Anita Dänzer verlädt jeden Tag tonnenweise Solarpanels. Und freut sich darüber, dass sie am Abend ausgepowert nach Hause kommt.
FLITZEN UND SCHLEPPEN: Anita Dänzer (27) krempelt in der Solar-Fabrik die Ärmel hoch. (Foto: Matthias Luggen)
In der grossen, hellen Halle stapeln sich die Palette. Der Hallenkran brummt und schleppt Metallrinnen zur Laderampe, wo bereits ein Lastwagen mit offener Hecktüre wartet. Ein kühler Luftzug weht durchs offene Rolltor, ein Gabelstapler fährt vorbei. Mittendrin: Anita Dänzer. Sie krempelt die Ärmel hoch und hilft mit, die Fracht sicher in den Lastwagen zu laden. Hier, in dem modernen Glasgebäude im Industriegebiet von Gwatt am Thunersee, werden Solarmodule produziert und in der ganzen Schweiz vertrieben. An Spitzentagen 1500 Stück. «Wir füllen bis zu drei Lastwagen pro Tag, das sind fast hundert Tonnen Material», sagt die 27jährige.
Seit Juli arbeitet die junge Frau mit den leuchtend rot gefärbten Haaren bei 3S Swiss Solar Solutions, einem Hersteller von Solarpanels und -systemen. Ihr Arbeitstag beginnt um 6 Uhr 15 und endet – je nach Arbeitsvolumen – manchmal erst um 16 oder 17 Uhr. Überstunden kann sie kompensieren oder sich ausbezahlen lassen. Wenn es geht, macht sie ab und zu früher Feierabend – aber ja: «Wir haben viel zu tun.» Das verwundert nicht. Die Solarbranche boomt, die Nachfrage nach erneuerbaren Energien geht seit Anfang Jahr durch die Decke. Trotzdem wird beim Logistikteam gelacht und gescherzt. Anita Dänzer lächelt und sagt: «Mich bringt wenig aus der Ruhe.»
WIE DER VATER. Nach einer Lehre und insgesamt elf Jahren bei Volg und Landi hatte Dänzer genug vom Detailhandel und wollte etwas Neues machen. Zur Stelle bei 3S kam sie durch ihren Vater; er arbeitet dort seit zwei Jahren, ebenfalls als Logistiker. Am Job gefalle ihr die Abwechslung, sagt sie: «Ich habe mit Leuten zu tun, arbeite körperlich und mit dem Kopf.» Kein Tag sei wie der andere, auch wenn es letztlich immer darum gehe, Solarpanels, Halterungen und Wasserablaufrinnen, die unter den Panels auf dem Dach befestigt werden, zusammenzustellen und zu verladen. Insgesamt sei es ruhiger als im Detailhandel, da sie keinen Kundenkontakt habe. Ausserdem schätzt die Berner Oberländerin die geregelten Arbeitszeiten und die freien Wochenenden.
Foto: Matthias Luggen
FRAU UNTER MÄNNERN. Die meisten Arbeiten verrichtet Anita Dänzer im Stehen; beispielsweise, wenn sie Gummidichtungen in Wasserrinnen drückt, meterlang, manchmal stundenlang. Oder, wenn sie Panels umschichtet, immer zwei aufs Mal, 36 Kilo pro Arbeitsgang. Dafür brauche es eigentlich zwei Personen. «Wir helfen einander. Ich mache es aber auch alleine, wenn gerade niemand da ist», sagt sie. Kein Zweifel: Anita Dänzer packt gerne an, mit dreckigen Händen hat sie kein Problem. Sie schätzt es, wenn sie am Abend müde nach Hause kommt. «Ich bin ein Bewegungsmensch.» Und mit einem Zwinkern fügt sie hinzu: «Wenn mir die Arbeit zu wenig anstrengend wäre, müsste ich abends noch joggen gehen.»
Die Logistik ist eine Männerwelt, das ist auch bei 3S nicht anders. Anita Dänzer ist die einzige Frau unter sechs Männern. Das stört sie keineswegs. Selbstbewusst sagt sie: «Ich mache meine Arbeit sehr gut und drücke mich nicht.» Klar, in diesem Job müsse man gerne anpacken und seine Kraft einsetzen. In ihrem Männerteam fühlt sie sich akzeptiert und gehört dazu. Auch ihre Mutter und ihre Cousine arbeiten als Logistikerinnen, bereits als Kind hat die Frutigerin auf dem Bauernhof ihrer Grosseltern mit angepackt.
Natürlich gibt es auch Dinge, die sie weniger gern macht: Büroarbeit zum Beispiel. Oder Glas mit dem Stapler abladen. «Bisher ist aber noch nichts zu Bruch gegangen», sagt sie und grinst. Ihr Vorteil sei sicher, dass sie bereits bei der Landi den Gabelstapler-Fahrausweis gemacht habe, bevor sie als Logistikerin angefangen habe. In der Tat flitzt sie mit dem Elektrostapler routiniert und flink durch die Gänge und ist nicht um einen Spruch verlegen, sobald sie einen ihrer Mitstreiter erspäht.
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Teures Gas, knapper Strom und eine Klimakrise, die sich immer deutlicher zeigt: Das Thema Energie bewegt die Schweiz wie schon lange nicht mehr. work richtet dabei den Blick auf die Büezerinnen und Büezer, die bereits jetzt an der Energiewende arbeiten. Alle Teile der «worktag»-Serie gibt es zum Nachlesen unter: workzeitung.ch/worktag
GRILLPLAUSCH. Dass ihr neuer Arbeitgeber im Bereich erneuerbare Energien tätig ist, findet sie eine gute Sache. Solarenergie sei die Zukunft, sie freue sich, dass die Nachfrage nach dieser so stark sei. «Zudem sind die Leute cool, es arbeiten viele Junge hier.» Freitagabends nach der Arbeit grilliert sie manchmal noch mit ihren Arbeitskollegen und -kolleginnen.
Aufs eigene Dach kann sie keine Solarzellen montieren lassen – sie lebt in einer Mietwohnung. Im Alltag fährt sie wenn immer Velo statt Auto, aber sonst bezeichnet sich Anita Dänzer nicht als besonders grün. Sagt’s und verabschiedet sich mit einem Winken in die grosse, brummende Halle.
Anita DänzerImmer in Bewegung
Sport spielt eine wichtige Rolle im Leben von Anita Dänzer. In ihrer Freizeit geht sie im Sommer wandern und im Winter auf die Skipiste, am liebsten in Adelboden oder am Hasliberg. Zwischendurch zieht sie auch die Joggingschuhe an. Ihr Motto: «Abends muss ich müde sein.» Daneben liest sie gerne, am liebsten Krimis oder Bücher, in denen Menschen und ihre Lebensgeschichten im Mittelpunkt stehen.
ABWECHSLUNG. Am Abend und am Wochenende trifft sie sich mit Freundinnen und Freunden, unternimmt Ausflüge oder ist auch einfach mal gerne zu Hause in Frutigen. Wie im Beruf ist ihr auch in der Freizeit Abwechslung wichtig. «Sonst wird es langweilig.»
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