Fussball-WM in Katar: Gewerkschaften organisieren Arbeiter-Turnier

3 : 0 für die roten Bauarbeiter!

Jonas Komposch

Acht Monate vor der WM lud die Bau- und Holzarbeiter Internationale nach Doha zur Lagebesprechung – und zum Freundschafts­turnier. Unia-Mitglied Sebastian Julen (25) kickte mit.

ARBEITER-POKAL: Gewerkschafter Sebastian Julen (in der Mitte) mit dem siegreichen Team Rot. (Foto: Unia)

Ende November ist es so weit: Anpfiff zur Fussball-Weltmeisterschaft der Männer in Katar. Doch zunächst traten lokale Bauarbeiterinnen und Bauarbeiter zum Turnier an. Denn am 30. März fand in Katars Hauptstadt Doha der Migrant Workers’ Cup statt. Organisiert hatten das Turnier die Bau- und Holzarbeiter Internationale (BHI) und der Weltverband der Fussballergewerkschaften Fifpro. Die beiden Organisationen haben nebst dem Cup eine Konferenz auf die Beine gestellt. Ihr Thema: die Entwicklung der Arbeitnehmendenrechte in Katar seit der WM-Vergabe.

«Gewerkschaften sind in Katar noch immer verboten.»

Mit von der Partie war auch Sebastian Julen von der Unia-Jugend Oberwallis. Der 25jährige war als Schweizer Gewerkschaftsdelegierter angereist – und als leidenschaftlicher Kicker des Viertligisten FC Raron. In Doha stiess Julen zum Team Rot, einer Auswahl von neun Arbeiterinnen und Arbeitern aus Uganda, Kamerun und dem Senegal sowie drei Gewerkschaftern aus Deutschland, Holland und Norwegen. Bereits im ersten Match war Julens Team voll gefordert. Denn das Los bescherte der Gegenmannschaft sämtliche Gewerkschaftskader der Fifpro – darunter Ex-Real-Madrid-Stürmer David Aganzo (41), der Manchester-City-Ehemalige Simon Colosimo (43) und die AS-Roma-­Legende Damiano Tommasi (48). Doch Julen erzählt: «Die Altmeister haben sich heillos überschätzt. Unsere Bauleute waren sehr angefressen und haben mächtig eingeheizt!» ­Resultat: 3:0 für die Roten. So flott ging’s auch weiter – bis zum finalen Penalty­knüller samt Pokalsieg.

ARBEITER-ZENTRUM GEFORDERT

Wie aber steht’s um die Arbeit­nehmendenrechte? Die Golfmonarchie liess schliesslich in acht Jahren sechs neue Stadien aus dem Wüstenboden stampfen und zwei bestehende erneuern – zu oft miserablen oder gar tödlichen Arbeitsbedingungen. Immer wieder auf Katars Bauplätzen ist Unia-Frau und BHI-Delegierte Rita Schiavi. Sie sagt: ­«Die Arbeitsbedingungen der Bauleute wurden auf unseren Druck hin ­verbessert.» Auch der allge­-mein­verbindliche Mindestlohn sei eine Folge des gewerkschaftlichen Drucks, genauso wie die Abschaffung des «Kafala»-Systems. Dieses untersagte den Stellenwechsel oder die Ausreise, falls der Chef damit nicht einverstanden war. Dennoch bleibe noch sehr viel zu tun. Dazu Julen: «Gewerkschaften sind noch immer verboten. Es braucht daher wenigstens ein Workers’ Center!» Ein solches Zentrum könne den ­Arbeitenden als Ort des Austauschs dienen. Dass mehr Schutz längst überfällig ist, zeigt eine neue Enthüllung von Amnesty International: Demnach herrscht bei Sicherheitsfirmen im Dienst der Fifa Zwangsarbeit – und bei den darüber bestens informierten Behörden Gleichgültigkeit.

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