In die Offensive gegen sexuelle Übergriffe im Gastgewerbe

Beizer schauen weg, die Unia hin

Clemens Studer

Sexuelle Übergriffe durch Vorgesetzte, Kollegen und Gäste sind in der Gastro­nomie sehr häufig. Doch der Arbeitgeberverband Gastrosuisse will von nichts wissen.

PATZIGER PLATZER: Der Gastrosuisse-Chef will nichts von Übergriffen wissen. Anders die Unia-Frauen Aros (l.) und Spang (r.).  (Foto: ZVG/Keystone)

Um 25 Prozent zugenommen haben die Beratungsanfragen zu Fällen sexueller Belästigung bei der Fachstelle für Gleichberechtigung der Stadt Zürich in den vergangenen drei Jahren. Die meisten Anfragen würden aus der Pflege und der Gastronomie kommen, berichtet die Pend­lerzeitung «20 Minuten». Eine Erfahrung, die auch die Unia macht. Gleichstellungssekretärin Aude Spang sagt: «Potentielle Täter sind dort nicht nur Vorgesetzte und Arbeitskol­legen, sondern auch Patienten beziehungsweise Gäste. Das macht die Situa­tion noch viel schwieriger.»

«Gastrosuisse verschliesst die Augen, was eim Hohn ist für alle Betroffenen.»

GASTROSUISSE MAUERT

Keinerlei Problem sieht dagegen der Arbeitgeberverband Gastrosuisse. In der NZZ lässt er verlautbaren: «Im Bereich Gastronomie und Hotellerie sind uns keine Fälle bekannt. Es drängte sich auch kein Handlungsbedarf auf.» Dazu Unia-Frau Spang: «Nur weil Gastrosuisse keine Fälle bekannt sind, heisst das nicht, dass es keinen Handlungsbedarf gibt. Gastrosuisse verschliesst die Augen, was ein Hohn ist für alle Betroffenen.»

UNIA-UMFRAGE LÄUFT

Auch weiterhin nicht die Augen verschliessen wird die Unia. Im Moment läuft eine grosse Umfrage. Die Genfer Unia-Frau Camila Aros sagt: «Wir werden dieses Jahr mit voller Power gegen die sexuelle Belästigung im ­Gastgewerbe kämpfen. Ganz schlimm ist es in den Fast-Food-Ketten: Da arbeiten oft sehr junge Frauen, und viele Chefs denken, sie dürfen sich alles erlauben. Wir werden dieses Jahr mit ganzer Energie gegen die sexuelle Belästigung im Gastgewerbe kämpfen.»

DIE «FRÖLEINS»

Viel erlaubte sich auch Bruno Lustenberger, der Ausbildungsverantwortliche der Gastro­suis­se. Vergangenes Jahr fiel ihm zum Personalmangel in der Gastronomie ein: «Manch eine Hausfrau kann zu Hause schlecht kochen oder mehr schlecht als recht.» Darum wäre eine Kochlehre von grossem Vorteil, denn «wenn ein junges Frölein Kochen gelernt hat, kann es wenigstens zu Hause etwas kochen. Und wenn die Kinder aus dem Haus sind, kann sie wieder in den Beruf ­zurückkehren.»

Die 1950er Jahre wollen ihr Frauenbild zurück.

Schreibe einen Kommentar

Bitte fülle alle mit * gekennzeichneten Felder aus.