Bilder des Krieges:

Horror in Schwarzweiss

Anne-Sophie Zbinden

Der renommierte nieder­ländische Fotograf Eddy van Wessel hat in der Ukraine den Krieg fotografiert. work bringt in dieser Ausgabe neun seiner Bilder.

KRIEGSFOTOGRAF: Eddy van Wessel. (Foto: warphotoltd.com)

Vier Tage nach Kriegsausbruch landete Fotograf Eddy van Wessel (57) in Kiew, der Hauptstadt der Ukraine. 30 Tage lang war er im Kriegsgebiet unterwegs. Zwei Tage nach seiner Rückkehr in die Niederlande erreichen wir ihn am Telefon. Er sagt: «Es ist ein aussergewöhnlich rücksichtsloser Krieg!» Im Gegensatz zu anderen Kriegen, in denen er auch schon fotografierte, sei es in der Ukraine schwierig, an die Menschen heranzukommen. Es sei kein Krieg der Soldaten oder Scharfschützen, sondern ein Präzisionskrieg der Bomben und Drohnen, auch gegen die Zivilbevölkerung.

Eigentlich wollte van Wessel in Kiew bleiben, doch die meiste Zeit verbrachte er in der Stadt Charkiw. Er und viele andere Fotografen und Journalistinnen hätten die Hauptstadt rasch verlassen müssen, weil die Regierung ihre Arbeit enorm erschwert habe. Van Wessel: «Sie hat grosse Angst vor Spionen. Viele Sujets durfte ich nicht fotografieren.» Die Regierung erlaubte es ihm auch nicht, an den Frontlinien zu fotografieren, oder die Armee zu begleiten.

«Alle Bilder bleiben irgendwo in meinem Kopf gespeichert.»

EINE MISSION

Früh schon zog es van Wessel in Konfliktgebiete, zuerst in den Balkan, dann in den Irak, nach Tsche­tschenien. Und immer zeichnete er den Krieg in Schwarzweiss. Er erklärt: «Schwarz und Weiss ist alles, was ich brauche. Nur so kann ich die Essenz, den Kern des Geschehens zeigen, die richtige Atmosphäre festhalten.»

Jetzt ist van Wessel für ein paar Wochen zu Hause bei der Frau und seinen drei erwachsenen Kindern. Aber er will bald zurück in die Ukraine. Warum setzt er freiwillig sein Leben aufs Spiel? Van Wessel wehrt ab. Er schütze sich vor Ort. Kugelsichere Weste, Gasmaske & Co. gehörten nebst seiner Leica zur Ausrüstung. Und vor allem: «Kriegsfotografie ist, was ich bin.» Er sieht sich als visueller Geschichtsschreiber. «Ich fühle mich verpflichtet, alles festzuhalten, und sei es noch so grausam.» Doch erst wenn die Fotos publiziert sind, sei seine Mission erfüllt. Er macht diese Bilder gegen die Naivität derjenigen die glauben, Krieg gehe sie nichts an. Er selbst hat sich nie an die schrecklichen Szenen gewöhnt, will sich auch gar nicht abhärten, sondern offen bleiben. Denn nur so könne er die wirklich ergreifenden Sujets überhaupt noch sehen. Aber: «Das macht mich natürlich auch verletzlich. Alle Bilder bleiben so irgendwo in meinem Kopf gespeichert.»

rebrand.ly/instragram-van-wessel

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