Abschiedsworte von Vania Alleva:
Viel Gschpüri für gute Geschichten

Liebe Marie-Josée

Zuerst möchte ich dir sagen, dass ich dich schwer vermissen werde. Ich kann mir work ohne dich als Chefredaktorin im Moment noch gar nicht vorstellen, auch wenn du selber mit Anne-Sophie Zbinden ­für eine supergute Nachfolgerin gesorgt hast.

VANIA ALLEVA. (Foto: Peter Mosimann)

In meiner Laudatio zum zwanzigsten work-Geburtstag habe ich das grosse Engagement über die vielen Jahre hervorgehoben und betont, wie wichtig es ist, dass work immer die Bedeutung von Arbeitskämpfen verstanden und sich bemüht hat, den Arbeitnehmenden ein Gesicht zu geben. Mir war immer bewusst, dass die vielen work-Geschichten über die Nöte und Ängste, aber auch über die Unerschrockenheit und Zivilcourage der engagierten Arbeiterinnen und Arbeiter letztlich deine Handschrift tragen. Du hast damit über all die Jahre einen unschätzbaren Beitrag der Solidarität geleistet. Dafür möchte ich dir von Herzen danken.

work war für Mariejo nie reine Routine.

POLITISCHER KOPF. Ebenso bewundernswert finde ich, wie du diesen solidarischen Geist mit deinen hohen Ansprüchen an Professionalität verbunden hast – für dich und für dein ganzes Team. Auch nach über 20 Jahren war für dich work nie Routine, jede einzelne Ausgabe ein kleines Meisterwerk, an dem du zusammen mit deiner Redaktion bis ins letzte Detail gefeilt hast. Jede Geschichte musste gut recherchiert sein und möglichst die Betroffenen zu Wort kommen lassen. Ich habe diese Professionalität immer auch als Ausdruck eines gros­sen Respekts vor der Würde der Arbeit empfunden.

Ich kenne dich als politischen Kopf, als sozial denkende Frau, als überzeugte Linke und als gradlinige Feministin mit Kompass – aber nie hatte ich den Eindruck, dass du zu Dogmatismus neigst. Vielleicht, weil dein Interesse an gesellschaftlichen, wirtschaft­lichen und histo­rischen Zusammenhängen nie abstrakt blieb, sondern sich immer an den Menschen und ihren Geschichten des Lebens orientierte. Ich glaube, daher kommt auch dein ausgesprochenes ‹Gspüri› für gute Geschichten, für Sprache und Zuspitzungen, das immer wieder Lust auf deine Texte macht.

Dass du klar Position beziehst, bequeme Gewissheiten hinterfragst und dich nicht scheust, den Finger auf wunde Punkte zu legen, hat natürlich nicht immer allen gefallen. Auch Kolleginnen und Kollegen haben dir das manchmal zum Vorwurf gemacht oder versuchten gar, dich als unnachgiebige, kalte Lady darzustellen. Nichts falscher als das: Ich habe in all diesen Jahren neben deinem messerscharfen Verstand auch deine Sensibilität für die Abgründe der mensch­lichen Existenz schätzengelernt. Und jedenfalls zielte solche Kritik am Wesentlichen vorbei: ­
Mit deinem kritischen Geist und deinem Mut hast du dafür gesorgt, dass unsere Bewegung mit work viel mehr erhalten hat als ein Vereinsblatt, nämlich ein Organ, das all das ausspricht, was es braucht, um die Verhältnisse zu ändern, um uns zu helfen, ein Kräfteverhältnis aufzubauen, das Veränderung ermöglicht. Damit die Menschen wissen, dass mehr soziale Gerechtigkeit, dass eine andere Welt möglich ist.

VIELEN DANK! Für deine grosse Arbeit gratuliere und danke ich dir, liebe Mariejo, von Herzen. Für deinen neuen Lebensabschnitt wünsche ich dir alles Gute und bin sicher, dass dein wertvolles Engagement auch nach der Pensionierung weitergeht.»

Schreibe einen Kommentar

Bitte fülle alle mit * gekennzeichneten Felder aus.