Teuerung:

Das ewige Märchen von der Lohn-Preis-Spirale

Clemens Studer

Die Krise trifft nicht alle gleich: Während die einen sich entscheiden ­müssen zwischen Essen oder Heizen, füllen sich andere die Taschen – zum Beispiel der Nahrungsmittel­konzern Nestlé.

MARKTMACHT: Nestlé kann Kosten abwälzen und Preise diktieren. (Foto: ZVG)

Unternehmen und rechte Ökonomen behaupten immer: Wenn die Lohnabhängigen den Teuerungsausgleich verlangen, lassen sie die Teuerung weiter steigen. Lohn-Preis-Spirale sagen sie dem. Doch davon sind die europäischen Länder einschliesslich der Schweiz weit weg. Sie leiden unter der Gewinn-Preis-Spirale. Weil sich die Konzerne die Taschen füllen.

Nestlé hat die Preise seiner Produkte um 7.5 Prozent erhöht.

KRISENGEWINN

Das kommt so: Wer grosse Marktmacht hat, kann die Preise fast nach Gutdünken erhöhen. Das heisst, allenfalls gestiegene Kosten auf die Kundinnen und Kunden abwälzen. Und sogar noch die Gewinne erhöhen. So wie die Energiekonzerne. Allein die fünf grössten Ölmultis verdoppelten ihre Gewinne innert eines Jahres.

Oder wie der Schweizer Multi Nestlé mit Sitz in Vevey, der grösste Nahrungsmittelkonzern der Welt: Zwischen Januar und September machte Nestlé einen Umsatz von mehr als 69 Milliarden Franken. Rechnet man Wechselkursschwankungen und Zukäufe heraus, sind das 8,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Diese setzen sich zusammen aus 1 Prozent mehr verkaufter Ware – und 7,5 Prozent Preiserhöhungen.

Aktuell liegt die Teuerung in der EU bei über 10 Prozent und in der Schweiz bei über 3 Prozent. Entsprechend weniger sind die realen Löhne wert. Jeder Teuerungsausgleich hinkt der Teuerung hinterher.

LOHNKLAU

Wenn jetzt aber die Unternehmen den Lohnabhängigen den vollen Teuerungsausgleich verweigern, heisst das nichts anderes als Lohnkürzungen. Und dass sich Kapitalbesitzerinnen und -besitzer noch mehr auf dem Buckel der Arbeitenden bereichern. Darum braucht es neben dem vollen Teuerungsausgleich auch Mechanismen, um die Krisengewinne der Konzerne abzuschöpfen. Damit den Staaten mehr Geld zur Verfügung steht, die dramatischen Teuerungsfolgen für niedrige und mittlere Einkommen abzufedern.

Schreibe einen Kommentar

Bitte fülle alle mit * gekennzeichneten Felder aus.