Firmen­bestatter in der Waadt:

Endlich vor Gericht!

Ralph Hug

2 Millionen Franken Schaden, zahlreiche Geschädigte, 63 Seiten kriminelle ­Machenschaften: 10 Jahre lang trieben zwei ­Konkursbetrüger ihr Unwesen. Jetzt stehen sie vor Gericht.

MIT SCHIRM UND WUT: Unia-Aktion gegen die beiden Kettenkonkurs-Gauner Cattelan und Prévost. (Foto: Thierry Porchet)

So stellt man sich Betrüger nicht vor: Robert Cattelan und Bernard Prévost* sind im Pensionsalter, doch noch immer aktiv. Nämlich als «Firmenbestatter». Zehn Jahre lang trieben sie im Waadtland ihr Unwesen. Sie ritten Dutzende von kleineren Baufirmen in den Ruin und sahnten dabei ab. Meistens in bar. Denn die beiden gaben stets an, nur von der AHV und von Ergänzungsleistungen zu leben. Das schützte sie vor den Gläubigern und vor Betreibungen. Denn die AHV gehört zum Existenzminimum. Niemand kann sie einem wegnehmen.

Die Konkursprofis tarnten sich als einfache Rentner.

ALTE BEKANNTE

Das Betrügerduo muss sich jetzt in Lausanne verantworten. Die beiden sind notorisch, man kennt sie längst in der Region. Bereits 2013 führte die Unia eine Protestaktion vor dem Wohnsitz von Cattelan in Saint-Prex VD durch. Und die Ausgleichskasse des Arbeitgeberverbandes warnte vor ihnen, da sie AHV-Beiträge nicht überwiesen und so Dumping bei Auftragsvergaben betreiben konnten. Doch die Justiz mahlt langsam. Viel zu langsam. Dafür sind nun in der Anklageschrift auf 63 Seiten die kriminellen Machenschaften der beiden im Detail nachzulesen. Die «Profi-Firmenbestatter» waren Strohmänner der Chefs von überschuldeten Firmen. Für deren Übernahme kassierten sie Honorare. So konnten die Chefs ihre Schulden los werden, um mit reiner Weste neu anzufangen.

NEUER PORSCHE

Cattelan und Prévost nutzten dann die Firmen aus, bevor sie sie in den Konkurs schickten. Für die Gläubiger war nichts mehr zu holen. Und das Spiel konnte von vorn beginnen. Cattelan hat für 400 000 Franken Betreibungen am Hals. Was ihn aber wenig kümmert. Die Anklage beziffert den mutmasslichen Schaden bei Gläubigern und Sozialversicherungen auf satte 2,1 Millionen Franken. Eine einträg­liche Totengräberei. Das Betrügerduo nutzte auch die Pandemie fürs Abzocken aus. Sie beantragten und erhielten Hilfsgelder für Firmen, die längst konkursreif waren. Das Geld floss dann in den Kauf eines neuen Porsche oder wanderte aufs Konto der Ehefrau.

Konkursreiterei wie aus dem Lehrbuch. Während Cattelan seine Verfehlungen teilweise einräumt, mimte Prévost vor Gericht das Unschuldslamm. Er sei selbst auch nur ein Opfer gewesen. Wer’s glaubt. Das Gerichtsurteil war bis Redaktionsschluss noch nicht bekannt.

*Namen geändert

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