Nationalbank erhöht den Leitzins auf 0,5 Prozent:

SNB-Chef Jordan beschenkt die Banken reich

Clemens Studer

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) beendet die Phase mit Negativzinsen. Das freut vor allem die Banken. Sie bekommen jetzt von der SNB Milliarden fürs Nichtstun ausbezahlt.

GEFÄHRDET ARBEITSPLÄTZE: Thomas Jordan ist ein Mann der Finanzindustrie. Die Realwirtschaft kümmert ihn wenig. (Foto: Keystone)

Nationalbankchef Thomas Jordan ist fixiert auf die Teuerungszahlen. Und ein Mann der Finanz­industrie. Die reale Wirtschaft kümmert ihn wenig. Das hat er seit seiner Wahl 2012 schon mehrfach bewiesen. Um die Teuerung zu bekämpfen, nimmt er die Gefährdung von Arbeitsplätzen in Kauf. Mit der jetzt erfolgten Erhöhung des Leitzinses auf 0,5 Prozent setzt er diesen für Lohnabhängige riskanten Weg fort. Und beglückt gleichzeitig die Banken mit Milliarden. Denn die SNB verzinst ab sofort den grössten Teil der Guthaben, die UBS, CS & Co. bei ihr haben, mit dem Leitzins. Ein gutes Geschäft für die Finanzindustrie.

Im Gegenzug ist der Franken noch aufgeblähter. Seit dem ersten Zinsschritt im Juni hat er sich handelsgewichtet um ungefähr 7 Prozent aufgewertet. Das macht Importe und Ferien im Ausland günstiger. Aber es macht Exporte schwieriger. Jordan sieht darin eine Chance, die Teuerung zu senken.

Das ist hochgefährlich. Denn eine Faustregel sagt: Um die Teuerung um 1 Prozent zu senken, müsste der Wechselkurs um 10 Prozent steigen. Wahnsinn für den Schweizer Werkplatz: Verlust von Aufträgen, ­Arbeitsplätzen und Margen. Bahnunternehmer Peter Spuhler hat es bei der vorletzten Leitzinserhöhung der SNB im Juni so auf den Punkt gebracht: «Ich weiss nicht, was die geraucht haben!» (work berichtete hier: rebrand.ly/was-raucht-snb).

Leitzinserhöhungen sind ökonomische Schrotflinten.

BREMSEN ODER ABWÜRGEN?

Das Problem bei den Leitzins­erhöhungen und Währungsaufwertungen: sie wirken nicht ­spezifisch oder, wie es SGB-Chefökonom Daniel Lampart formuliert: «Sie sind breitbandig wirkende Medikamente.» Sie sind ökonomische Schrotflinten. Die bürgerlichen Ökonomen glauben an folgenden Mechanismus: Steigen die Zinsen, bremst das die Wirtschaft. Die Firmen können ihre Preise nicht mehr erhöhen, die Lohnabhängigen keine Lohnerhöhungen durchsetzen – die Inflation verschwindet. Leider funktioniert das nirgends so gut wie in den Lehrbüchern. In der Realität haben solche Interventionen der Nationalbanken immer wieder zu Rezessionen geführt.

So etwa auch in den frühen 1990er Jahren, als der damalige SNB-Chef Markus Lusser eine ebenso einseitig auf «Preisstabi­lität» ausgerichtete Geldpolitik ­betrieb. Lusser wurde zum «Job-Killer der Nation». Als er 1996 ­zurücktrat, atmeten nicht nur die Gewerkschaften auf – Exportunternehmer schalteten gar ein Inserat und bedankten sich bei Lusser sarkastisch dafür, dass er mit seinem Rücktritt die Phase des überbewerteten Frankens verkürze, die den Werkplatz Schweiz ruiniere.

 

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