Rosa Zukunft ‒ Technik, Umwelt, Politik

Ganz ehrlich: Wer von uns möchte nicht mit einem solch heissen Elektro-Schlitten nach Rom fahren?

Mercedes ist nichts für Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen. Und auch nichts für Mobility und Carsharing. Aber vielleicht zeigt ihr neues Sparmobil auf, wohin die Elektroauto-Reise geht.

FAHRZEUG DER ZUKUNFT: Das neue Elektroauto von Mercedes ist nicht nur schnittig, sondern auch sparsam. Und bald auch bezahlbar, wenn die Politik endlich vorwärtsmacht. (Foto: Mercedes-Benz)

In den Städten werden die Autos Schritt für Schritt verschwinden. Auf dem Land nicht so schnell. Hier stehen nächstens die Elektroautos vor der Haustüre. Diese sind dank immer umweltfreundlicheren und billigeren Batterien ökologischer als Verbrenner. Und hoffentlich kommen relativ kurz darauf die sich selbst steuernden elek­trifizierten Untersätze.

Wenn in der Schweiz alle Autos, Lieferwagen und Lastwagen elektrisch angetrieben unterwegs wären, bräuchten wir 17 Milliarden Kilowattstunden mehr Strom als heute. Davon 8,5 Mil­liarden mehr Winterstrom – und auf den kommt es an.

Wir können diesen Strom kostengünstig in den Alpen produzieren. Erst recht, weil bifaziale solare Freiflächen 55 Prozent des Stroms im Winter produzieren. Das schreibt auf Facebook Photovoltaik-Professor Urs Muntwyler, der Vater der Solarenergie, über das Walliser Projekt «Grengiols Solar»: «Prima Projekt. 5 bis 10 davon, und das Thema ‹PV-Winterstrom› ist erledigt.» Warum? Weil hochalpine Solarfelder 55 Prozent des Stroms im Winter liefern.
10 Solaranlagen wie «Grengiols Solar» würden genügen, wenn wir die Effizient steigerten. Wie immer stellt sich die Frage: Wollen wir verzichten, oder reicht es, wenn wir als Gesellschaft massiv effizienter werden?

INNOVATIONEN. Wenn wir das Wort Mercedes hören, stellen sich bei vielen von uns die Nackenhaare auf. Weil Mercedes seine Produktion auf die Herstellung von Autos für die Reichen, für die Superreichen und für die Stinkreichen konzentriert. Denn hier sind die Margen am höchsten. Mercedes gewinnt mit den Gewinnern einer immer ungerechter werdenden Welt. Trotzdem: Mercedes hat einen megaschönen Elektroschlitten vorgestellt, der auf 100 Kilometern nur 8,7 Kilowattstunden Strom verbraucht. Mit einer Batterie von nur 100 Kilowattstunden kommt man so mehr als 1100 Kilometer weit.

Die Ingenieurinnen und Inge­nieure aus Schwaben haben an vielen Stellschrauben des technischen Fortschritts gedreht. Die Batterien müssen nicht gekühlt werden. Die Elektro­motoren arbeiten mit weniger Ver­lusten. Und den Luftwiderstand haben sie massiv gesenkt. Das Resultat: Der Stromverbrauch wurde – verglichen mit einem Tesla 3 oder einem
VW4.iD – praktisch halbiert.

MACHBAR. Viele werden sich die Frage stellen: Wer kann sich schon so einen sparsamen Schlitten leisten? Erinnern wir uns: Lange Zeit waren energie­sparsame und leicht zu steuernde Induktionsherde in der Küche der letzte Schrei – und deshalb enorm teuer. Heute bekommen wir diese bei Aldi und Lidl halb gratis.

So wird es auch mit den Innovationen von Mercedes gehen. Bald einmal finden wir diese in jedem Škoda. Und die Politik hat zudem die Möglichkeit, diese Entwicklung zu lenken und zu beschleunigen: Mit finanziellen Anreizen. Oder mit Geboten und Verboten. Beides funktioniert, richtig kon­zipiert, nachweislich bestens. Das Ziel: Alle sollen möglichst schnell auf Elektroautos umstellen, die nicht mehr als 10 Kilowattstunden Strom verbrauchen. Voraussetzung: Es wird richtig gemessen!

Wenn wir das wollen, ist das machbar. Und würde neu den Stromverbrauch des elektrifizierten Indivi­dualverkehrs faktisch halbieren. Nur zwei Solarpanels im Saflischtal würden ausreichen, um pro Jahr 20 000 Kilo­meter weit fahren zu können.

Links zum Thema:

  • rebrand.ly/gigafactory
    Die Herstellung heutiger Batterien, wie sie Mercedes verwendet, braucht zu viele Rohstoffe wie Kobalt und Lithium. Ab 2024 soll im Thurgau die Gigafactory Swiss Clean Battery mit 1000 Beschäftigten Feststoffbatterien produzieren. Die Vorteile: weniger Gewicht, fast unbegrenzte Lebensdauer, nur halb so viel Rohstoffverbrauch. Die Fabrik will pro Jahr Batterien produzieren, die 7,6 Millionen Kilowattstunden speichern können.
  • rebrand.ly/swisscleanbattery
    Kennen Sie die Tüüfner Post? Wohl kaum. Obwohl sich hier ein spannendes Interview mit Swiss-Clean-Battery-COO Thomas Lützenrath findet. Motto: «Speichern kostet kein Geld. Speichern bringt Geld.» Die Expertinnen und Experten sind skeptisch. Wir drücken trotzdem die Daumen.

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