Bundesratswahlen

Bäumige Frau Baume

Clemens Studer

Rechte Macho-Spielchen während der Wahl, doch die Schweiz hat mit Elisabeth Baume-Schneider eine neue Bundesrätin. Und was für eine!

ELISABETH BAUME-SCHNEIDER: Die frisch gewählte Bundesrätin übernimmt ab Januar das Justizdepartement. (Foto: Keystone)

Sie konnten es nicht lassen, die rechten Herren. Und schrieben während aller Wahlgänge das rechte Zürcher SP-Mitglied Daniel Jositsch auf ihre Wahlzettel. Und der Zürcher Ego-Shooter stellte nicht klar, dass er nicht Kandidat war. Im dritten Wahl­gang war es jedoch entschieden: Die zehnte Schweizer Bundesrätin heisst Elisabeth Baume-Schneider. Bauerntochter, Sozialwissenschaftlerin, verheiratet mit einem Fahrlehrer, Jurassierin. In den letzten ­Tagen vor der Wahl hatte sich die Überraschung leise angekündigt. Vor allem, weil die rechten Parteien sich erhofften, mit Baume-Schneider «ein Ei zu legen». Sie rühmten Baume-Schneider jovial als «Frohnatur» und «gmögig». Politisches hörte man von den rechten Männern kaum.

Die rechten Strategen könnten sich verrechnet haben.

GOLFPLATZ

Elisabeth Baume-Schneider sympathisierte in ihren jungen Jahren mit der damaligen «Sozialistischen Arbeiterpartei». Politisiert hat sie auch der Umgang mit sogenannten Fremdarbeitern in den Zeiten des Saison­nierstatuts. Und dass ihr Vater seinen gepachteten Bauernhof verlor, weil dort ein Golfplatz gebaut wurde. Während ihres gan­zen politischen Lebens engagierte sie sich auch für gewerkschaftliche Positionen: zum Beispiel gegen längere Ladenöffnungszeiten, für besseren Kündigungsschutz, für Mindestlöhne, für einen starken Service public, gegen höhere Rentenalter für Frauen und Männer.

KAUFKRAFT

Aus gewerkschaftlicher Sicht erfreulich ist, dass Baume-Schneider die Anliegen der Lohnabhängigen auch im Bundesrat vertreten will. Kurz nach ihrer Wahl schrieb die neue Bundesrätin an ihre SP-Genossinnen und -Genossen: «Obwohl das Amt als Bundesrätin für mich jetzt natürlich einen Rollenwechsel bedeutet, kann ich euch eines versprechen: Wenn ihr Partei ergreift für Lösungen zum Schutz der Kaufkraft, für mehr Klimaschutz, Versorgungssicherheit und für eine gleichberechtigte Gesellschaft, werdet ihr in mir immer eine Verbündete haben.»

Gut möglich also, dass sich die Rechten, die Baume-Schneider gewählt haben, um der Linken zu schaden, verrechnet haben. Die nächsten Monate werden es zeigen. Die Zeichen stehen gut!

UND DIE STÄDTE?

Unter all den von den vereinigten Aargauer und Zürcher Zentralredaktionen und der Deutschschweizer Inlandredaktion der SRG gefeierten Scheindebatten zur SP-Kandidierenden-Kür und zum Resultat der Wahl ist jene um die Vertretung der Städte die absurdeste. Um das zu sehen, reicht ein Blick auf die Abstimmungsresultate. Er zeigt: Ein Städter aus dem Zürcher Kreis 4 oder eine Stadt­bernerin aus dem Lorraine-Quartier beispielsweise wird sich künftig durch die ­Jurassierin Baume-Schneider wesentlich besser vertreten fühlen als bis anhin durch den Zürcher Oberländer Ueli Maurer.

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