiklager herrscht Spiellaune. (Foto: Keystone)

«Die Lösung des Konflikts liegt bei den Kunden, diese multinationalen Unternehmen müssen Verantwortung übernehmen», betont Edwin Atema von der niederländischen Gewerkschaft FNV. Die Gewerkschaft unterstützt die streikenden LKW-Fahrer in Gräfenhausen. Der Appell richtet sich auch an Firmen, die in der Schweiz ansässig sind oder hier Standorte haben. Sie müssten sich dafür einsetzen, dass die Fahrer der polnischen Mazur-Gruppe die ausstehenden Löhne vollständig erhalten.

PREISDRUCK. Der Präsident des Schweizerischen Nutzfahrzeugverbands Astag, Thierry Burkart, gibt sich unwissend. Auf die Nachfrage von work erklärt der FDP-Präsident, er kenne weder die Mazur-Gruppe noch ihre Unternehmen Agmaz, Lukmaz oder Imperia.

Den Chefs der Transportfirmen Galliker und Planzer ist Mazur hingegen durchaus bekannt, wenn auch nur flüchtig. Firmenchef Peter Galliker führt den ­Arbeitskampf auf den «extrem hohen Preisdruck» im internationalen Gütertransport zurück, der zu schlechten Arbeitsbedingungen führe. Die für das Image der Branche schädlichen Missstände müssten umgehend angegangen werden, so der Unternehmer gegenüber work.

Dem Generalsekretär des Verbands Routiers Suisses, David Piras, ist Mazur ebenfalls ein Begriff. Laut Piras haben osteuropäi­sche Transportunternehmen in den vergangenen Jahren zunehmend Fahrer aus der Ukraine und Belarus angestellt. Die EU habe ihnen «unter dem Vorwand des allgemeinen Fahrermangels» Arbeitsbewilligungen ausgestellt. Wegen des Kriegs in der Ukraine seien die Fahrer aus den beiden Ländern nicht mehr verfügbar, deshalb «werden Chauffeure in Usbekistan, Georgien und von noch weiter her gesucht, diese Leute werden noch stärker ausgenutzt».

Astag-Chef und FDP-Präsident Thierry Burkart gibt sich ahnungslos.

UNIA-APPELL. Dies geschieht über ein kompliziertes Geflecht aus Sub- und Sub-Sub-Unternehmen. Die Konzerne, deren Waren sie transportieren, haben meist keine direkten Verträge mit Mazur. Das gilt wohl auch für die Schweizerische Post und Coop, die in den Frachtpapieren von Fahrern in Gräfenhausen auftauchen. Roman Künzler, bei der Unia für den Transportsektor zuständig, sagt: «Alle in der Schweiz tätigen Unternehmen sind aufgefordert, einzugreifen und dafür zu sorgen, dass die Löhne gezahlt und Gesetze in der gesamten Lieferkette eingehalten werden.»

Das gelte auch für die General Electric (GE), deren Zweigniederlassung Birr im Kanton Aargau als Entladeort eines LKW genannt wird. Unmittelbar beauftragt wurde gemäss den work vorliegenden Frachtpapieren eine österreichische Spedition, als Subunternehmen fungiert eine deutsche Firma. Mazur taucht in den Dokumenten nicht auf, dennoch steht die für GE bestimmte Fracht seit Wochen auf dem Rastplatz bei Darmstadt – offenbar mit gravierenden Folgen. FNV-Gewerkschafter Atema berichtet: «Der deutsche Spediteur hat mich angerufen und gesagt, dass General Electric für jeden Tag, an dem die Ware nicht ­geliefert wird, 100 000 Euro Schadensersatz verlange.» Das ist ziemlich genau die Summe, die den Fahrern noch gefehlt hat – bis zum Triumph vom 26. April. (dab)

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