Wer hat, dem gibt unser Land noch mehr. Die Gewerkschaften haben die Zahlen dazu und geben Gegensteuer.
PELZIGER LUXUS: In der Schweiz besitzen 1,6 Prozent der Menschen gleich viel wie die anderen 98,4 Prozent zusammen. (Foto: Keystone)
Lohnabhängige mit tiefen und mittleren Einkommen haben heute real weniger im Portemonnaie als 2016. Das ist eine der Erkenntnisse aus dem neuen Verteilungsbericht des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB). Real mehr Geld zur Verfügung haben dafür die obersten 10 Prozent.
Wie die Einkommensungleichheit ist auch die Vermögensungleichheit gewachsen. 2003 besassen 3 Prozent der Steuerzahlenden in der Schweiz die Hälfte aller Vermögen. 2019 waren es noch nur 1,6 Prozent. Das heisst: In der Schweiz besitzen 1,6 Prozent der Menschen gleich viel wie die anderen 98,4 Prozent zusammen.
Lohnabhängigkeit mit tiefen und mittleren Einkommen haben heute real weniger im Portemonnaie als 2016.
Das hat mehrere Gründe. Unter anderem:
- Ungenügende Lohnerhöhungen: Die Kapitalbesitzenden haben in den vergangenen Jahren viel zu wenig des von den Lohnabhängigen geschaffenen Mehrwerts an diese weitergegeben. Und für dieses Jahr konnten die Gewerkschaften dank energischem Druck in vielen Branchen zwar Teuerungsausgleiche erreichen und mancherorts auch eine teilweise Weitergabe der Produktivitätsgewinne. Doch in einigen Branchen blieben die Arbeitgeber stur – und kürzten so den Beschäftigten real die Löhne. So zum Beispiel die Detailhandelsriesen Migros und Coop.
- Krankenkassenprämien: Seit 1997 sind die durchschnittlichen Krankenkassenprämien real um über 140 Prozent gestiegen. Die Summe, die für individuelle Prämienverbilligungen zur Verfügung steht, wuchs dagegen nur um gut 40 Prozent. Die durchschnittlichen Reallöhne sogar nur um 15 Prozent. Weil in der Schweiz die Milliardärin die gleiche Prämie bezahlt wie die Verkäuferin, ist das Monat für Monat eine Umverteilung von unten nach oben.
- Steuerpolitik: In den vergangenen Jahren wurden insbesondere in den Kantonen die Steuern für Vermögende und Bestverdienende gesenkt. Auch darum fehlt Geld für Prämienverbilligungen, und Gebühren für Service-public-Dienstleistungen steigen. Gebühren sind in der Tendenz ungerecht, weil auch hier der Milliardär gleich viel in Franken bezahlt wie der Verkäufer.
So wollen die Gewerkschaften die Kaufkraft stärken:
- Ein 100-Prozent-Lohn muss zum Leben reichen. Das heisst konkret: Keine Löhne unter 5000 Franken für Berufstätige mit Lehre und mindestens 4500 Franken für alle (siehe dazu auch Seiten 10–11).
- Die Teuerung muss jedes Jahr automatisch ausgeglichen werden.
- Kein Haushalt soll mehr als 10 Prozent des verfügbaren Einkommens für Krankenkassenprämien ausgeben müssen.
- Ein AHV-Dreizehnter.
- Endlich Lohngleichheit zwischen Männern und Frauen.
Den ganzen Verteilungsbericht des Gewerkschaftsbundes zum Nachlesen gibt es unter: rebrand.ly/verteilungsbericht23.