Die WM zu viel:

Fussball ist zur irren Geldmaschine verkommen

Oliver Fahrni

Die Fussballweltmeisterschaft 1998 in Frankreich war luxuriös. Sie kostete 360 Millionen Euro. In Katar wird sie 600 Mal so teuer.

Als der damalige Fifa-Chef Joseph Blatter am 2. Dezember 2010 den Austragungsort Doha verkündete, wussten alle, dass der Entscheid Irrsinn war, ökologisch, sozial, sportlich. Schon am nächsten Morgen begannen Staatsanwälte mit Nachforschungen wegen Korruption. Diese WM musste gekauft sein. Daraus wurde das Katar-Gate.

SARKOZY, PLATINI & CO.

Denn das Emirat am Golf verfügte über keine Stadien. Im Sommer wird es dort oft 50 Grad heiss, unerträglich für Bau und Sport. Also muss die Riesenveranstaltung gekühlt werden. Absurd. Und weil auch die Unterbringungsmöglichkeiten in Katar fehlen, werden täglich 160 Grossflugzeuge die Fans aus Abu Dhabi nach Doha schaffen – und wieder zurück. Selbst das Zwangsarbeitssystem für die ausländischen Arbeitenden war längst ein Thema. Doch wie sagte ein ehemaliger Fifa-Generalsekretär: «In Katar war viel Geld zu holen …» Der Mann räumt ein, eine Villa auf Sardinien ergattert zu haben.

Michel Platini, Ex-Ballon d’Or und Uefa-Präsident, stellte sich zuerst gegen Katar. Dann wurde er zu einem Essen in den Elysée-Palast gerufen. Anwesend waren Präsident ­Nicolas Sarkozy, der heutige Emir von Katar, Tamim Al Thani, der Premierminister Katars und einige Berater. Am Ende stimmte Platini für Katar, das Emirat kaufte französische Rafale-Kampfflugzeuge und den Pariser Spitzenclub Paris Saint-Germain … natürlich alles ohne Zusammenhang. Scheinbar.

Saudiarabien richtet die Asien-Winterspiele 2029 auch in der Wüste aus.

JURISTISCHER NEBEL

Der Krimi ist inzwischen 12 Jahre alt und schlimmer als eine Netflix-Serie. Fifa-Gate, 15 Verantwortliche in einem Zürcher Luxushotel verhaftet. Ein Bundesanwalt, der über heimliche Treffen mit einem Verdächtigten in einem Berner Hotel stolpert, unter den Augen der ­Katarer. In Sand gesetzte Strafuntersuchungen. Viele Anklagen. Geständnisse, widerrufene Geständnisse. Juristisch herrscht Nebel, doch niemand zweifelt mehr: der Entscheid der Fifa war gekauft. Nicht einmal, sondern gleich zweimal. Denn 2014 begann man dar­über zu reden, Katar die Weltmeisterschaft wieder wegzunehmen, weil im Sommer ­niemand in der Wüste spielen kann. Also musste sie auf den Winter verschoben werden. Neue Mauscheleien. Was soll’s: Saudiarabien richtet die Asien-Winterspiele 2029 auch in der Wüste aus.

Neoliberales Kapital hat Millionen von Kickern, diesen «Bettlern des guten Fussballs», den Fussball weggenommen, wie der uruguayische Schriftsteller Eduardo Galeano schreibt. Und die Fifa ist mittendrin, mit vielen Milliarden Umsatz. Da wäre es das mindeste, die Idee von Amnesty International umzusetzen und die Fifa zu zwingen, einen Entschädigungsfonds für die Arbeitenden in Katar einzurichten.

Dann könnte man Fifa-Präsident Gianni Infantino den Fussball aus der Hand nehmen, um ihn den Fussballern zurückzugeben. Wahrscheinlich würde ihn das nicht kratzen – Infantino ist schon vor Monaten nach Katar umgezogen. Dort lieben sie die Falkenjagd.

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